Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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Gayseros, Don Gayseros,

       Tu mir's nach, bist du mein Diener,

       Tauch ins Wasser deine Rechte,

       Zeichn' ein Kreuz auf deine Stirne.«

      Don Gayseros schwieg erschrocken,

       Don Gayseros floh von hinnen;

       Donna Clara lenkte bebend

       Zu der Burg die scheuen Tritte.

      Hernandez ging mit einigen wehmutsvollen Griffen in einen anderen, dunkleren Ton über, und sang darauf folgendermaßen weiter:

      Nächtens klang die süße Laute,

       Wo sie oft zu Nacht geklungen,

       Nächtens sang der schöne Ritter,

       Wo er oft zu Nacht gesungen.

      Und das Fenster klirrte wieder,

       Donna Clara schaut' herunter,

       Aber furchtsam ihre Blicke

       Schweifend durch das tau'ge Dunkel.

      Und statt süßer Minnereden,

       Statt der Schmeichelworte Kunde

       Hub sie an ein streng Beschwören:

       »Sag, wer bist du, finstrer Buhle?«

      »Sag, bei dein und meiner Liebe,

       Sag, bei deiner Seelen Ruhe,

       Bist ein Christ du? Bist ein Spanier?

       Stehst du in der Kirche Bunde?«

      »Herrin, hoch hast du beschworen,

       Herrin, ja, du sollst's erkunden.

       Herrin, ach, ich bin kein Spanier,

       Nicht in deiner Kirche Bunde.

      Herrin, bin ein Mohrenkönig,

       Glüh'nd in deiner Liebe Gluten,

       Groß an Macht und reich an Schätzen,

       Sonder gleich an tapferm Mute.

      Rötlich blühn Granadas Gärten,

       Golden stehn Alhambras Burgen,

       Mohren harren ihrer Kön'gin,

       Fleuch mit mir durchs tau'ge Dunkel.«

      »Fort, du falscher Seelenräuber,

       Fort, du Feind!« –Sie wollt' es rufen,

       Doch bevor sie Feind gesprochen,

       Losch das Wort ihr aus im Munde.

      Ohnmacht hielt in dunklen Netzen,

       Ihr den schönen Leib umschlungen.

       Er alsbald trug sie zu Rosse,

       Rasch dann fort im nächt'gen Fluge.

      Abermals wechselte Hernandez den Ton, und begleitete mit feierlichen, kirchenmäßigen Gängen die nachfolgenden Worte:

      An dem jungen Morgenhimmel

       Steht die reine Sonne klar,

       Aber Blut quillt auf der Wiese,

       Und ein Roß, des Reiters bar,

       Trabt verschüchtert in der Runde,

       Starr steht eine reis'ge Schar.

       Mohrenkönig, bist erschlagen

       Von dem tapfern Brüderpaar,

       Das dein kühnes Räuberwagnis

       Nahm im grünen Forste wahr!

       Donna Clara kniet beim Leichnam

       Aufgelöst ihr goldnes Haar,

       Sonder Scheue nun bekennend,

       Wie ihr lieb der Tote war.

       Brüder bitten, Priester lehren,

       Eins nur bleibt ihr offenbar.

       Sonne geht, und Sterne kommen,

       Auf und nieder schwebt der Aar,

       Alles auf der Welt ist Wandel

       Sie allein unwandelbar.

       Endlich bau'n die treuen Brüder

       Dort Kapell' ihr und Altar,

       Betend nun verrinnt ihr Leben,

       Tag für Tag und Jahr für Jahr,

       Bringt verhauchend sich als Opfer

       Für des Liebsten Seele dar.

      Die Klänge der Zither verhallten in langsamen Schwingungen, voll ernster Wehmut starrten die Hörer vor sich hin.

