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der Familie in New York sterben wie die Fliegen. Was er meint ist, dass sie noch nicht abgestimmt haben, aber Ray hat definitiv schon einen Nachfolger. Und wer immer es auch ist, er ist wahrscheinlich schlimmer als sie alle. Er fragt nicht um Erlaubnis. Die Regeln sind ihm egal. Die Abstimmung interessiert ihn einen Dreck.

      „Wer ist der neue Kerl?“, frage ich. „Niemand scheint sonderlich viel über ihn zu wissen.“

      Sie sehen aus, als würden sie darüber nicht sprechen wollen. Die anderen drei Männer schweigen wie ein Grab, während Genova zumindest so tut, als würde er auf mich eingehen. „Man nennt ihn Scar. Ein junger Kerl. Erbarmungslos.“

      „Wie jung?“

      „Ungefähr in deinem Alter“, sagt er. „Kommt aus dem Süden.“

      „Philadelphia?“

      „Nein, viel weiter südlich.“

      Hinter der Mason-Dixon Linie ist die Familie nicht sehr präsent, daher weiß ich nicht, wie weit aus dem Süden er kommen kann. Ich hake jedoch nicht nach. Ich merke, dass ich schon zu neugierig gewesen bin. In unserem Geschäft stellt man keine Fragen. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Regel.

      „Ist das alles?“, frage ich. „Kann ich gehen?“

      „Noch nicht“, sagt Genova und faltet die Hände vor sich auf dem Tisch. „Bevor du gehst, will ich mit dir über etwas Geschäftliches reden. Ich habe ein paar Jobs, die du für mich erledigen sollst.“

      Jobs.

      Ich habe Karissa gesagt, dass ich das nicht mehr machen würde.

      „Was für Jobs?“

      „Oh, du weißt schon … das Übliche.“

      Das Übliche. „Das mache ich nicht mehr.“

      Die Männer flüstern miteinander. Wenn ein Mann, der dazu neigt, jeden zu töten, der ihn abweist, um einen Gefallen bittet, ist es mehr als mutig, abzulehnen. Besonders, wenn dieser Mann einen gerade hat davonkommen lassen.

      „Und warum?“, fragt Genova. „Willst du gesetzestreu werden? Ein Leben haben? Einen echten Job suchen?“

      Sie lachen darüber, lachen auf meine Kosten.

      „Vielleicht gehst du auch in Rente“, fährt Genova fort. „Als Nächstes trägst du Schlappen und hast ein Haus in Boca Raton. Ist es das, was du willst?“

      Ich sage nichts und ertrage, dass sie sich über mich lustig machen. Er denkt, dass er mich damit brechen kann, sodass ich mich seinem Willen beuge und tue, was er von mir will.

      Ich werde es nicht tun.

      Als die Besprechung endlich zu Ende ist, ist es draußen stockdunkel. Die Nacht ist schon lange hereingebrochen. Genova entlässt mich mit einem Handwedeln und verächtlicher Miene. „Geh mir aus den Augen, Vitale. Denk darüber nach. Komm zurück, wenn du endlich zur Vernunft gekommen bist.“

      Der Kerl von vorhin führt mich zur Tür, die bewaffneten Soldaten folgen uns, alle sind angespannt. Ich denke, mein Ruf eilt mir voraus.

      Erst als ich in meinem Auto sitze und die Straße hinunterfahre, weg von dem Haus und endlich wieder richtig atmen kann, erlaube ich mir ein erleichtertes Seufzen.

      Es zahlt sich immer aus, viel einstecken zu können.

      Heute Abend habe ich Genova abgewehrt. Aber er ist noch nicht fertig. Er wird nicht aufgeben.

      Als ich viel später heimkomme, brennt im Haus immer noch das Licht, obwohl es fast Mitternacht ist. Ich gehe direkt ins Arbeitszimmer, wo ich Karissa fest schlafend auf der Couch finde. Ihre Schulsachen liegen um sie herum verstreut. Ich hatte ihr gesagt, dass sie nicht auf mich warten solle, aber sie hört ja nie auf mich.

      Es wäre eine lange Nacht für sie geworden, wenn ich es nicht lebend aus diesem Haus geschafft hätte.

