EQUALIZER. Michael Sloan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Sloan
Издательство: Bookwire
Серия: Equalizer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354616
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schnappte sich das Frisbee vom Lehnstuhl, warf es mit tödlicher Präzision nach Sydney und erwischte ihn an der Kehle. Der kleine Mann würgte, ließ das Stück Kette fallen und fiel auf die Knie.

      McCall nahm Sherlock Holmes Band 1 aus dem untersten Regalbrett, als er merkte, dass Big Gertie auf ihn losstürzte. Er schnappte das verzierte Lesezeichen in Dolchform, das eine Seite in Der Hund von Baskerville markierte, und stach es Big Gertie ins linke Auge. Der stürzte auf die Knie und ließ den Baseballschläger fallen. McCall erwischte den Schläger, bevor er auf den Boden knallte, und hämmerte ihn Big Gertie über den Schädel, wobei er einen Teil des Hirns mit aus dem Schädel beförderte.

      Dann sprang McCall über die Couch, nahm die Kopfhörer, die neben dem Laptop auf dem Couchtisch lagen, und wickelte das Kabel um Sydneys dürren Hals. Er rammte ihm ein Knie in den Rücken und zwang ihn nach unten. Dann zerrte er seinen Hals nach hinten, bis Sydneys heftiges Zappeln aufhörte. McCall ließ ihn los. Er ging zu Boden und bewegte sich nicht.

      McCall holte tief Luft und atmete langsam aus.

      Er blieb einen weiteren langen Moment still stehen.

      Die Kopfhörer ließ er wieder auf den Couchtisch fallen, neben den Stapel DVDs. Er hob das Frisbee auf und warf es zurück auf seinen Platz auf dem Lesesessel. Dann zog er das Dolchlesezeichen aus Big Gerties Auge. Die zerschmetterte Schüssel und die M&Ms ließ er liegen. In der Küche waren noch andere Schüsseln und die M&Ms schmeckten schon ein wenig alt.

      Dann sah er die panische junge Frau auf der Couch an. Sie bewegte sich nicht. Sie atmete kaum. Starrte ihn nur an, als könne sie kaum glauben, was sie eben gesehen hatte. Oder eher vage mitbekommen hatte.

      Er nahm das Obstmesser vom Boden, setzte sich auf die Couch und zog das Gaffertape behutsam vom Mund des Mädchens. Sie schnappte nach Luft. Er hob das Obstmesser und sie wich zurück. Immer noch sehr vorsichtig schnitt er das Gaffertape um ihre Knöchel ab, dann von den Handgelenken hinter ihrem Rücken, sorgfältig darauf bedacht, nicht ihre Haut zu ritzen. Sie rieb die Handgelenke, zitterte nun, aber schlackerte nicht.

      »Sind sie tot?«

      »Ja.«

      »Du hast gar nicht ihren Puls gefühlt.«

      »Sie sind tot. Wo sind deine Klamotten?«

      »Big Gertie hat mich ausgezogen und sie da mit reingenommen.«

      Sie zeigte auf das Schlafzimmer. McCall stand auf, ging ins Schlafzimmer und sah ihre Kleidung, die aus einem Höschen, Jeans, einem Boston-Red-Sox-T-Shirt und Sandalen bestand und auf sein Bett geworfen war. Zuerst ging er ins Bad und inspizierte die Seite seines Kopfes. Big Gertie hatte kaum gezielt. Er hatte einfach einen heftigen Schwinger vollführt. Der war seitlich von McCalls Schädel abgerutscht. Wenn der Zuhälter ein wenig genauer auf die Mitte seines Kopfes gezielt hätte, dann wäre McCall jetzt hirntot.

      Er machte einen Waschlappen nass und wischte das getrocknete Blut ab, besonders um sein linkes Auge. Die Platzwunde war tief. Er öffnete das Medizinschränkchen, nahm Jod heraus, schüttete es auf einen Wattebausch, den er einem Glas entnahm, und presste ihn auf die Wunde. Es brannte wie die Hölle. Dann ging er zurück ins Schlafzimmer.

      Er nahm den Wattebausch von der Wunde und sah in den Spiegel. Das Blut gerann bereits. Es sah hässlich aus, aber es hatte ihn schon schlimmer erwischt. Er warf den Wattebausch in einen Abfalleimer, nahm Margarets Anziehsachen vom Bett und ging zurück ins Wohnzimmer.

      Margaret saß mittlerweile aufrecht, die nackten Füße auf dem Boden. Sie starrte hinab auf J. T., dessen Blut immer noch aus der durchtrennten Halsschlagader lief.

