Tyra, die Märcheninsel. Karl Friedrich Kurz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl Friedrich Kurz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711518403
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Vorahnungen erfüllt bleibt.

      Was dem grauen Jon immerfort unmöglich erscheint, nämlich seine unmäßig vielen Kinder zu ernähren, das macht Jenny mit Gelächter und Spektakel ab. Alle die Kinder sind darüber zwar grau und mager, genau wie der Vater, geworden und klein von Wuchs geblieben, aber dabei von unerhörter Lebendigkeit.

      Man kann auf Sörbö ganz gewiß nicht an eine Mähmaschine denken, man hält sich hier genau ans Bibelwort, verzehrt, Schweiß im Angesicht, die Hafergrütze und sorgt nicht für den morgigen Tag. Und bis dahin hat noch ein jeder Tag immer das Seine gebracht.

      Zu allem Überflusse liegen jetzt auch noch ein paar Säcke Wolle auf dem Dachboden, Winterwolle, feinste Lammwolle. Jon ist trotz seiner düsteren Weltanschauung ein tüchtiger Mann und ein Bauer durch und durch. Er gräbt im Moor und leitet immerzu das Grundwasser ab, und er schleppt Steine und rodet Erdreich. Er rodet in zäher, langsamer und mühseliger Arbeit und mit verbissenem Trotz jedes Jahr ein Stück Land — o ein lächerliches Stücklein Land! Aber Jon gibt nicht nach; ebensowenig wie der Kindersegen nachgibt. Dadurch glückte es ihm, in gewissem Sinne durch seiner Hände Arbeit, bis zu dieser Stunde mit der himmlischen Verfügung einigermaßen Schritt zu halten. Auf diese Weise ist nicht nur die Familie, sondern auch der Hof stetig gewachsen — und Jenny wird sicherlich gewinnen und Siegerin bleiben in diesem Rennen, sie, mit ihrem unverwüstlichen Lebensmute.

      O Jenny! Sie hat ganz gewiß eine häßliche Krähstimme und nur noch die zwei allerletzten Zähne im Munde. Sie ist erbärmlich abgenutzt und verbraucht in einem harten, gnadenlosen Leben, jedoch das Lachen sitzt ihr noch ebenso locker im Halse wie zu ihrer Jungmädchenzeit, da sie noch auf Fagarö diente und von einer Zukunft träumte. Wer weiß, ob es nicht das wunderbare Lachen war, das dieses verhutzelte Weibchen bis dahin am Leben erhalten.

      Nach dem Essen zieht Jon mit seinen unstillbaren Sorgen und allen seinen Kindern wieder hinaus aufs Moor, um weiter zu graben und Erde zu schaufeln. Jenny aber steigt auf den Dachboden hinauf und zupft aus jedem Sack eine Handvoll Wolle. Jenny weiß doch sehr wohl, daß diese Wolle der Handelsmann Laurentzen haben muß für allerlei Waren, die leider zum Leben notwendig sind, und sie weiß, daß es bei weitem nicht reichen wird. Höchstens so viel wird der harte Kaufmann geben, daß man wieder ein wenig Kaffee und Mehl kaufen kann.

      Aber Jenny zupft trotzdem eine Handvoll aus jedem Sack und schnürt sie in ein Bündel. Sie schnürt das Bündel hart zusammen, so daß es nicht größer als notwendig erscheinen soll. Dann hängt sie sich den großen Tragkorb über die spitzen Schultern und nimmt die Sichel zur Hand. So können Jon und seine Kinderschar und der ganze Strand sehen, daß Jenny in den Wald geht, um Gras zu sammeln für die kranke Ziege, die im Stalle meckert.

      Jenny steigt die Berghalde hinan und klettert über den Steinwall, mäht da ein wenig und mäht dort ein wenig, und kommt so bis an die Kätnerhütte. Hier wartet sie ein Weilchen, horcht in die Stille der Natur hinaus und faßt dann einen merkwürdigen Gedanken, sie öffnet das Gatter und schlüpft zu Karen in die Stube.

