EQUALIZER. Michael Sloan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Sloan
Издательство: Bookwire
Серия: Equalizer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354616
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Telefonnummer auf der Rückseite der Karte. »In all den Jahren gab es immer mal wieder Momente, da hätte ich mir gewünscht, diese Nummer zu haben.«

      »Jetzt hast du sie«, sagte McCall.

      Der Aufzug kam an. Er trat hinein, drückte auf den Knopf für den sechsten Stock und die Tür schloss sich langsam. Sam Kinney steckte die Karte in die Brusttasche seines Liberty-Belle-Hotel-Blazers. Mrs. Gilmore kämpfte sich gerade mit ihrem weißen Pudel im Schlepptau wieder in die Lobby. Der Hund sah aus, als würde er am liebsten auf die Aufzugtür zurennen, bevor sie sich schließen konnte. McCall registrierte, wie Sam Kinneys Gesicht sich zu einem fröhlichen Grinsen verzog, als er die alte Dame und ihren Hund sah.

      Margaret wartete auf McCall vor Zimmer Nummer 602. Der Korridor war nur spärlich beleuchtet. Der Teppich hatte seine besten Tage bereits hinter sich. McCall nahm von ihr die Schlüsselkarte entgegen und steckte sie in den Schlitz. Man hörte ein Surren und ein grünes Licht ging an. Er betrat den Raum, machte aber das Licht nicht an, und verschwand im Inneren. Margaret stand nervös herum und hatte immer noch Angst. Nach ein paar Momenten kam er zur Tür zurück. Er nahm Margarets Arm, führte sie behutsam hinein und schloss die Tür. Er betätigte den Lichtschalter. Lampen auf beiden Seiten eines Schreibtisches gingen an. Zwei Lampen standen links und rechts neben dem Queen-Size-Bett auf Nachttischen und eine Stehlampe mit Glasschirm an einem Fenster. Margaret trat sofort an die Scheibe und sah nach draußen. Regen besprenkelte das Glas. Aus Richtung New Jersey kam leiser Donner.

      »Ich habe nichts dabei«, sagte sie.

      »Ich bringe dir morgen früh ein paar Toilettenartikel und Kleidung.«

      Ein Klopfen an der Tür. McCall machte auf. Sam Kinney trug ein Tablett mit der Brandsalbe und einem Whisky-Kristallglas, gefüllt mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.

      »Zimmerservice«, sagte er ironisch. »Angenehmen Aufenthalt.«

      Er machte die Tür zu. McCall wandte sich wieder dem Mädchen zu.

      »Setz dich aufs Bett und zieh das T-Shirt aus.«

      Sie sah ihn an, setzte sich dann auf den Rand des Queen-Size-Betts und zog das T-Shirt über den Kopf. McCall nahm neben ihr Platz und öffnete die Noxzema-Tube. Vorsichtig verrieb er ein wenig lindernde weiße Salbe auf den Zigarettenbrandwunden ihrer Brüste. Sie sah ihm dabei zu und wimmerte nur wenig.

      »Zieh die Jeans aus.«

      Sie machte den Gürtel auf, öffnete den Reißverschluss der Jeans und zog sie zusammen mit ihrem Höschen bis knapp unter die Knie herunter. Sachte rieb er Noxzema-Brandsalbe auf die Zigarettenbrandwunden über ihrem Schamhaar.

      »Mach das noch mal, bevor du ins Bett gehst.«

      »Ich mag, wie du es gemacht hast.«

      »Ich hatte schon Sorge, es würde dir was ausmachen.«

      Er stellte das Glas Noxzema auf den Nachttisch und stand auf. Sie zog ihr Höschen hoch. Dann schaute sie auf ihre Beine, als wären ihr die Einstichwunden peinlich. Sie zog die Jeans hoch und stand auf.

      »Ich will clean werden. Ich hab nichts mehr gefixt, seitdem du mich aus der Gasse gezogen hast.«

      »Muss hart sein.«

      Sie zog ihr T-Shirt wieder an. »Ja, gestern Nacht hab ich schlimm gezittert. Aber ich hab’s ausgehalten.«

      McCall nickte. Sie stand etwas unbeholfen neben dem Bett.

      »Bleibst du heute Nacht bei mir?«

      »Das wäre keine gute Idee.«

      Sie presste die Hände zusammen.

