Waypoint FiftyNine. Sandra Florean. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sandra Florean
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783945230503
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Barhocker auf Alfredo einprügelte.

      »Das ist für Heidi-Katharina!«

      In seinem Mantel glühte etwas, das sie nur durch den Schleier sehen konnte. Vier kleine Kugeln, in die ihre Macht strömten und sie belebten.

      Kleine Kugeln? Was hatte er in seinem Mantel gehabt, das sie wiederbeleben könnte? Da waren doch nur Knochen gewesen und …

      Maden!

      Cornelius schrie auf und stolperte rückwärts. Hektisch schälte er sich aus seinem Mantel und schmiss ihn zu Boden. »Hexerei!«, quiekte er.

      Das Schott ging auf und ein zerfetzter Gulgolianer wankte herein.

      »Virginio, schwing endlich deinen hübschen Hintern hier rüber und verriegele das Schott! Ich mache das bestimmt nicht alles alleine!«, rief Mora vom Eingang her, drosch mit einem Wischmopp nach dem Gulgolianer und beförderte ihn mit einem gekonnten Schubser zurück in den Korridor.

      Virginio hechtete zur Wand und schlug auf einen Notfallknopf. Sofort schloss sich das Schott. Nun pochte es von außen dagegen. Natürlich. Die Toten versuchten, zu Kay zu gelangen, denn Kay war ihre Meisterin. Sie strömten deshalb in ihre Nähe.

      Konzentrier dich!

      Weder die Maden noch die lebenden Toten im Korridor waren der Selbstauslöser für Kays amoklaufenden Nekromantenkräfte, sie waren lediglich das Ergebnis. Was sie finden musste, war die Ursache.

      Kay krabbelte auf ihren Barhocker und richtete sich auf. »ETWAS MUSS HIER SEIN!«, brüllte sie und fuchtelte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Endlich sah man zu ihr, endlich bemerkte man sie. »In diesem Raum! Hier muss etwas sein, etwas Altes, etwas MÄCHTIGES, was nekromantische Kräfte eskalieren lässt! Wir müssen es finden!«

      Dong! Dong! Dong!, pochte es gegen das Schott.

      »Führt jemand so etwas bei sich?«, fragte Kay mit erhobener Stimme.

      Es gab keine eindeutige Reaktion auf ihre Anfrage. Eher panisches Gemurmel, weil ihr Nekromantenauge inzwischen für jeden sichtbar glühte.

      »Oh Scheiße«, grunzte Alfredo vom Boden.

      Cornelius stupste derweil mit einem abgebrochenen Stuhlbein seinen Mantel an.

      Prompt leuchteten ungefähr vier kleine Lichtbälle darunter neongrün auf und stoben aus dem Mantel wie ein Schwarm Motten. Scherben glitzerten auf dem Boden, rund um den zerknitterten Stoff. Die Maden waren frei.

      »DIE MADEN!«, kreischte Cornelius.

      Nun schrien alle durcheinander und warfen sich zu Boden.

      Dong! Dong! Dong!, rumste es immer wieder am Eingang.

      »Aggressive Besucher im Ringkorridor«, warnte weiterhin der geduldige Security-Jack durch den Lautsprecher.

      »Leute, ich könnte Hilfe gebrauchen!«, meldete sich Nova aus einem Lautsprecher hinter dem Tresen. »Die wollen mich beißen.«

      Kay konnte nicht sehen, wo der Lautsprecher angebracht war, vermutlich hinter einer der Flaschen oder zwischen den Artefakten, die die Wände verschönerten, damit es hier drin nicht ganz so abgeranzt …

      Moment!

      Die Artefakte an der Wand.

      Kay stieg vom Barhocker auf den Tresen, um besser sehen zu können.

      Während alle von dem Schott zurückgewichen waren, raste Cornelius nun wie von Sinnen darauf zu. »Lasst mich raus! Lasst mich raus! Lasst mich raus!«

      »Spinnt der?«, fragte Virginio, der hinter dem Tresen kauerte und dort gerade eine kleine Elektroschockpistole aus einer Schublade zog, was Kay von ihrem neuen Aussichtposten sehr gut sehen konnte. »Und was machen Sie da oben? Runter. Da fliegen Maden durch die Luft! Glühende Maden!«

      »Ich weiß, die reagieren auf mich. Halb so wild. Die sind nur wiederbelebt, keine große Sache«, erklärte Kay ruhig. »Also eigentlich sind sie tot. Das ist zwar irgendwie eklig, aber ungefährlich.« Jedenfalls hoffte sie das.

