Waypoint FiftyNine. Sandra Florean. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sandra Florean
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783945230503
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ein. Der Himmel über uns war wolkenlos blau, die Ebene offen und weit und ich wollte gerade meinen Handscanner ziehen, da krachte es markerschütternd.

      Im nächsten Augenblick brach der Boden unter meinen Füßen weg. Ich ließ den Scanner fallen, warf mich zur Seite. Ich streckte mich nach dem Rand der frischen Klippe, erreichte ihn gerade so mit den Fingerkuppen, und krallte mich fest. Der scharfe Stein schnitt mir in die Haut, und dann riss so unvermittelt mein eigenes Körpergewicht an mir, dass ich um ein Haar den Halt verloren hätte.

      Wären der Captain und unser Wissenschaftsoffizier nur ein klein wenig langsamer gewesen, ich wäre in den sicheren Tod gestürzt. Sie packten mich bei den Armen, zerrten mich hoch und von der Kante fort. Und während ich noch dabei war, meine Blessuren zu zählen, verkündete der Wissenschaftsoffizier großspurig, dass die Felsstruktur instabil sei und wir beim Abstieg aufpassen sollten.«

      Rex nahm einen großen Schluck Glühbier. »Na, da hast du aber Glück gehabt.«

      »Glück, ja?«, fragte der Kerl. »Ich bin es leid, diese Art von Glück zu haben. Weißt du, wer ich lieber wäre als der Kerl, der wie durch ein Wunder bei jeder Katastrophe mit seinem Leben davonkommt? Ich wäre gern der Kerl, der gar nicht erst in die Katastrophe hineingerät!«

      »Schon klar.«

      »Du glaubst immer noch, ich bilde mir das ein, nicht wahr? Blähe eine kleine Pechsträhne künstlich auf?«

      »Na ja …«

      »Dann pass auf und zieh dich warm an! Es ging noch weiter auf Hrolimi III

      Rex zuckte die Schultern und trank sein Bier.

      »Wir fanden einen schmalen Pfad im Fels und verließen das Plateau. Große Steinspitzen schützten uns vor unliebsamen Blicken und die Handscanner zeigten die Signatur eines gelandeten Raumschiffs und nicht weit davon mehrere Lebenszeichen an, gut fünfhundert Meter entfernt in einer Höhle. Das mussten sie sein. Die Prinzessin und die Piraten.

      Der Captain ging voraus. Mit vorsichtigem Tritt prüfte er immer wieder den Untergrund. Alles stabil. Ich begann gerade, mich wieder sicher zu fühlen, da zischte etwas durch die Luft. Verwirrt sah ich mich nach der Ursache um, konnte aber nichts entdecken, nur Fels. Noch ein Zischen. Näher diesmal.

      Ich wich zurück, hob die Hände.

      Ein weiteres Zischen, dann ein lauter Schlag. Schmerz, der sich an meiner Schläfe ausbreitete und mich zu Boden warf. Der braune Fels verschwamm vor meinen Augen, drehte sich.

      ›Deckung!‹, rief der Wissenschaftsoffizier. Ich wollte ihm gerade antworten, doch da verlor ich das Bewusstsein.«

      »Lief nicht so gut«, fasste Rex zusammen. »Was war da los? Haben euch die Piraten aufgelauert?«

      »Schlimmer.«

      »Ach, komm!«

      »Ich wachte auf – mit dröhnendem Schädel – und fand mich im Halbdunkel an eine Felswand gelehnt wieder. Der Captain höchstpersönlich fühlte meinen Puls.

      ›Bleiben Sie ruhig, Junge‹, flüsterte er mir zu. ›Wir werden beobachtet.‹

      Die Grabesstimme, mit der er das sagte, ließ mich zusammenzucken und …« Rex’ Gegenüber rieb sich die Schläfe. »Aua!« Eine vorbeizischende, grell blinkende Kugel hatte dort soeben einen dunklen Abdruck hinterlassen.

      Leicht benommen sah er sich nach dem 3D-Billardtisch in der gegenüberliegenden Ecke um. Vier schweinsnasige Muskelpakete vom Planeten Omigra IV standen darum und grinsten unschuldig.

