Bei dem Lärm, der durch Tarzans Einbruch entstanden war, sprang Pawlowitsch auf und starrte drohend auf Tarzan. Die Frau richtete sich zitternd auf dem Ruhebett auf. Eine Hand hielt sie am Halse, und ihr Atem ging in kurzen Stößen.
Trotz ihrer Blässe und ihres aufgelösten Haares erkannte Tarzan sie als die junge Dame, die er heute früh dabei überraschte, wie sie ihn musterte.
Was soll das bedeuten? fragte Tarzan, sich an Rokoff wendend, den er sofort als den Urheber dieser Gewalttätigkeit ansah.
Der Mann verharrte in mürrischem Schweigen.
Drücken Sie auf den Knopf, fuhr der Affenmensch fort. Wir wollen einen Schiffsoffizier hier haben, denn die Sache ist weit genug gegangen.
Nein, nein, rief die Frau, indem sie plötzlich aufsprang. Tun Sie das nicht! Ich bin sicher, dass man nicht die Absicht hatte, mir wirklich ein Leid zuzufügen. Ich erzürnte diesen Mann, und da verlor er die Selbstbeherrschung – das ist alles. Ich möchte der Angelegenheit keine weiteren Folgen geben, mein Herr.
Es lag ein so flehender Ausdruck in ihrer Stimme, dass Tarzan nichts weiter in der Sache tun wollte, obschon er überzeugt war, dass hier etwas im Werke war, von dem die zuständigen Behörden unterrichtet werden müssten.
Sie wünschen also, dass ich nichts in der Sache tue? fragte er.
Nein, nichts, sagte sie.
Wollen Sie sich also noch weiterhin von diesen zwei Schurken belästigen lassen?
Sie schien um eine Antwort verlegen zu sein, und sah verwirrt und unglücklich aus. Tarzan bemerkte auf Rokoffs Lippen ein triumphierendes Lächeln. Die junge Frau fürchtete sich offenbar vor diesen beiden, und wagte es jedenfalls nicht, ihren wirklichen Wunsch vor ihnen auszudrücken.
Dann, sagte Tarzan, will ich auf meine eigene Verantwortung handeln.
Und sich an Rokoff wendend, fuhr er fort:
Ihnen und Ihrem Helfershelfer möchte ich sagen, dass ich Sie von jetzt an bis ans Ende der Fahrt im Auge behalten werde, und sollte irgendeine Handlung von einem von Ihnen zu meiner Kenntnis kommen, durch die diese junge Dame auch nur im entferntesten belästigt wird, so werden Sie sofort von mir zur Rechenschaft gezogen, und diese Rechenschaft wird für keinen von Ihnen eine angenehme Erfahrung werden.
Und nun hinaus mit euch!
Bei diesen Worten packte er Rokoff und Pawlowitsch beim Rockkragen und schob sie kräftig durch den Eingang, indem er jedem noch einen Fußtritt versetzte.
Dann wandte er sich wieder zu der jungen Dame, die ihn mit großen erstaunten Augen ansah.
Und Sie, gnädige Frau, sagte er, werden mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Sie mich benachrichtigen wollen, sobald nur einer der Halunken Sie wieder belästigt.
Ach, mein Herr, antwortete sie, ich hoffe, dass Sie nicht für Ihre freundliche Tat zu leiden haben werden. Sie haben sich einen sehr bösen Feind zugezogen, der vor nichts zurückschrecken wird, um seinen Hass zu befriedigen. Sie müssen sehr auf Ihrer Hut sein, Herr – —
Gestatten, gnädige Frau, mein Name ist Tarzan.
Also, Herr Tarzan, Sie wollen, bitte, nicht denken, dass ich Ihnen für ihren tapferen, ritterlichen Schutz, den Sie mir erwiesen, nicht aufrichtig dankbar wäre, weil ich nicht einwilligen wollte, dass die Schiffsoffiziere benachrichtigt wurden. Gute Nacht, Herr Tarzan! Ich werde nie vergessen, was ich Ihnen schulde.
Und mit einem lieblichen Lächeln, das eine Reihe schöner Zähne sehen ließ, verneigte sie sich grüßend vor Tarzan, der ihr gute Nacht bot und seinen Weg auf dem Deck fortsetzte.
Der Mann zerbrach sich den Kopf darüber, dass zwei Menschen an Bord waren – die junge Dame und der Graf de Coude —, die unter den Schändlichkeiten Rokoffs und seines Genossen zu leiden hatten und doch nicht duldeten, dass die Übeltäter dem Gerichte ausgeliefert würden.
Ehe er in jener Nacht zu Bett ging, kehrten seine Gedanken noch oft zu der schönen jungen Frau zurück, in deren offenbar verwickeltes Schicksal er so seltsam eingegriffen hatte. Dass sie verheiratet war, bewies der goldene Ring am dritten Finger ihrer linken Hand. Unwillkürlich dachte er darüber nach, wer der glückliche Mann sein mochte.
Tarzan sah nichts mehr von den handelnden Personen dieses Dramas, in das er nur einen Blick geworfen hatte, bis am Spätnachmittag des letzten Tages der Fahrt. Da sah er sich plötzlich der jungen Frau gegenüber, als sie beide sich aus entgegengesetzten Richtungen ihren Verdeckstühlen näherten.
Sie grüßte ihn mit freundlichem Lächeln und sprach fast unmittelbar von dem Vorfall in ihrer Kabine, deren Zeuge er zwei Abende vorher gewesen war. Es schien, als ob es ihr nicht angenehm wäre, dass er ihre Bekanntschaft mit Männern wie Rokoff und Pawlowitsch ungünstig auslegen könnte.
Ich hoffe zuversichtlich, sagte sie, dass Sie mich nicht nach dem unglücklichen Vorkommnis am Dienstagabend beurteilt haben. Ich habe viel darunter gelitten. Dies ist das erste Mal, dass ich mich seitdem aus der Kabine wage. Ich habe mich geschämt, schloss sie einfach.
Man beurteilt die Gazelle nicht nach den Löwen, die sie angreifen, erwiderte Tarzan. Ich habe die beiden im Rauchzimmer am Werk gesehen, – am Tage zuvor, wenn ich mich recht erinnere – und da ich ihre Methode kannte, so wusste ich, dass sie nur Unschuldige angreifen. Männer wie diese kleben nur am Hässlichen und hassen alles, was edel und gut ist.
Es ist sehr gütig von Ihnen, es so auszulegen, antwortete sie lächelnd. Ich habe schon die Geschichte von dem Kartenspiel gehört. Mein Mann erzählte mir den ganzen Vorfall, und sprach besonders von der Kraft und der Unerschrockenheit des Herrn Tarzan, dem er sich zu größtem Danke verpflichtet fühle.
Das ist Ihr Gatte? fragte Tarzan.
Ja, ich bin die Gräfin de Coude.
Ich bin schon reichlich belohnt durch das Bewusstsein, dass ich der Gattin des Grafen de Coude einen Dienst erweisen konnte.
Ach, mein Herr, ich stehe schon so tief in Ihrer Schuld, dass ich meine eigene Rechnung wohl nie werde begleichen können; darum bitte ich, mich nicht noch mehr zu verpflichten.
Dabei lächelte sie ihn so freundlich an, dass Tarzan sich sagte: Für ein solches Lächeln würde ein Mann noch viel größere Dinge unternehmen.
Zuletzt sprachen sie über die schnellen Freundschaften, die auf den Ozeandampfern