PRIMORDIA 3 - RE-EVOLUTION. Greig Beck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Greig Beck
Издательство: Bookwire
Серия: Primordia
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354890
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dass etwas Ungewöhnliches im Gange war.

      Hinten in dem Lieferwagen sammelten sich nun Tränen in Aziz Augen. »Werdet ihr mich töten?«

      Chess schüttelte den Kopf. »Nein … wir liefern dich nur den Maghadams aus. Die werden dich dann töten.«

      Kapitel 12

      »Deswegen nennen wir es ein Zeit-Paradoxon«

      Emma lehnte sich nach vorn. »Helen, du hast gesagt, dass wir etwas in der Vergangenheit gemacht haben, und wir damit die Regeln gebrochen haben … was soll das heißen?«

      »Manche nennen es den Schmetterlingseffekt«, erklärte Helen.

      »Du meinst, dass ein einziger Flügelschlag eines Schmetterlings eine Kettenreaktion auslösen kann, die zum Beispiel in einem Hurrikan endet?«, fragte Emma. »Meinst du diese komische Theorie?«

      »Das kann man zwar so sagen, aber es steckt in Wirklichkeit eine mathematische Grundlage dahinter«, sagte Helen. »Sie kommt aus der Chaostheorie und wurde für Wettermodelle eingesetzt, um die Richtung von Tornados analysieren zu können. Man kann sie auf alles anwenden, das sich von einer Minute auf die nächste ändern kann, und dazu gehört natürlich auch die Zeit.«

      Helen lehnte sich nach vorn und schnappte sich ihre Kaffeetasse, nahm einen Schluck und ließ ihre Hand wieder sinken, wobei sie allerdings weiter in das tiefschwarze Gebräu starrte. »Ich habe bereits einige Nachforschungen angestellt, als ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass etwas passiert ist.« Sie stellte die Tasse auf den Tisch.

      »Es gibt viele Theorien, wie den Großvater-Effekt, Vorherbestimmung, Zeitschleifen und den sogenannten Femi-Effekt. Im Grunde genommen widersprechen sich einige dieser Theorien, und manche sagen sogar aus, dass es vollkommen egal ist, was jemand in der Vergangenheit macht, da es keine Auswirkungen auf die Zukunft hat. Andere sagen, man kann überhaupt nichts in der Vergangenheit ändern, dazu gehört zum Beispiel der Großvater-Effekt.«

      »Man kann zum Beispiel nicht in der Zeit zurückreisen und seinen eigenen Opa töten«, sagte Drake, »denn wenn du das machen würdest, hättest du nie existiert und könntest ihn deswegen nicht töten, stimmt's?«

      »Genau. Eine andere Theorie, die die Absurdität des Ganzen deutlich macht, ist die Unmöglichkeitsschleife.« Sie legte eine Hand auf Drakes Unterarm. »Sagen wir mal, eine alte Frau gibt einem jungen Mann eine Uhr. Er reist in der Zeit zurück und gibt der alten Frau, die dann noch ein junges Mädchen ist, die Uhr. Das Mädchen wird alt und gibt die Uhr irgendwann dem Mann. Aber wo ist die Uhr dann ursprünglich hergekommen?«

      »Davon kriege ich ja jetzt schon Kopfschmerzen«, sagte Drake.

      »Deswegen nennt man es ein Zeit-Paradoxon«, erwiderte Helen lächelnd. »Aber eines ist sicher: Irgendwas, das wir gemacht haben, oder das Andy vielleicht gemacht hat, hat unsere Version der Zeit verändert, und jetzt haben wir den Salat.«

      »Es ist so, wie eine Reihe Dominosteine, die in der Vergangenheit angestoßen werden und nun bei uns ankommen.«

      »Genau. Der erste Dominostein kann noch winzig klein gewesen sein, doch er kann einen etwas Größeren umstoßen und so weiter, bis wir schließlich bei riesigen Veränderungen landen.«

      Drake legte die Stirn in Falten. »Okay, aber sagen wir mal, man tötet vor Hundert Millionen Jahren ein paar Tiere, fällt einen Baum oder isst ein paar Beeren und Nüsse. Wo ist das Problem? Ist ja nicht so, dass das dann die letzten ihrer Art sind.«

      »Verstehst du es wirklich nicht?«, fragte Ben seufzend. »Das ist doch genau das Ding. Vielleicht vernichtest du genau die eine Pflanze, die ihrerseits eine Kettenreaktion begonnen hätte.«

