Die Pickwickier. Charles Dickens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183319
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eine ein kleiner wohlbeleibter Mann mit schwarzem Haar, der andre eine stattliche Erscheinung in einem militärischen Überrock – mit vollkommenem Gleichmut auf einem Feldstuhl sitzend.

      "Die Gegenpartei und ein Wundarzt, vermutlich", sagte Mr. Snodgraß. "Nehmen Sie ein Tröpfchen Branntwein."

      Mr. Winkle ergriff die Feldflasche, die ihm sein Freund hinreichte, und labte sich mit einem langen Schluck an der belebenden Flüssigkeit.

      "Mein Freund Mr. Snodgraß, Sir", stellte er vor, als der Offizier herantrat.

      Dr. Slammers Sekundant verbeugte sich und brachte ein ähnliches Futteral, wie Mr. Snodgraß es bei sich führte, zum Vorschein.

      "Ich denke, weitere Worte sind wohl überflüssig", begann er kaltblütig, als er den Pistolenkasten öffnete, »da eine Abbitte entschieden abgelehnt wurde."

      "Ganz Ihrer Meinung, Sir", versetzte Mr. Snodgraß, dem es langsam schwül zumute wurde.

      "Wollen Sie vielleicht die Schritte abzählen!"

      "Bitte sehr", entgegnete Mr. Snodgraß.

      Die Distanz wurde abgeschritten und die weiteren Vorbereitungen getroffen.

      "Sie werden diese Waffen besser als Ihre eignen finden", sagte der Sekundant der Gegenpartei und bot seine Pistolen an. "Sie haben doch beim Laden zugesehen? Oder haben Sie vielleicht etwas gegen deren Benützung einzuwenden?"

      "Nicht das mindeste", versicherte Mr. Snodgraß. Ein Stein fiel ihm vom Herzen, denn er hatte nur sehr schleierhafte Begriffe vom Laden einer Pistole.

      "So können wir, denke ich, jetzt unsre Duellanten aufstellen", bemerkte der Offizier mit einer Gleichgültigkeit, als wären die beiden Gegner Schachfiguren und die Sekundanten die Spieler.

      "Ja, das können wir", erwiderte Mr. Snodgraß, der in seiner Unerfahrenheit in solchen Dingen zu jedem Vorschlag ja gesagt haben würde.

      Der Offizier verfügte sich zu Dr. Slammer, und Snodgraß trat an Mr. Winkles Seite.

      "Es ist alles in Ordnung", sagte er und händigte seinem Freunde die Pistole ein. "Geben Sie mir Ihren Mantel."

      "Sie haben doch den Brief an sich genommen, teurer Freund?" fragte der arme Winkle.

      "Alles in Ordnung. Zielen Sie ruhig und schießen Sie ihn durch die Schulter."

      Mr. Winkle kam dieser Rat sehr ähnlich vor wie ein anderer, den Zuschauer bei Straßenboxkämpfen stets und stur auch für den kleinsten Jungen übrig haben: Los, feste, hau ihn um! – Ein großartiger Rat; wenn man nur wüßte, wie man es machen soll. Dennoch legte er schweigend seinen Mantel ab – es verging eine geraume Weile, bis er damit zu Rande kam.– und nahm die Pistole entgegen. Die Sekundanten traten zurück, der Mann auf dem Feldstuhl tat ein Gleiches, und die Duellanten gingen aufeinander zu.

      Mr. Winkle stand in dem Rufe außerordentlicher Menschenfreundlichkeit. Vermutlich war auch sein Wunsch, niemand absichtlich zu verletzen, die einzige Ursache, warum er, kaum an der verhängnisvollen Stelle angelangt, die äugen schloß und daher das seltsame und unerklärliche Benehmen des Dr. Slammer nicht gewahren konnte. Dieser stutzte nämlich, sah seinen Gegner an, trat zurück, rieb sich die Augen, sah wieder hin und rief endlich:

      "Halt! Halt!"

      "Was soll das heißen", sagte er, als die beiden Sekundanten zu ihm eilten. "Das ist nicht der Mann."

      "Nicht der Mann?" sagte Dr. Slammers Freund.

      "Nicht der Mann?" wiederholte Mr. Snodgraß.

      "Nicht der Mann?" rief der Gentleman mit dem Feldstuhl in der Hand.

      "Bestimmt nicht", entgegnete der kleine Doktor. "Das ist nicht die Person, die mich gestern nacht beleidigte."

      "Höchst sonderbar!" rief der Offizier.

      "Allerdings!" sagte der Gentleman mit dem Feldstuhl mit Autoritätsmiene und nahm eine Prise. "Die Frage ist nur, ob dieser Herr, da er auf dem Kampfplatze erschien, nicht formell als das Individuum betrachtet werden muß, das gestern nacht unsern Freund Dr. Slammer beleidigte, mag es nun dieselbe Person sein oder nicht."