      „Gestern ist eine meiner Ziegen lahm geworden in den Beinen“, sagt Jenny. „Nun weiß ich mir keinen anderen Rat, als sie im Stall zu halten. Es ist meine beste Milchziege … Ich sehe, du spinnst dunkles Garn, Karen. Dann muß es wohl die Wolle von Ottnys Schafen sein. Soviel kann ich verstehen. Feines Garn — das soll wohl gewoben werden…

      Soweit Karen von dieser Sache unterrichtet ist, ist es zu einem Tuch für den Bauer selber bestimmt. Und so reden die beiden, und es wird ein Gespräch.

      Ist Karen vielleicht vernichtet und völlig niedergeschlagen von dem Ereignis am Elv? Sie ist nicht vernichtet. Sie kennt den Lauf des Lebens und ist schon längst weise geworden. Sie ist still geworden. Sie wurde freundlich und duldsam wie ein Hund, der es gelernt hat, die guten und schlimmen Launen der Menschen zu ertragen.

      „Mein altes Kopftuch mußte ich doch Monrad geben. Es geht noch immer nicht gut mit seiner Wange. Und ich kann keine Zugluft ertragen.“

      Jenny läßt sich auf der Bank nieder. Sie sagt: „Wußte ich es denn nicht selber die ganze Zeit lang. Ottny hat sich sündhaft benommen. Aber einmal wird auch sie vor der himmlischen Obrigkeit erscheinen müssen. Dann kann sie der gerechten Strafe nicht mehr entgehen … Was soll man sagen? So verhielt es sich leider von jeher: die Reichen vergessen ihre Seele und tun unrecht an den Geschöpfen Gottes, nur aus Stolz und Hochmut … Du sollst nicht länger daran denken, du, Karen — bei all deinen Aussichten mit Monrad …“

      Hierauf reden sie noch eine Zeitlang; Karen wird dadurch so erleichtert, daß sie aufsteht, um Kaffee zu kochen. Aber Jenny will das nicht. „Nein, durchaus nicht! Ich möchte es lieber auf ein andermal zugute haben … Aber als ich heute nach Hause kam, mußte ich daran denken, daß wir dir noch einigen Lohn schulden — du weißt doch, von der Kartoffelernte her.“

      „Ihr schuldet mir keinen Lohn“, entgegnet Karen.

      „Das sagst du so! Aber es fiel mir heute wieder ein. Nun ist es bei uns leider knapp mit dem baren Geld. Und ich bringe dir ein wenig Wolle — sei so gut, verschmähe sie nicht.“

      „Du schuldest mir doch gar nichts“, sagt Karen abermals.

      Wie hilflos sie doch ihre mageren Arme hängen läßt.

      „Das sollst du aber nicht behaupten!“ wehrt sich Jenny. „Wenn wir auch nicht gerade Überfluß leiden an irdischen Gütern, so darf man uns doch nicht nachreden, daß wir dir den Lohn schuldig bleiben … Und dort liegt also die Wolle. Und ich habe es auch schon zu Ranveig gesagt, daß alles miteinander eine abscheuliche Lüge sein muß …“

      Karen hebt die Hand, und ihre Stimme ist dünn und kläglich. „Nein. Gott segne dich für dieses Wort und alles miteinander! Aber nimm die Wolle wieder mit dir …“

      Sie reden noch mehreres und schieben dabei das Wollbündel hin und her und werden alle beide davon warm und glücklich. Das Ende wird natürlich, daß Jenny mit verhaltenem Gelächter zur Stube hinausschlüpft.

      Noch unter der Tür murmelt Karen verwirrt: „Nein, Gute, Dank und Ehre! Aber du hättest es nicht tun sollen …“ Hernach betrachtet sie lange das Wollbündel, wägt es in der Hand, legt es wieder hin und schüttelt den Kopf. Dann spinnt sie weiter an ihrem dunklen Wollgarn, das einmal zu Finns Kleid werden soll.

      Jenny trägt Waldgras nach Sörbö und füttert die kranke Ziege. Das und alles übrige ist nichts Wunderbares — nichts, worüber man den Kopf schütteln müßte … Ein wenig Regen, ein wenig Sonnenschein zogen über die Märcheninsel hin.

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