      Helen legte die Hände zusammen. »Genau so funktioniert der Domino-Effekt. Stell dir mal vor, du gehst hunderttausend Jahre zurück und isst eine Beere. Wenn du das nicht gemacht hättest, hätte vielleicht ein Käfer diese Beere gegessen und das hätte ihn vor dem Verhungern gerettet. Dann hätte diesen Käfer später ein Vogel gegessen, der ohne diese Mahlzeit keine Eier in diesem Jahr hätte legen können, und diese Eier hätten eine ganze Familie von Urmenschen ernährt.« Sie rieb sich die Stirn und fuhr fort. »Die Familie hungert daraufhin und bekommt in diesem Jahr kein Kind, dabei wäre dieses Kind ein großartiger Anführer geworden und hätte einen Stamm gegründet, der nun niemals existieren wird. Das könnte die gesamte Welt verändern.«

      Ben strich sich durch die Haare. »Und jetzt multipliziere das mit Tausend, indem du hundert Millionen Jahre zurückgehst.«

      »Genau«, sagte Helen leise. »Selbst durch winzige Eingriffe können gesamte Spezies aussterben und eine andere nimmt ihre Rolle ein. Daraufhin kann eine komplett alternative Zukunft entstehen.«

      »Um Himmels willen«, flüsterte Drake und stand auf. Er überlegte. »Aber warum passiert das gerade jetzt? Es ist doch nichts von alldem passiert, als Ben dort war.«

      Einen Moment lang schwiegen alle und hingen ihren eigenen Gedanken nach.

      »Vielleicht … äh …« Ben zog die Schultern hoch. »Vielleicht hat es etwas mit Schlüsselmomenten zu tun. Vielleicht waren die Dinge, mit denen ich interagiert habe, alle nicht wichtig … also kein Schlüssel für unseren Zeitstrahl.«

      »Anders kann ich es mir auch nicht erklären«, stimmte ihm Helen zu. »Manche Spezies, und bestimmte Tiere, sind entscheidend für unsere Zeitebene. Vielleicht hat man tausendmal Glück, oder auch hunderttausendmal, aber dann isst du die eine Beere oder tötest den einen Vogel, der wirklich wichtig gewesen wäre.« Sie schaute auf. »Der ein Schlüsselmoment in unserer Geschichte gewesen wäre.«

      »Na toll«, presste Drake hervor. »Okay, ich habe aber noch eine Frage. Warum betreffen uns diese Veränderungen hier in den USA, wenn wir doch in Südamerika waren?«

      »Das sind auf jeden Fall globale Effekte«, erklärte Helen. »Mal abgesehen von der Verschiebung der Kontinentalplatten, waren die Meeresspiegel in den vergangenen hundert Millionen Jahren viel niedriger. Es gab Landverbindungen zwischen Afrika, Asien, Europa und uns. Tiere und Pflanzen konnten sich daher hin- und herbewegen.«

      »Wir müssen uns wahrscheinlich einfach an die Veränderungen gewöhnen«, meinte Emma. »Vielleicht ändert sich ja auch einiges zum Guten. Vielleicht werden wir Menschen weniger kriegerisch, vielleicht wird es weniger Krankheiten geben, bessere Nahrung … wir müssen einfach abwarten und schauen.«

      Helens Augen wurden glasig. »Oder wir hören vielleicht einfach auf, zu existieren.« Sie lächelte Emma müde an. »Eine neue Krankheit könnte entstehen, oder ein neues Raubtier. Oder vielleicht entscheiden wir uns, niemals unsere Bäume zu verlassen.«

      »Wir könnten auch komplett verschwinden«, warf Drake ein. »Unsere menschliche Rasse könnte sich vor unseren Augen auflösen. Eine Person nach der anderen.«

      »Dann sind wir vielleicht die einzigen Menschen auf der Welt, denen das auffällt«, sagte Ben missmutig. Erneut spürte er, wie ein Kribbeln durch seinen Körper lief und verzog das Gesicht. Er sah, wie Drake und Helen sich ansahen, und Emma legte ihm eine Hand auf die Schulter, bevor alles für eine Sekunde dunkel wurde.

      »Oh Gott, schon wieder!« Emmas Griff wurde fester, sodass es Ben beinahe wehtat.

      »Ja, ich habe es auch gespürt.« Drake richtete sich auf. »Was ist denn dieses Mal passiert? Was ist verschwunden, oder was ist dazu gekommen?«

      Emma sah Ben an und er schaute zurück … sie dachten offenbar an das Gleiche. Sofort sprang Emma auf und rannte zur Treppe.

      »Zach?« Sie nahm drei Stufen auf einmal »Zach?«

      Ben stand auf, starrte in Richtung der Treppe und merkte, wie sich ihm der Magen umdrehte. Er schickte ein stummes Gebet zum Himmel.

      »Was denn?«, erklang jetzt eine gedämpfte Antwort aus dem Kinderzimmer. Ben atmete aus und bemerkte erst jetzt, dass er unwillkürlich die Luft angehalten hatte. Langsam setzte er sich wieder hin.