      Mr. Winkle hatte die Augen geöffnet und die Ohren dazu, als er seinen Gegner von Einstellung der Feindseligkeiten Sprechen hörte. Er begriff sofort, daß offenbar ein Mißverständnis vorlag und sein Ansehen ungemein steigen mußte, wenn er den wahren Grund seines Erscheinens auf dem Kampfplatz verschwieg. Er trat daher kühn vor und sprach:

      "Nein, ich bin's nicht. Ich weiß es."

      "Dann ist es eine Verhöhnung Dr. Slammers", sagte der i^Mann mit dem Feldstuhl. "Grund genug, in der Sache fortzufahren."

      "Ich bitte, einen Augenblick, Payne", fiel ihm der Sekundant ins Wort. "Warum haben Sie mir das nicht heute morgen mitgeteilt, Sir?"

      "Ja, ja, warum nicht – warum nicht?" wiederholte der Herr mit dem Feldstuhl unwillig.

      "Ich bitte, lassen Sie mich machen, Payne", mischte sich der Offizier ein. "Muß ich meine Frage wiederholen, Sir?"

      "Weil Sie, mein Herr", entgegnete Mr. Winkle, der inzwischen Zeit gehabt hatte, über eine passende Antwort nachzudenken, "weil Sie, mein Herr, eine betrunkene und allen Anstandes bare Person als den Träger eines Rockes bezeichneten, den ich nicht allein zu tragen, sondern sogar erfunden zu haben, die Ehre habe – der einstimmig angenommenen Uniform des Pickwick-Klubs in London, Sir. Ich fühlte mich verpflichtet, die Ehre dieser Uniform zu verfechten, und aus keinem ändern Grunde, Sir, habe ich die Forderung ohne weitere Nachforschung angenommen."

      "Mein werter Herr", rief der gutmütige kleine Doktor und trat mit ausgestreckter Hand heran, "ich ehre Ihren ritterlichen Mut. Erlauben Sie mir, Sir, Ihnen zu sagen, daß ich Ihr Benehmen höchlich bewundere und außerordentlich bedauere, Sie für nichts und wieder nichts 'hierherbemüht zu haben."

      "Ich bitte, sprechen Sie nicht davon", lehnte Mr. Winkle bescheiden ab.

      "Ich bin stolz darauf, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Sir", versicherte der kleine Doktor.

      "Auch mir gewährt es das größte Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben", entgegnete Mr. Winkle.

      Der Doktor und Mr. Winkle reichten sich die Hände; ein Gleiches taten dann Mr. Winkle und Leutnant Tappleton, der Sekundant des Doktors, dann Mr. Winkle und der Herr mit dem Feldstuhl, und endlich Mr. Winkle und Mr. Snodgraß; letzterer ganz hingerissen von Bewunderung über das ritterliche Benehmen seines heldenmütigen Freundes.

      "Ich dächte, wir könnten jetzt nach Hause gehen", meinte Leutnant Tappleton.

      "Gewiß", erklärte der Doktor.

      "Wenn nicht etwa", fügte der Herr mit dem Feldstuhl bei, "wenn nicht etwa Mr. Winkle sich durch die Forderung beleidigt fühlt, in welchem Falle er natürlich das Recht hat, Satisfaktion zu verlangen."

      Mr. Winkle erklärte mit großer Selbstverleugnung, daß die Genugtuung, die er bereits bekommen hatte, hinreichte.

      "Vielleicht fühlt sich aber der Sekundant des Gentleman durch gewisse Bemerkungen, die ich anfänglich fallenließ, verletzt", fuhr der Herr mit dem Feldstuhl fort. "Wäre dies der Fall, so würde ich mich glücklich schätzen, ihm auf der Stelle Satisfaktion zu geben."

      Mr. Snodgraß äußerte sogleich, er wäre dem Herrn für sein liebenswürdiges Anerbieten sehr verbunden, sähe sich jedoch veranlaßt, abzulehnen, da ihn der Verlauf der Sache ungemein befriedigte. Die beiden Sekundanten schlössen ihre Waffenfutterale, und alle verließen den Kampfplatz fröhlicher, als sie gekommen waren.

      "Bleiben Sie lange hier?" fragte Dr. Slammer Mr. Winkle, als sie freundschaftlich nebeneinander gingen.

      "Ich denke, wir werden übermorgen wieder abreisen."

      "Dann hoffe ich wenigstens das Vergnügen zu haben, Sie und Ihren Freund bei mir zu sehen, um gemeinsam nach diesem widerwärtigen Mißverständnis noch einen heitern Abend zu verbringen. Sie sind doch nicht für heute vergeben?"

      "Wir haben noch