      Ihr Blick blieb am verglasten Schleimautogramm des berühmten Space-Tentakel-Rockstars Eddie Poe hängen, das in einem Rahmen zwischen den anderen Artefakten deutlich herausstach.

       Es muss hier sein!

      Sie hüpfte vom Tresen und rannte zur Wand. Doch sie war zu klein, deshalb krabbelte sie auf den nächsten Tisch und sprang von Tischplatte zu Tischplatte, stieß dabei Bierkrüge und Whiskeygläser zu Boden und schlitterte durch Wodkapfützen. Hier an den Wänden musste etwas hängen, ein Artefakt, ein Gegenstand, ein unscheinbares Etwas, von dem nie jemand bemerkt hatte, dass es magische Fähigkeiten besaß, weil in so einer Spelunke normalerweise keine Nekromanten verkehrten. Nur was war es? Wo war es, verdammt nochmal?

      »Die Maden … sie sind verseucht!«, grunzte Alfredo. Dieser hatte sich endlich wieder aufgerappelt und schlug nun mit den Resten des zertrümmerten Barhockers nach einer schwirrenden Made.

      »Das ist alles deine Schuld!«, brüllte Cornelius irgendwo hinter Kay Alfredo an. »Crandall ist nicht aufgetaucht! Und jetzt sterben wir wegen ein paar pestverseuchten Maden!«

      »Pestverseucht?«, keuchte Virginio und riss die Augen auf.

      Jetzt schrien alle und rannten in die Ecken der Kneipe, bewaffnet mit allem, was sie fanden. Der Bestatter zermatschte mit seinem Bierkrug eine Made auf dem Tresen und kicherte.

      Und da sah Kay sie. Die Maske.

      Sie war aus Holz, echtem Holz, wie es nur vor langer Zeit auf der Erde gewachsen war. Klein, nicht größer als ein Kindergesicht. Zwei Augenschlitze, faseriges Holz, bröckelig. Mit schwarzer Farbe waren Zeichen auf das Holz geschmiert. Verblichen. Schlicht. Unauffällig.

      Eine Nekromantenmaske.

      Kay riss sie von der Wand, schmiss sie zu Boden und sprang noch zusätzlich vom Tisch direkt auf die Holztrümmer.

      Das Holz knackte und splitterte zu allen Seiten. Eine magische Druckwelle zischte durch den Raum.

      Die Maden fielen zu Boden, ihr Glühen erstarb.

      Das Pochen an der Tür verstummte.

      Ihr Kopf implodierte. Der rote Schmerz rollte über Kay hinweg und riss sie mit sich.

      Ihre Knie gaben nach und der Boden kippte ihr entgegen.

      »Hör auf, mich mit diesem blöden Thema zu nerven! Ich kenne keine Erotik-Androiden, Susi!« Cornelius. Direkt neben ihr.

      Kay schnappte nach Luft und öffnete die Augen.

      Virginio grinste sie breit an. »Na also, da ist sie wieder.« Er verschwand aus ihrem Blickfeld.

      Mit rasendem Herzschlag setzte sie sich auf.

      In der Bar war es ruhig. In der Ecke spielten drei Trolle mit dem rauchenden Einhorn Billard, ein Bierbrunnen zockelte vorbei. Die meisten Tische waren besetzt. Mora kehrte mit trägen Bewegungen den Boden und gähnte, während ihr Zwilling an einem Tisch Gläser abräumte.

      »Endlich aufgewacht?« Cornelius beugte sich zu ihr. Er klang erstaunlich nüchtern.

      »Die Maden … die Toten … Alfredo … was ist passiert?« Als sie umgekippt war, war die Situation hier noch weniger friedlich gewesen.

      »Die Toten sind wieder gestorben, als du bewusstlos geworden bist«, erklärte Cornelius. »Und die Lady da drüben hat Alfredo und seine Leute rausgeschmissen.« Er deutete zu Nova hinüber, die mürrisch an ihrem Flachmann nippte. »Die Maden sind leider zu Asche zerbröselt, als sich der Zauber gelegt hatte, was bedeutet, dass ich sie nicht mehr verkaufen kann.«

      Das war normal. Gewebe zerfiel nach einem nekromantischen Akt. Die Gulgolianer hatten sicherlich eine ziemliche staubige Sauerei im Korridor hinterlassen. Sie fragte besser gar nicht danach.

      »Das, äh, also … ich würde ja sagen, das tut mir leid, aber da die Viecher anscheinend verseucht