      »Ich will mich bei dir bedanken. Ich weiß nicht, wie. Sex ist alles, was ich habe. Ich hab für zehn Dollar Blowjobs verteilt, seit ich zwölf bin. War sehr beliebt in der Schule.«

      »Kann ich mir vorstellen.«

      »Das war immer so was wie meine Nabelschnur. Magst du Frauen?«

      »Klar.«

      »Nur nicht diejenigen, die wie eine Gemeinschaftszahnbürste rumgereicht werden«, sagte sie verbittert. »Du glaubst, ich bin ekelhaft.«

      »Ich glaube, du bist verletzt und musst dich erst einmal erholen.«

      »Wieso? Wieso sollte jemandem was an mir liegen? Ich bin es nicht mal wert, dass du deinen Hosenschlitz aufmachst und mir ins Gesicht pisst.«

      »Wer hat das getan?«

      »Einer von den Freiern. Er hat gesagt, eine Golden Shower würde mir mein schmutziges Maul auswaschen. Ich hab J. T. erzählt, was das Schwein mit mir gemacht hat, und er hat gelacht. Er hat gemeint, ich bin eine Nutte, mit der jeder machen kann, was er will. Mein Körper gehöre ihm und denen. Ich bin nicht wert, gerettet zu werden.«

      Sie schluchzte plötzlich zitternd. Sie klappte zusammen, als würde es ihr körperliche Schmerzen bereiten, und setzte sich wieder auf das Bett. McCall setzte sich neben sie. Legte die Arme um sie.

      »Jeder ist es wert, dass man ihn rettet.«

      »Selbst du?«

      »Vielleicht.«

      »Niemand tut so was umsonst. Was willst du von mir?« Sie drehte in seinen Armen den Kopf und sah zu ihm auf. Ihre Augen wirkten flehentlich. »Was willst du?«

      »Dass du sicher bist.«

      »Aber wieso du

      »Wieso nicht?«

      »Das ist keine Antwort.«

      »Es gibt einen tollen Film aus den Sechzigern, Zulu. Das war Michael Caines erste Rolle. Ein Regiment britischer Truppen ist in einem abgelegenen afrikanischen Posten namens Rorke’s Drift von 2.000 Zulu-Kriegern umzingelt. Sie sehen dem sicheren Tod ins Angesicht. Ein junger Soldat bricht zusammen und fragt seinen Color Sergeant – ich kann mich nicht an Namen des Schauspielers erinnern, aber er war toll – Wieso wir, Color Sergeant? Wieso wir? Der Color Sergeant sieht auf ihn herab und sagt leise und ruhig: Weil wir hier sind, Junge. Ich war da, das ist alles.«

      »Du hättest einfach weitergehen können. Aber das bist du nicht.« Sie lächelte durch ihre Tränen. »Deswegen bist du mein Schutzengel.«

      »Wenn du Glück hast, dann werde ich nicht lange Teil deines Lebens sein. Bleib in diesem Zimmer. Verlass es auf keinen Fall. Mach nicht die Tür auf, außer ich bin es oder Sam Kinney, das ist der Manager. Er ist ein alter Freund. Verstanden?«

      »Klar.«

      »Nicht in der Nacht davonlaufen, weil du glaubst, die Dunkelheit verschluckt dich. Das tut sie nicht. Sie schlägt dir nur aufs Gemüt.«

      »Okay.«

      Er wischte ihr zärtlich die Tränen vom Gesicht.

      Sie packte seine Hand.

      »Ich bin ein echt toller Fick.«

      McCall brach in Gelächter aus. »Das glaub ich dir aufs Wort.«

      »Hast du jemand Besonderen?«

      Er musste sofort an Elena Petrova denken. Er hatte sie seit mehr als drei Jahren nicht gesehen, aber sie war immer da, schwebte in einem Winkel seines Geistes, ihre bildhübschen Augen lächelten ihn an.

      »Es gab da mal jemanden. Das ist lange her.«

      »Siehst du sie nicht mehr?«

      »Nein.«

      »Das tut mir leid.«

      »Mir auch.«

      »Wann kann ich den Scotch haben?«

      »Direkt bevor du ins Bett gehst. Kipp ihn nicht einfach runter. Das ist eine gute Marke. Nippe ihn. Dann fühlst du dich besser. Der hilft dir beim Einschlafen.«

      Sie streckte die Hand nach oben und berührte sein Gesicht. »Kann ich dich küssen?«, flüsterte sie. »Nur leicht, auf die Lippen?«