Liebe kennt keine Logik. Sima G. Sturm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sima G. Sturm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956093227
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als sendete sie ihr gerade eine eindringliche, wenn auch stumme Warnung. Schließlich zuckte Sandra lässig die Schultern, ehe sie sich wieder mit scheinbarem Interesse den Büchern widmete.

      Mir kam das alles höchst merkwürdig vor. Selten hatte ich mich so verunsichert und fehl am Platz gefühlt. Ich musste hier weg. Das hatte doch alles keinen Sinn. Ich murmelte Rosi ein schwaches »Auf Wiedersehen« zu und drehte mich zum Hofausgang. Wie ein gehetztes Fluchttier steuerte ich darauf zu.

      »So warten Sie doch«, rief Rosi mir hinterher.

      Zwar blieb ich stehen und drehte mich noch einmal zu ihr um. Doch ich schüttelte nur entmutigt den Kopf. Ich wollte nur noch nach Hause. Hoffentlich träumte ich heute Nacht nicht von Glühwein oder kratzbürstigen Kindern.

      Ich hatte von nichts dergleichen geträumt. Dafür aber von einer bildschönen Frau mit dunkelblondem Haar und braunen Augen, die Kirsten wie ein eineiiger Zwilling glich.

      Ich schloss wieder die Augen und wälzte mich in meinem Bett umher, als könnte ich so den Traum zurückholen. Mein Unterleib zuckte und schob sich verlangend der imaginären Berührung entgegen. Nach ein paar vergeblichen Versuchen sackte ich enttäuscht zusammen, weil mir klar wurde, dass ich auf diese Weise keine Erlösung finden würde. Außer ich legte selbst Hand an, doch ich wischte den Gedanken wütend beiseite. Das fehlte noch.

      Vor mich hingrummelnd schwang ich die Beine aus dem Bett und stand auf.

      Unter der Dusche kühlte mein Körper allmählich wieder auf Normaltemperatur ab. Mein Geist wandelte jedoch weiterhin irgendwo außerhalb meines Einflussbereiches herum. Und immer wieder schoben sich Bilder von Kirsten in meinen Kopf, derart hartnäckig, dass ich unvermittelt laut aufstöhnte. Ich lehnte die Stirn gegen die Kabinenwand. Mit den Fingerkuppen fuhr ich über die glatte Kunststoffoberfläche und folgte der Wasserspur.

      Lottas Worte kamen mir wieder in den Sinn. Da hatte es also eine Jacky in Kirstens Leben gegeben, die ihr allem Anschein nach nicht gutgetan hatte. Aber wieso dachte die Kleine, dass ich ihrer Mutter genauso wehtun würde? War das einfach nur aus kindlicher Überzeugung heraus gesagt, weil sie mich nicht mochte und mich schnellstens wieder loswerden wollte? Aber dann auch dieses seltsam ablehnende Verhalten von Sandra, der Buchverkäuferin.

      Wäre ich gestern nicht einfach abgehauen, dann hätte ich vielleicht mehr darüber erfahren, schimpfte ich mich aus. Stattdessen war ich genauso schlau wie vorher. Mittlerweile war ich aber schon mal so weit, dass ich Kirsten als Inhaberin des kleinen Lesecafés vermutete. Und bei Sandra könnte es sich um eine Angestellte handeln. Doch wenn das alles war, wieso war sie mir gegenüber dann so feindselig gestimmt, als hätte ich mich in ihr Leben gedrängelt?

      Und Rosi? Auch über sie wusste ich rein gar nichts, während sie über mich erstaunlich gut Bescheid wusste. Doch sie war mir sehr sympathisch.

      Irgendetwas verband sie alle miteinander. Aber heute hatte ich keine Kraft, mir weiter den Kopf darüber zu zerbrechen. Eigentlich wollte ich nur eins, nämlich Kirsten wiederzusehen, um wenigstens in die entfernte Nähe meines Traums von letzter Nacht vorzudringen. Ich konnte sie nicht einfach vergessen, auch wenn die Erfolgsaussichten aktuell ziemlich gering waren, was wiederum eine niederschmetternde Wirkung auf mich ausübte.

      3

      Nach dem Wochenende befand ich mich immer noch in einem desolaten Zustand. Wie Falschgeld hockte ich in meinem Büro des Kaufhauses und starrte missmutig auf die Monitore. Heute hätten es die Diebe vermutlich sehr einfach, sich meinem eigentlich geschulten Blick zu entziehen. Ich war nicht wirklich bei der Sache.

      Gerade als ich mich aufraffen wollte, mir in der Kantine einen Kaffee zu holen, hielt mich etwas zurück.

      Mein Kopf ruckte so heftig herum, dass es in meinem Genick unangenehm knackte. Ich rieb mir jammernd über den Nacken. Doch der Schmerz war augenblicklich vergessen, als ich auf einem der drei Bildschirme die blondhaarige Gestalt entdeckte, die feenartig im Eingangsbereich der Elektronikabteilung herumschlich.

