Maximilian von Habsburg war es, der, als ältester Sohn Kaiser Ferdinands, Österreich sowie die Kronen Böhmens und Ungarns erhielt, und den die Kurfürsten als neuen Kaiser annahmen. Allerdings waren nur Ober- und Niederösterreich (Österreich „ob der Enns“ und „unter der Enns“) Maximilians direkter Erbteil, und mit ihren zusammen rund 900 000 Einwohnern erwirtschafteten sie geringere Einkünfte als Böhmen, das aber auch mehr Einwohner hatte.37 Die Habsburger hatten die Wenzelskrone im Jahr 1526 geerbt, als der letzte König von Böhmen aus der mit ihnen verschwägerten, litauisch-polnischen Dynastie der Jagiellonen im Kampf getötet worden war. Die neuen Herren Böhmens betrachteten ihren Herrschaftsanspruch als erblich, hatten den böhmischen Adel aber noch nicht davon überzeugen können, seine traditionellen Vorstellungen eines Wahlkönigtums auch offiziell aufzugeben. Böhmen war ein Gebilde aus fünf sehr unterschiedlichen Provinzen, mit je eigenen Gesetzen und eigener Regierungsform. Innerhalb dieses Verbundes war es das Königreich Böhmen im engeren Sinne, das den Vorrang beanspruchte – das ging so weit, dass die Böhmen den Vertretern der restlichen Länder sogar die Teilnahme an der Königswahl verwehrten. Mit ihren rund 650 000 Einwohnern war die Markgrafschaft Mähren etwa halb so groß wie Böhmen, hatte mit diesem aber mehr gemein als mit den anderen Kronländern, so etwa die gemeinsame tschechische Sprache und das hussitische Erbe. Die Hussiten waren theologische Vorläufer Luthers gewesen, die im 15. Jahrhundert die Forderung nach religiösen Freiheiten mit einem Feldzug für politische Autonomie verbanden. Der böhmische König hatte ihren Aufstand in den 1430er-Jahren nur mit Mühe – und der Hilfe des deutschen Adels – niedergeschlagen. Diese Erfahrung hatte die Abgrenzung von den anderen, mehrheitlich deutschsprachigen Kronländern Oberlausitz, Niederlausitz und Schlesien verschärft, die nördlich und östlich des böhmischen Kernlandes hinter Gebirgszügen lagen.
Am schwächsten war die habsburgische Autorität in Ungarn, das ebenfalls 1526 durch Erbschaft in habsburgischen Besitz gekommen war, als Ludwig II., der junge jagiellonische König von Böhmen, Ungarn und Kroatien, zusammen mit drei Vierteln seines Heeres bei Mohács im Kampf gegen die Türken fiel. Unter den überlebenden ungarischen Adligen kam es in der Frage, ob sie ihr zerfallendes Reich den Habsburgern überlassen sollten, zu erbittertem Streit. Die Mehrheit stellte sich gegen eine Fremdherrschaft; stattdessen wollten sie die Stephanskrone einem aus ihrer Mitte übertragen: Johann (János) Zápolya, den sie im Einklang mit ihren eigenen Vorstellungen von einem ungarischen Wahlkönigtum als König von Ungarn proklamierten. Eine Minderheit akzeptierte den Anspruch der Habsburger, die sich mit umfassenden Zugeständnissen Unterstützung erkaufen wollten. Der vereinte ungarische Widerstand gegen die Osmanen brach zusammen, woraufhin diese Ungarn auf einer Fläche von mehr als 120 000 Quadratkilometern besetzten, was bis 1541 rund 900 000 dort ansässige Menschen unter osmanische Herrschaft brachte. Zápolya zog sich nach Nordosten zurück und schuf sich sein eigenes Reich, indem er das größtenteils autonome Fürstentum Siebenbürgen mit dem sogenannten Partium vereinte, einem in der historischen Landschaft Ruthenien gelegenen Teil des damaligen Königreiches Ungarn, der heute überwiegend zu Rumänien gehört. Das Partium bestand aus acht ungarischen Komitaten (Grafschaften) östlich der Theiß. Damit herrschte Zápolya über ein Territorium von insgesamt rund 80 000 Quadratkilometern Fläche, auf dem vielleicht 750 000 Menschen lebten. Seinen Anspruch auf den Fürstentitel ließ er sich von den Habsburgern bestätigen; im Gegenzug sollte das vergrößerte Fürstentum Siebenbürgen (und auch die ungarische Krone) nach seinem Tod an das Haus Habsburg fallen. Der örtliche Adel sah es jedoch überhaupt nicht ein, sich seine Rechte nehmen zu lassen, und wählte Stephan (István) Báthory zum Gegenfürsten; 1571 sicherte Báthory sich den Schutz der Osmanen.