      »Die haben sie doch nicht mehr alle …«

      Rex legte ihm eine Hand auf den Arm, eher er aufstehen und etwas Dummes tun konnte. »Ruhig! War doch nur ein Ausrutscher.« Er erhob sich von seinem Platz, bückte sich nach der Kugel und warf sie den Spielern zu. »Passt auf, wer die 59er-Kugel zweimal aus dem Spiel pfeffert, gibt sich geschlagen. So sind die Regeln!«

      Die Schweinsnasen lachten und Rex setzte sich wieder zu seinem Trinkkumpan. »Wo waren wir?«

      »Ich glaube, ich war gerade bei den gruseligen Primitiven, die unsere Höhle belagerten.«

      »Ach, ihr wart schon in der Höhle?«

      »Ja, ja. Die anderen hatten mich dorthin getragen, während ich ohnmächtig war.«

      »Nett.«

      »Ist ja wohl das Mindeste, nachdem ich für den Captain und seine blöde Prinzessin nun schon zweimal knapp dem Tode entronnen war.«

      Rex zuckte die Schultern und trank sein Bier.

      »Wir hatten es jedenfalls in den Eingang der Piratenhöhle geschafft. Ab und zu zischten noch Steine von den Schleudern der Eingeborenen an unseren Köpfen vorbei, aber niemand folgte uns ins Halbdunkel.

      ›Sie halten Abstand‹, bemerkte der Captain.

      ›Etwas in der Höhle muss sie abschrecken‹, folgerte der Wissenschaftsoffizier.«

      »Na sicher die Piraten«, warf Rex ein. »Die werden da wohl ein festes Lager eingerichtet haben.«

      »Tja, das war auch unsere Vermutung. Und deshalb drangen wir gedankenlos tiefer in die Höhle ein. Es war dunkel dort, und wir trauten uns nicht, die Taschenlampen anzuschalten. Also tasteten wir uns an kaltfeuchten Felswänden entlang in die Höhle vor, immer der abgestandenen Luft entgegen.

      Irgendwann waren da Stimmen. Männerstimmen. Es mussten mindestens sechs oder sieben gewesen sein. Der Captain hieß uns stehenbleiben und schlich allein weiter. Schon verschwand er in der Finsternis und, ich bin ehrlich, ich war dankbar, wenigstens vom Showdown verschont zu bleiben.

      Dachte ich jedenfalls.

      Wir hörten Stimmen, also …«

      Der Typ brach ab. Seine Augen fixierten einen Punkt hinter Rex. Sein Gesicht nahm ein derart intensives Rot an, dass es fast genauso leuchtete wie sein Shirt. Er zog die Brauen zornig zusammen und schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch.

      Rex setzte das Bier ab und folgte dem Blick seines Gegenübers. Die Bar war seit seiner Ankunft noch voller geworden, und gerade trat wieder ein neuer Schwung Gäste ein.

      Der Kerl im roten Shirt sprang auf, stolperte hinter dem Tisch hervor und lief auf die Gruppe zu. Er packte einen untersetzten Mann am Kragen und drängte ihn an die Wand neben dem Schott. Grob stieß er ihn dagegen – so grob, dass der große Koffer, den der Neuankömmling bei sich trug, schwungvoll gegen die Wandverkleidung krachte. Die krisanische Totenmaske, die dort protzig ausgestellt war, löste sich von ihrem Haken und krachte dem Kerl in Rot auf den Kopf.

      »Au!«, brüllte der durch die komplette Bar. »Daran bist du schuld, nur du!« Er zog den kleineren Mann an sich heran und stieß ihn noch einmal gegen die Wand.

      Rex erhob sich. Er ließ sein Bier stehen und ging zügig zu den beiden hinüber.

      »Ich will mein Geld wiederhaben! Und Schmerzensgeld und …«

      Rex packte den Typen an der Schulter und zog ihn zurück.

      »Ganz ruhig. Wenn du ihm dem Schädel einschlägst, kann er dir gar nichts mehr zurückzahlen, vergiss das nicht.«

      »Ich weiß gar nicht, worum es geht«, kreischte der kleinere Mann. Schützend hob er den Koffer vor seine Brust.

      »Ach nein?«, rief der andere erbost und zog sich mit beiden Händen am Shirt. »Etwa schon vergessen?« Er sprach jetzt höher, äffte die Stimme des Schneiders nach. »Alles eine Frage der Optik und des Auftretens. Dieses Teil wird dir Glück bringen. Ruhm und Ehre und jeden Job, den du dir wünschen kannst. Glück … dass ich nicht lache!« Er spannte sich an und wäre sicher noch einmal auf den Mann losgegangen, hätte Rex ihn nicht rechtzeitig festgehalten.

      »Schluss jetzt«, sagte Rex mit autoritärer Ruhe. »Wir setzen uns erst mal und du erzählst in Ruhe fertig.«

      Der Hitzkopf stemmte sich mit seinem gesamten Gewicht gegen Rex’ Griff. Als er