      Sehr verdächtig! Meine Mundwinkel zuckten wild, und ich bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Ich verwarf die Idee mit dem Kaffee und stürmte aus dem Büro. Irgendwie hatte ich jedoch meine Glieder nicht mehr ganz unter Kontrolle, weil ich fast über die Türschwelle geflogen wäre. Aber ich hatte es noch geschafft, mich abzufangen und eine satte Bauchlandung zu verhindern. Dem festarretierten Regal neben der Tür sei Dank.

      Ein paarmal atmete ich tief durch, bis ich der Meinung war, wenigstens äußerlich völlig gelassen zu wirken.

      »Suchst du jemanden, oder kann ich dir sonst irgendwie behilflich sein?« Meine Stimme gehorchte mir aufs Wort. Ich war ja so verdammt cool.

      Kirsten zuckte sichtlich erschrocken zusammen. Wie ein Wirbelwind fuhr sie dann zu mir herum, sodass ich schon glaubte, sie würde mir direkt in die Arme fallen. Also nicht, dass ich da etwas dagegen gehabt hätte. Aber nein, sie tat mir nicht den Gefallen, doch das süße Lächeln, das sie mir schenkte, war auch nicht zu verachten. Als sich dann auch noch dieser Hauch von Verlegenheit auf ihrem Gesicht zeigte, hatte sie mich wieder voll in ihren Bann gezogen.

      Dieses Auf und Ab war aber auch die reinste Gefühlsachterbahn. Dagegen war ich machtlos, und ich brauchte mir gar nicht erst die Mühe zu machen, dagegen anzukämpfen.

      »Wegen Samstagabend, das tut mir sehr leid«, wisperte Kirsten. »Lotta hat sich wirklich unmöglich benommen. Ich weiß gar nicht, was in sie gefahren ist.«

      »Kein Problem«, hörte ich mich sagen. Ach wirklich? »Ich glaube, Lotta wollte nur ihre Mama beschützen.«

      »Beschützen?« Kirsten schmunzelte leicht. »Ja, das kann schon sein. Aber dennoch . . .« Sie hob seufzend die Schultern. Es wirkte so, als würde sie resignieren. Und das brach mir fast das Herz.

      »Wir könnten es noch mal versuchen. Diesmal aber mit einem richtigen Date.« Uuhhh, jetzt hatte ich mich aber weit rausgelehnt. War ich denn noch ganz bei Trost? Offensichtlich nicht. Ich fing an zu schwitzen, als wäre Hochsommer und ich hätte zu lange in der Sonne gelegen.

      Kirsten schien mit sich zu ringen, denn sie sagte erst mal . . . gar nichts. Das linderte meine Qualen, die ich gerade durchlitt, nicht im Geringsten.

      Ihre großen, braunen Augen huschten unschlüssig durch die Gegend, während sie mit dem Zeigefinger eine Haarsträhne zwirbelte.

      »Wenn du nicht magst, dann ist das auch in Ordnung«, krächzte ich. Nichts wäre in Ordnung, überhaupt nicht. Aber was sollte ich denn machen?

      Meine Worte schienen Kirsten aus ihren Überlegungen gerissen zu haben, denn sie musterte mich mit einem merkwürdigen Blick, der mich ganz kirre machte. Zögernd bogen sich ihre Mundwinkel nach oben. »Du willst wirklich ein Date mit mir? Weißt du auch, worauf du dich da einlässt?«

      Ihre Frage ließ mich fast aus den Socken kippen. Wie jetzt, ob ich weiß, worauf ich mich da einlasse? Natürlich nicht. Ich hatte keinen Schimmer, was mich erwartete. Doch das war mir gerade so was von egal. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«, erwiderte ich, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich schaffte es sogar, meine Mundwinkel unter Kontrolle zu halten.

      Kirsten lachte, und schließlich willigte sie kopfschüttelnd ein. »Wenn du das sagst . . .« Sie ließ die Worte einfach so im Raum stehen. Aber ihre Stimme, die ein dunkles Timbre angenommen hatte, war geheimnisvoll und fast ein wenig einschüchternd.

      Und doch glaubte ich zu erkennen, dass sie damit ihre Beunruhigung nur kaschieren wollte. Hatte sie etwa Angst, ich würde sie bei der erstbesten Gelegenheit flachlegen? Ich konnte nicht verhindern, dass mir ein Schmunzeln über die Lippen rutschte. Sicher, manchmal war ich etwas zu ungestüm in meinen Bemühungen, vor allem in Sachen Frauen. Aber ich wusste mich auch zurückzuhalten, wenn es angebracht war. Zwar könnte ich bei einer Frau wie Kirsten nicht beschwören, dass ich nicht schon auf das kleinste Signal von ihr wie ein Schnips-Gummi anspringen würde, aber das stand im Augenblick nicht zur Debatte.

      Aus einem mir noch nicht bekannten Grund wollte ich es bei ihr richtig angehen. »Du darfst Zeit und Ort bestimmen«, raunte ich. »Aber ich wäre