Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
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anderen folgten. »Ziemlich steil sogar.«

      Die Zwerge und Pintel konnten sich gebückt bewegen, Krona und Fenrir allerdings kamen nur auf allen Vieren voran. Die Fackel flackerte und rußte und warf verzerrte Schatten gegen die Wände. Krona konnte nicht mehr erkennen als das, was sich direkt vor ihr befand; wenn sie an Lomir vorbei nach vorne sah, war dort nur völlige Schwärze.

      »Lomir«, sagte sie und senkte unwillkürlich ihre Stimme. »Siehst du vor dir etwas?«

      »Nein. Ich würde, wenn die Fackel nicht wäre.«

      »Denk nicht mal dran.«

      »Ich weiß.«

      Die verrosteten Überreste der Gleise, die auf dem Boden verliefen, boten ihnen etwas Halt beim Klettern, dennoch kamen sie nur mühsam voran.

      »Ich hoffe, diese Aktion lohnt sich«, sagte Fenrir nach einer langen Weile missmutig. »Ihr wisst, was ich von dunklen Löchern halte.«

      »Du magst sie nicht«, sagte Pintel atemlos. »Aber tröste dich. Runter geht’s hier viel schneller als rauf.«

      »Stop«, sagte Lomir von vorne. »Ein Hindernis.«

      Im flackernden Lichtschein tauchte ein Gitter auf, das den Gang abriegelte. Krona, froh um eine Pause, setzte sich und stemmte die Füße gegen die Wand, um nicht abzurutschen.

      »Warum mach’ ich ein Gitter in einen Lastenaufzug?«, fragte Pintel ratlos.

      »Es ist noch recht gut erhalten«, sagte Lomir. »Neueren Datums als der Rest hier, würde ich meinen. Es ist eine Tür mit einem Vorhängeschloss.«

      »Vielleicht wurde es nachträglich eingebaut, als die Festung zum Gefängnis umgerüstet wurde«, vermutete Nardon. »Man hat den Aufzug noch benutzt, musste ihn aber ausbruchssicher machen. Auf welcher Seite hängt denn das Schloss?«

      »Auf unserer.«

      »Das stützt meine These.«

      »Trotzdem vereinfacht es die Sache nicht gerade«, sagte Krona. »Ich würde ungern umkehren. Pintel?«

      »Ich schau’s mir an. Mir fehlt zwar die Übung in letzter Zeit, aber gewisse Dinge verlernt man nicht.«

      Über Kronas Beine kletternd, schloss Pintel zu Lomir auf, kramte in seiner Gürteltasche und holte gleich darauf ein längliches Lederbündel hervor. »Ich hatte schon mit so etwas gerechnet«, verkündete er stolz. »Deshalb hab‘ ich’s mir schon mal bereitgelegt.«

      Es war eine längere Operation, die Pintel unter allerlei Verrenkungen durchführte, bis das Schloss endlich mit vernehmlichem Klicken nachgab. Hässlich knarzend schwang das Gitter auf, und sie setzten ihre Kletterpartie fort.

      Zwei Mal noch hatte Krona Gelegenheit, zu verschnaufen, während Pintel Gittertüren öffnete. Hinter der dritten schließlich endete der Tunnel in einem stillen, dunklen, feucht-muffigen Raum. Keuchend und mit schmerzenden Beinen versammelten sich die Gefährten.

      Der Raum schien nach dem Echo, das er warf, nicht sonderlich groß. Die niedrig brennende Fackel beleuchtete eine Wand, an der dunkle Haufen von etwas Undefinierbarem aufgestapelt lagen. Sandkörnchen knirschten zwischen ihren Stiefelsohlen und dem Felsboden.

      »Was ist mit dieser blöden Fackel?«, schimpfte Krona leise. »Man sieht ja rein gar nichts.«

      »Ist wohl feucht geworden«, sagte Pintel. »Warte. Ich zünde meine Laterne an.«

      Kurze Zeit später hielt Pintel das Licht hoch und ging einige Schritte in den Raum.

      »Ein Lagerraum vermutlich«, sagte er und drehte sich langsam um sich selbst.

      Die dunklen Haufen, von denen es noch weitere gab, entpuppten sich als Reste von Säcken, aus denen eine dunkle, undefinierbare Masse quoll. Gegenüber des Tunneleingangs befand sich eine lose, in den Angeln hängende Tür, daneben eine Anzahl Holzkisten, die so morsch waren, dass Lomir mit dem Stiel seiner niedergebrannten Fackel mühelos ein Loch hineinstoßen konnte.