      Ich streife die Schuhe ab und hebe ihre Beine an, sodass ich unter ihnen schlafen kann, und setze mich ans Ende der Couch. Als ich das tue, bewegt sie sich und öffnet die Augen. Sie blinzelt, sieht in meine Richtung, und ein schläfriges Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Sie dreht sich auf den Rücken, und ich lasse ihre Beine sinken, sodass ihre Füße direkt auf meinem Schoß liegen.

      „Du bist zu Hause“, sagt sie mit einer vom Schlaf rauen Stimme.

      „Ja“, sage ich, lasse meine Hände über ihre Füße wandern und reibe mit den Daumen die Fersen. Sie windet sich, als wollte sie ihre Füße meinem Griff entziehen, doch ich fange an, einen zu massieren. Das hält sie auf. Sie rollt die Zehen ein und seufzt. Sie mag es, wenn ich das tue. Ich habe es in Italien gelernt.

      Es ist still, abgesehen vom Ton des Fernsehers, den sie laufen lassen hat, als sie einschlief. Wie immer läuft Food Network. Sie verbringt ihre Freizeit immer noch damit, sich diesen Unsinn anzusehen.

      „Wirklich?“, sagt sie nach einer Weile mit ungläubigem Ton. „Ausgerechnet Hotline Bling?“

      „Wollen wir schon wieder darüber reden?“

      „Natürlich. Ich meine, wenn du eine Schwäche für Musik entwickelst, hätte ich mit etwas ganz anderem gerechnet … etwas wie … ich weiß nicht … Frank Sinatra?“

      „Wie stereotyp.“ Ich werfe ihr einen Blick zu. „Vielleicht hätte ich mich für die Filmmusik von Der Pate entscheiden sollen.“

      „Ja!“

      Ich schüttele den Kopf und massiere weiterhin ihre Füße. „Ich wollte etwas ganz anderes.“

      Etwas, das mich nicht an diese Zeit meines Lebens erinnerte. Etwas, das mich nicht an meine Arbeit für Ray erinnerte und daran, dieser Mann zu sein, jedes Mal, wenn mein Telefon klingelte. Karissa liebt Musik. So wie sie es beschreibt, klingt es fast, als gehörte der Musik ein Teil ihrer Seele.

      Ein Teil von mir wollte wissen, wie sich das anfühlt, und ob ich diese Art von Mensch sein könnte. Ein Mensch, der solche Dinge fühlt.

      „Also hast du dich für Drake entschieden?“

      Ich fasse in meine Tasche, ziehe das Handy hervor und werfe es ihr zu. Es landet genau auf ihrer Brust und sie schnaubt, als sie es nimmt.

      „Such etwas anderes für mich aus“, sage ich. „Aber bei Gott, Karissa, wenn du diesen Schwachkopf Bieber nimmst …“

      „Ih, eklig.“ Sie verzieht das Gesicht. „Das würde ich nie tun.“

      Sie durchstöbert Musikstücke, während ich weiter ihre Füße massiere.

      Eine Minute später durchdringt infernalischer Lärm die Stille. Schrille Klaviertöne vermischen sich mit etwas, das wie Kindergeschrei klingt, das ein Schlagzeug überlagert. Es ist unerträglich. Karissa wirft das Handy zurück, und es prallt von meinem Schoß ab und fällt zu Boden. Mein Instinkt meldet sich, und ich hätte fast darauf getreten. Ich hätte das verdammte Ding beinahe zerstampft, nur damit es Ruhe gibt.

      „Was ist denn das?“, frage ich, hebe das Telefon auf und drücke den Knopf an der Seite, um es sofort zur Ruhe zu bringen.

      „One Direction“, sagt sie.

      „Ernsthaft?“ Ich schiebe ihre Füße von meinem Schoß. „Das ist ja noch schlimmer!“

      Sie keucht, setzt sich auf und greift sich an die Brust. „Nein! Nimm das zurück!“

      „Hör bitte auf.“

      „Du bist verrückt! One Direction ist die beste Band, die je eine Bühne geziert hat!“

      „Du machst dich lächerlich.“

      „Sie sind absolut brillant, das Beste, was je aus Großbritannien gekommen ist“, sagt sie und greift nach meinem Arm, als ich aufstehen will. Bevor ich mich rühren kann, setzt sie sich mit gespreizten Beinen auf meinen Schoß. „Was sind schon die Rolling Stones? Wer sind schon die Beatles?“

      Ich