      »Er hat mich immer wie Scheiße behandelt.«

      »Jetzt nicht mehr.«

      McCall ließ ihre Sachen auf die Couch fallen und die Sandalen davor. Sie zog ihr Höschen an und das Boston-Red-Sox-T-Shirt über den Kopf. Sie schlüpfte in die Jeans und stand auf, machte den Reißverschluss zu. Die Füße steckte sie in die Sandalen und sah ihn an.

      »Der fette Wichser hat dich ganz schön erwischt. Die Platzwunde sieht schlimm aus.«

      »Es geht schon.«

      Er nahm ihren Arm.

      »Die wissen, wo ich wohne«, sagte sie ängstlich.

      »Die wissen gar nichts mehr. Zumindest nicht über dieses Leben.«

      »J. T. hat noch andere Freunde.«

      »Was hast du zu Hause, ohne das du nicht leben kannst?«

      Sie zuckte mit den Achseln. »Nicht viel.«

      »Gut. Du gehst nicht nach Hause.«

      »Ich weiß nicht, ob ich so gut laufen kann. Die haben mich zusammengeschlagen. Ich kann schwer atmen.«

      »Ich stütze dich.«

      »Müssen wir jetzt gleich gehen? Vielleicht können wir ein paar Minuten warten? Nicht hier drin – mit denen. Vielleicht in deiner Küche?«

      »Ich weiß nicht, ob die irgendein Back-up hatten. Ich weiß nicht, ob J. T. – so heißt er doch?« Sie nickte. »Ob er jemanden anrufen wollte, wenn es vorbei ist. Um unsere Leichen zu entsorgen. Das hätten die nicht selbst gemacht.«

      »Was wirst du mit deren Leichen machen?«

      »Ich räume später auf. Du musst mir vertrauen, Margaret. Ich werde dich wohin bringen, wo du sicher bist. Wo dich niemand aus J. T.s Welt finden kann. Okay?«

      Sie nickte. Plötzlich streckte sie die Hand aus und berührte sein Gesicht. Er stöhnte.

      »Du bist verletzt.«

      »Lass uns gehen.«

      »So wie du dich bewegt hast. Was du mit denen gemacht hast. Das war der Hammer.«

      »Es war notwendig.«

      »Wer zur Hölle bist du?«

      Er antwortete nicht.

      »Ich will bei dir bleiben«, flüsterte sie.

      »Du hast doch eine Familie irgendwo, die dich vermisst.«

      »Denen bin ich scheißegal.«

      »Da könntest du falschliegen. Es ist kalt draußen. Ich hol dir eine Jacke.«

      Sie nickte und er verschwand im Schlafzimmer. Sie sah nicht auf die drei Leichen um sie herum. Stattdessen ballte sie nur die Hände zu Fäusten und schloss die Augen.

      Natalya saß an einem leeren Schachtisch in einer Ecke des Washington Square Park. Während des Tages und am frühen Abend waren sie immer voller lebhafter Männer und Frauen, die spielten, als würde die ganze Welt ihnen zuschauen. Aber so spät nicht mehr. Es waren keine Schachfiguren auf irgendeinem der Tische. Sie fragte sich, wo die in der Nacht hinkamen? Irgendwo verstaut, um am nächsten Tag für Freunde und Fremde wieder ausgepackt zu werden, zu einem erneuten Wettstreit. Sie mochte die Idee von Schach, immer einige Züge vor dem Gegner zu sein. Sie konnte spielen, sogar gut, aber keiner wusste es. Niemand hatte sich je die Mühe gemacht, ihren IQ zu messen. Sie war recht sicher, dass er ziemlich hoch war, aber das änderte auch nichts. Nur ein weiteres Geheimnis, das in ihrer abgeschiedenen Welt verschlossen war.

      Sie sah in Richtung des Washington Arch, der sich als Silhouette vor dem Nachthimmel erhob. Irgendwie fand sie das immer beruhigend. Ihr Tor zu einem neuen Leben. Da waren zwei Statuen von George Washington in Alkoven, eine als Soldat, die andere als Amerikas erster Präsident. Sie dachte an einen britischen Magier und Komödianten, den sie einmal mit ihrer Mutter in einem Nachtklub in Moskau gesehen hatte. Sie erinnerte sich an seinen Namen: Nick Lewin. Er war sehr lustig gewesen. Über George Washington hatte er gesagt: »Ein englischer Soldat, ging AWOL, aber hat was aus sich gemacht.« Ihre Mutter hatte ihr erklärt, dass AWOL »Absent Without Leave« heißt, und dann hatte sie geduldig erklärt, was Absent Without Leave bedeutete, als wäre sie ein achtjähriges Kind. Aber das war schon okay. Es war eben die sanfte Art ihrer Mutter. Natalya erinnerte