      Hernandez unterbrach das Schweigen zuerst. Mit einer sehr anmutigen Höflichkeit sagte er: »Ich würde mich anklagen müssen und verdammen zugleich, ihr edlen Ritter und Meister allzumal, daß ich mit meinen ernsten Kunden euer fröhliches Fest so trübsinnig unterbrach, hättet ihr nicht selbsten eine Geschichte aus meinem Vaterlande begehrt. In meinem Vaterlande sieht es aber sehr ernsthaft aus zu dieser Zeit, denn wo Christen und Heiden mit einander aufs Leben kämpfen, sitzt oftmals die Wehmut am Ruder, und nicht minder oft auch der Tod.«

      »Es bedarf der Entschuldigung nicht«, entgegnete der Freiherr von Montfaucon, »meint Ihr denn nicht, wir flöchten gern auch dunkle Blumen in unsern Kranz? Gottlob, wir Franken sind nicht zu solchen Possenreißern entartet, daß wir den edlen castilischen Ernst verkennen oder gar scheuen müßten, und überhaupt, wer unter den anwesenden Herrn aus manchen europäischen Landen schöpfte nicht gern vom tiefen Born des Dichtens und des Lebens, der in der glühenden Pyrenäenhalbinsel quillt?«

      »Ihr sprecht gütig von uns«, sagte Hernandez, »und wir hoffen dessen nicht unwert zu sein. Aber dem sei wie ihm wolle, vor allzuvielen dunklen Blumen erbleicht des Kranzes Zier. Eine recht helle Feuerlilie dazwischen täte Not, und ich müßte mich sehr irren, wenn nicht eine solche fröhliche Blüte auf den Lippen des edlen Grafen Vinciguerra im Aufsprossen wäre.«

      »Hispanier und Italier bieten einander leicht die Hand«, sagte Graf Alessandro, »und wenn es euch so gefällt, will ich euch meine Geschichte gern erzählen.«

      »In der prächtigen Stadt Napoli, welche man sowohl ihrer Lage als ihrer Herrlichkeit nach eine rechte Sonnenstadt heißen darf, lebte vor einiger Zeit ein tapfrer, weitberühmter, aber schon ziemlich bejahrter Kriegsmann von großem Stande und Vermögen, mit Namen Dimetri. Weil er sich nun auf sein höchst mühseliges Leben ein höchst erquickliches Alter zu verschaffen wünschte, sammelte er alle mögliche Herrlichkeiten jener reichen Lande um sich her, an Teppichen, Früchten, Weinen, Schildereien, Bildsäulen, und was es nur irgend Ergötzliches geben mochte, und das Schönste von dem allen war ein junges Weib, Madonna Porzia, welches er sich aus einem der edelsten Geschlechter heimgeführt hatte. Damit zog nun freilich zugleich eine große Unruhe in sein Haus, denn wie sittig, mild und gefügsam auch Madonna Porzia sich betrug, so ließ dennoch ein Bewußtsein des eignen greisen Haares und des nicht mehr lieblichen Wesens dem guten alten Mann mit eifersüchtigen Gedanken wenig Frieden.«

      »Empfand aber der große Unruhe, so empfand sie Messer Donatello, ein junger Edelmann von allgemein beliebten Sitten, ritterlicher Schönheit und zierlichem Wesen, noch größer; denn seit er Madonna Porzia einstmalen in der Messe – anderwärts ließ sie der besorgliche Dimetri niemals ausgehen – erblickt hatte, konnte er an nichts andres mehr gedenken, als an ihre zaubrische Gestalt. Auch nahm er sich vor, auf alle Weise ihrer Minne teilhaftig zu werden, oder sein Leben darum zu lassen. Nicht aber fing er es an, wie manche törichte Jünglinge, welche durch Botschaften aus dem Munde schwatzhafter Gesandtinnen, oder durch ein tägliches Vorbeireiten und Vorbeirennen und Grüßen in vollem Schmuck und Glanz, oder durch aufgedrungne Geschenke und sonst dergleichen Unvorsichtigkeiten ihre Geliebten mit Todesschrecken vor den eifersüchtigen Männern erfüllen, und selbst daran Schuld sind, daß gar kein Raum in den zarten Herzen für die Liebe mehr übrig bleibt; vielmehr betrug er sich dermaßen klug und besonnen, daß die schöne Porzia seiner Liebe zwar ansichtig ward – wie denn ein Blick in einem andern hellen Blicke leichtlich Feuer schlägt – zugleich aber wohl wahrnehmen konnte,