Das Fürstentum Siebenbürgen wurde so zu einer autonomen Brücke zwischen dem türkisch besetzten Mittelungarn mit der Metropole Buda auf der einen Seite und dem habsburgischen „Rumpfungarn“ mit der Residenz Pressburg (Bratislava) auf der anderen. Der Zustrom von Flüchtlingen vor dem islamischen Vormarsch sorgte dafür, dass in dem habsburgischen Territorium bald – geringfügig – mehr Menschen lebten als in den beiden anderen; allerdings bewirkte die Teilung Ungarns, dass die Habsburger mehr als zwei Drittel ihres vormaligen ungarischen Besitzes verloren.38 Allein die Kroaten nahmen die habsburgische Herrschaft mit voller Überzeugung an, weil sie sich davon eine größere Autonomie von den Ungarn versprachen. Die ungarischen Stände wiederum blieben zwar königstreu und akzeptierten, dass die altehrwürdige Stephanskrone nun von einem Habsburger getragen werden sollte. Zugleich bestanden sie jedoch strikt auf ihren Rechten, nicht nur den König zu wählen, sondern sich ihm auch zu widersetzen, wenn er gegen ihre Verfassung verstieße. Wie schon in Böhmen, stellten diese politischen Differenzen keineswegs einen Konflikt zwischen monarchischen und republikanischen Idealen dar, sondern entsprangen aus abweichenden Vorstellungen von einer Mischverfassung oder monarchia mixta, wobei je nach Sachlage einmal die Rechte des Monarchen betont wurden, einmal die der Stände.
Stände und Konfession
Die Stände der Frühen Neuzeit waren aus dem Mittelalter überkommene, repräsentative Körperschaften, die sich in allen habsburgischen Ländern und vielen deutschen Territorien des Heiligen Römischen Reiches fanden. Und ganz so, wie die weltlichen und geistlichen Fürsten, die Herren und die Freien Städte des Reiches sich als Reichsstände und damit als Teilhaber der kaiserlichen Macht verstanden, so setzten sich aus den bedeutendsten Adligen, Kirchenfürsten und Bürgern der Territorien deren jeweilige Landstände zusammen. Die Sozialstruktur und politische Rolle der Stände ist in der Vergangenheit sehr unterschiedlich gesehen worden. In Texten des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts erscheinen sie nicht selten als Hindernisse guter Regierung und Bollwerke biederer Partikularinteressen – ein spätes Echo auf die Klagen der Landesherren im 17. Jahrhundert.
Von liberaler Seite hingegen stellte man die Stände als Vorläufer des modernen Parlamentarismus dar. Demnach hätten sie es tapfer mit selbstsüchtigen, rücksichtslosen Herrschern aufgenommen, denen Leben und Besitz ihrer Untertanen einerlei gewesen seien auf ihrer Jagd nach persönlichem Ruhm. Tschechische und ungarische Historiker gaben dieser Perspektive eine besondere Qualität, indem sie die Stände ihrer Länder zu Hütern der nationalen Traditionen erklärten, die ansonsten der deutsch-habsburgischen Aggression anheimgefallen wären. Von marxistischer Seite wurden jegliche Interessenkonflikte zwischen Landesherren und Ständen heruntergespielt;