      »Nägel«, sagte er enttäuscht. »Rostige Nägel. Freunde, ich glaube, den Goldschatz müssen wir woanders suchen.«

      »Wir suchen keinen Goldschatz«, erinnerte ihn Nardon, dessen Befindlichkeit sich spürbar verbessert hatte, seit solider Stein ihn vom Wasser trennte.

      »Aber falls wir einen finden, nehmen wir ihn trotzdem mit«, sagte Lomir fröhlich und gab der Tür einen Schubs.

      »Puh. Klingt, als wären diese Angeln seit hundert Jahren nicht mehr bewegt worden.«

      »Das trifft wahrscheinlich zu«, sagte Nardon. »Die Anlage ist riesig. Niemand, der hier alleine lebt, kann sie vollständig nutzen, und sei sein Platzbedarf auch noch so groß.«

      »Karcharoth hat nicht alleine hier gelebt«, korrigierte Pintel. »Er hatte seine Bediensteten und auch Lehrlinge bis zum Schluss. Sein letzter Lehrling hat erst bei seinem Tod die Insel verlassen.«

      »Er durfte ausbilden?«, fragte Krona ungläubig. »Ich dachte, er war ein Verbrecher.«

      »Er war ein hochbegabter Wissenschaftler«, sagte Pintel. »Wahrscheinlich der genialste Zauberer dieses Jahrhunderts. Er hat Dinge vollbracht, die vorher als unmöglich galten. Nur zielte seine Arbeit in eine Richtung, die vom Rat nicht gerne gesehen wurde, und er hat sich an die entsprechenden Verbote nicht gehalten.«

      »Rede weiter«, sagte Krona, die mittlerweile ihr Schwert gezogen hatte und sich der Tür näherte, »und der arme Kerl wird mir noch ganz sympathisch.«

      »Zauberei ist nicht gut oder böse«, erklärte Pintel, während sie einer nach dem anderen durch die Tür in den dahinter liegenden Gang traten. »Zauberei ist eine existente Kraft und dient den Moralvorstellungen des Anwenders. Dein Schwert ist ja auch nicht gut oder böse.«

      »Lass stecken«, sagte Krona und versuchte angestrengt, in den vielen tanzenden Schatten eine mögliche Gefahr auszumachen. »Ist mir jetzt zu schwierig.«

      Lang, kerzengerade und dunkel erstreckte sich der Gang vor ihnen. Links und rechts führten ähnlich morsche, zum Teil schief in den Angeln hängende Türen in weitere Lagerräume mit zerfallenen, längst nicht mehr benötigten Vorräten. Die Luft roch salzig und feucht. Sie bewegten sich nun mit äußerster Vorsicht, doch alles, was sie aufstöberten, waren Ratten, die vor ihrem Licht flohen.

      Am Ende des Ganges gelangten sie in eine hohe, dunkle Halle. Weitere Gänge führten aus ihr hinaus, und eine breite Steintreppe wendelte sich in ihrer Mitte empor.

      »Auf die Treppe«, sagte Krona. »Wir müssen hinauf in die bewohnten Teile kommen. Hier unten werden wir nichts finden.«

      Einer hinter dem anderen stiegen sie die steinernen Stufen hinauf. Lomir ging voraus, die Axt kampfbereit erhoben. Eine weitere Halle nahm sie in Empfang, in deren Weite sich ihr Licht verlor.

      »Wir sind ja immer noch unter der Erde«, sagte Pintel, legte den Kopf in den Nacken und spähte die Treppe hinauf, die aus der Halle weiter hinaufführte.

      »Sind wir nicht«, sagte Nardon. »Wir befinden uns lediglich in der Mitte dieses Turmes. Diese Halle hat keine Außenwände, deshalb gibt es kein Tageslicht.«

      »Woher weißt du das?«

      »Hab ich so im Gefühl.«

      Sie durchquerten die Halle, ihre Schritte klangen hohl in der Weite des Raumes. Zwei breite Gänge führten von hier weiter ins Innere der Festung.

      »Die Luft ist besser hier«, sagte Fenrir, der an der ersten Gangmündung stehen geblieben war und schnupperte. Seine gelben Augen leuchteten im Fackelschein. »Lasst uns hier entlang gehen.«

      Sie bogen in den Gang ein und schauten hinter die erste Tür in einer langen Reihe, deren einst stabiles Holz von der salzigen Seeluft zerfressen war. Fernes Möwengeschrei empfing sie, und durch einen schmalen Schlitz in der Wand fiel trübes Tageslicht. Der Boden war bedeckt von Federn, Eierschalen und Vogelkot.

      »Ein alter Nistplatz«, sagte Fenrir.