HOTEL MEGALODON. Rick Chesler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rick Chesler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354135
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Dort – Tausende Meilen unter dem Meeresspiegel, wo es kalt und fortwährend dunkel ist – existiert eine ganz andere Welt, die sich drastisch von dem Korallenriff unterscheidet, auf dem unser Hotel steht …«

       Genau, das ist schon ziemlich gut! Noch etwas mehr, dann sollte es für die Gäste reichen …

      »Keine Sorge, heute tauchen wir nicht hinein! Lehnen Sie sich also zurück, entspannen Sie sich und …«

      Plötzlich begann der rieselnde Sand vor ihr, nach oben zu strudeln, als habe ihn ein Wirbel in Bewegung gesetzt. Lehnen Sie sich also zurück, entspannen Sie sich und …

      Zuerst hielt Coco es nur für einen vorübergehenden Auftrieb – eine Strömung aus der Tiefe, die durch den Graben jagte – doch je länger es dauerte, desto mehr Sand stob auf, bis sich das Wasser schließlich sogar eintrübte, sodass sie Schwierigkeiten bekam, durch die Scheibe etwas zu erkennen. Was ist denn da los?

      Sie war sich nicht sicher, was es war, aber als sie hörte und spürte, wie das U-Boot seitwärts gegen die Korallenwand stieß, wurde ihr klar, dass sie sich jetzt besser entfernen sollte. Demnächst nicht mehr soweit den Hang hinunterfahren!

      Doch es war schon zu spät. Sie schwebte am Rand des sandigen Gefälles, das steil in den eigentlichen Graben führte, und trudelte danach in der kraftvollen Strömung auf der Stelle. Um wieder hoch auf das Riff zu gelangen, müsste sie die Drehung irgendwie unterbrechen und die Kontrolle über das U-Boot wiedergewinnen. Um das zu schaffen, legte sie den Steuerknüppel nach links um und hielt ihn dort fest, während sie nur das linke Triebwerk betätigte, um der Rotation entgegenzuwirken.

      Das Ganze schien tatsächlich zu funktionieren. Das Fahrzeug raste jetzt den Hang hinauf ins Wasser oberhalb des Canyons. Das Riff befand sich direkt hinter ihr und sie setzte sich vom Graben ab. Nachdem sie sich umgesehen und neu orientiert hatte, stieg sie nach rechts auf, womit sie sich wieder der Formation näherte. Sie beschloss angesichts all der Turbulenzen, es nicht durch den Spalt zu versuchen, sondern in freier Umgebung nach oben zu fahren, bis sie den höchsten Punkt des Riffs hinter sich gelassen hatte, und dann geradeaus zu fahren, um darüber hinwegzukommen.

      Doch auf einmal sah sie es, am Rande ihres Blickfelds. Die Kuppel des U-Boots war auch am Boden durchsichtig, um eine Aussicht nach allen Seiten zu ermöglichen. Deshalb sah sie, als sie zwischen ihren Füßen hindurchschaute, das dunkle Wasser des Tiefseegrabens.

      Sie hätte schwören können, dass gerade etwas unter ihr vorbeigeschwommen war, doch da war nichts. Seltsam, dachte sie, als sie weiter in die Düsternis spähte. Als ich vor Kurzem hier war und die Idee für den Blick in den Abgrund als Programmpunkt bekommen habe, hatte ich auch schon das Gefühl, etwas gesehen zu haben. Einen schattenhaften Umriss … ist er das jetzt schon wieder?

      Nun drängte sich ihr ein Gefühl auf, das sie dazu bewog, rasch den Kopf in den Nacken zu legen und nach oben zu schauen.

      Doch was sie da sah, war nicht nur ein Umriss, sondern sehr real. Worum auch immer es sich handelte … aufgrund seiner enormen Größe konnte Coco keinen konkreten Bezug herstellen, aber es war gewaltig und es bewegte sich schnell – und zwar genau auf ihr U-Boot zu. Während sie mit der Steuerung des Fahrzeugs haderte, tat sich ihr Verstand schwer damit, eine Antwort auf die Frage zu finden, was dies für ein Geschöpf sein könnte. Ein Hai kam nicht infrage. Sicher, hier gab es eine ganze Menge davon, Schwarzspitzen-Riffhaie und ähnliche, aber egal was dieses Wesen war … es ließ ihr U-Boot im Vergleich klein erscheinen, und kein ihr bekanntes Tier hatte auch nur annähernd solche Maße.

      Ein Wal vielleicht? Dass sich ein Buckelwal auf der Jagd nach einem Schwarm kleiner Fische zu nah ans Riff gewagt hatte, hielt Coco durchaus für denkbar. Vielleicht war auch ein Teil des Riffs vom Schelf abgebrochen und gesunken. Sie glaubte allerdings nicht, dass es in diesen Gefilden häufig zu Seebeben kam. Die geologische Festigkeit dieser Korallenformation zählte sogar zu den wichtigsten Argumenten, die dafürgesprochen hatten, das Hotel genau hier und nicht an all den anderen Orten auf der Welt zu bauen, die man dafür hätte wählen können, darunter Dubai und verschiedene Orte in der Karibik. Hawaii war zum Beispiel gerade wegen seiner vulkanischen Instabilität ausgeschieden.

      Coco hatte gerade den Bogen beschrieben, um das Riff anzusteuern, als sie das Wesen erneut auf das U-Boot zukommen sah. Eine Wand aus … irgendetwas … etwas Dunklem … stieß nun gegen die linke Bordwand. Sie hatte nur einen Sekundenbruchteil, um es wahrzunehmen, doch etwas schwarz Glänzendes huschte kurz an ihrem Gesichtsfeld vorbei.

       War das etwa ein Auge?

      Sie wusste es nicht und hatte im Moment eigentlich auch keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, denn das U-Boot kollidierte gerade mit der rechten Kante des Schelfs, einer festen Wand aus Korallen. Beim Aufprall wurde Coco in ihrem Schalensitz durchgeschüttelt, dann folgte ein lauter Knall und ein markerschütterndes Knirschen, als die Aufhängung des Steuerbordtriebwerks des Fahrzeugs – ein Propeller in einem runden Käfiggehäuse – über die Korallen schrammte.

      Kurz danach erlebte sie etwas, worauf sie sich einfach keinen Reim machen konnte … das Riesending rutschte vorn über ihre Sichtkuppel. Die blinkenden Lichter der Instrumente und der näselnde Systemalarm, der auf Probleme mit der Maschine hinwies, lenkten Coco zwar ab, doch sie sah definitiv etwas Weißes, Dreieckiges. Sie hörte es nun knacken, als das unbekannte Geschöpf gegen die Acryloberfläche stieß … doch dann, einfach so, war es verschwunden.

      Bestürzt aktivierte sie die entsprechenden Steuerelemente für den Rückwärtsgang des U-Boots, doch statt sich wie vorgesehen geradeaus nach hinten zu bewegen, hatte es einen leichten Drall nach rechts und rammte die Korallenwand erneut.

       Verdammt!

      Coco versuchte das ganze Manöver erneut, allerdings mit dem gleichen Ergebnis: Das Fahrzeug setzte zurück, aber nach rechts und wieder gegen das Schelf. Sie fluchte leise weiter. Das war nicht gut, ganz und gar nicht. Der linke Propeller ist im Eimer.

      Jetzt keimte zum ersten Mal, seit sie begonnen hatte, U-Boote zu fahren, was ja noch nicht allzu lange her war, Angst in ihr auf. Was, wenn ich es nicht zurück nach oben schaffe? Sie konnte in dieser Tiefe unmöglich ohne Weiteres die Kuppel aufklappen, denn der Wasserdruck war zu hoch. Zwar bestand eine Funkverbindung zu den Betriebszentren im Hotel und in der Anlage an Land, aber um Gottes willen, sie sollte morgen damit anfangen, Gäste zu befördern!

      Außerdem schwang in ihren Bedenken noch etwas Dunkleres mit: Was war dieses Ding, das dies verursacht hat? Was, wenn es meinetwegen zurückkehrt?

      Coco zwang sich, gelassen Luft zu holen, bevor sie wieder versuchte, die Steuerung in den Griff zu bekommen. Als sie hinten durch die Kuppel schaute, sah sie wegen des Sandes nichts, der noch als Wolke im Wasser schwebte. Indem sie nur das rechte Triebwerk einsetzte, nahm sie Abstand von der Korallenwand und fuhr in offenes Gewässer. Von dort aus schaute sie zum Riff hinüber, doch es war nach wie vor zu trüb, um etwas erkennen zu können. Danach warf sie einen Blick auf den Kompass am Armaturenbrett. Westen, das war gut. Denn das Hotel lag in dieser Richtung.

      Da ein Propeller ausgefallen war, kam sie nur im Zickzackkurs voran – abwechselnd links, dann rechts. Das funktionierte, und es dauerte auch nicht lange, bis sie zwischen den vertrauten Korallenformationen des Riffs hin und her schlingerte, auf dem das Hotel stand. Sie schaute sich nun noch einmal über die Rückenlehnen nach hinten um, doch nichts folgte ihr. Schließlich gerieten die Umrisse des Schwimmdocks für das U-Boot in Sicht, und Coco verdrängte, was sie gesehen hatte, um sich aufs Steuern zu konzentrieren. Mit nur einem Triebwerk anzulegen würde garantiert nicht leicht werden. Sie ging es deshalb geruhsam an und führte das Fahrzeug durch die Unterwasserschleuse, die sie so leitete, dass sie genau in der Mitte des Beckens auftauchte.

      Sie stieg anschließend senkrecht nach oben, bis Wasser von der Spitze der Kuppel hinabströmte und gleißendes Sonnenlicht in die Kabine fiel. Wie üblich war Mick Wright sofort zur Stelle und begrüßte sie mit einem Grinsen im Gesicht, das von strubbeligen Haaren umrahmt wurde. Er vertäute das U-Boot, entsicherte den Einstieg der Kuppel und klappte ihn dann auf. Coco atmete tief die frische Luft ein,