ZOMBIE RULES. David Achord. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: David Achord
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958353732
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hielt seine Hand in die Höhe. »Mache dir darum mal keine Sorgen. Wir haben Verfahrensweisen für mittellose Patienten.« Mein Mund zog sich bei dieser Bemerkung missbilligend zusammen. Meine Großmutter mittellos zu nennen, störte mich unglaublich, aber es war nun mal leider die Wahrheit. Teufel, sie und ich verfügten wahrscheinlich zusammen über nicht mehr als hundert Dollar. Sie besaß nicht einmal das Haus, in dem wir lebten. Ich hatte sogar schon darüber nachgedacht, die Schule zu schmeißen, um Vollzeit arbeiten zu können, aber sie hatte davon nichts hören wollen. Sie bestand darauf, dass ich die Schule beendete und aufs College ging.

      Ich durfte die Nacht leider nicht in Omas Zimmer verbringen. Das Personal teilte mir auf höfliche, aber bestimmte Weise mit, dass ich nur in der Lobby sitzen durfte, zusammen mit den Familien der anderen Patienten. Rick hörte das und sagte: »Junge, willst du wirklich die ganze Nacht in einem Raum voller Fremder hocken?« Ich ließ den Kopf hängen. »Falls etwas passiert, passiert's sowieso. Da gibt es nichts, was du tun kannst. Komm mit mir zur Farm und bleib bei mir«, schlug er vor.

      Ich gab irgendwann widerwillig nach. Wir teilten dem Arzt aber vorher noch unsere Telefonnummern mit. Ricks Gehirn zündete kurz durch, als er begriff, dass er jetzt trinken konnte, ohne sich darum sorgen zu müssen, von einem hart gesottenen Bullen angehalten zu werden, indem er einfach mich fahren ließ. Als wir den Parkplatz erreichten, warf er mir die Schlüssel zu und nahm einen unbekümmerten Schluck.

      Schweigend fuhren wir nun zur Farm. Es hatte mal ein Tor am Eingang gegeben, aber jemand, eine gewisse Person namens Rick, hatte es nach einer durchzechten Nacht beim Veteranenverein aus Versehen umgefahren. Er hatte entweder vergessen, dass es da war, oder es war ihm einfach egal gewesen. Am Tag darauf hatten wir über eine Stunde gebraucht, um die ramponierten Überreste des Tors aus dem Fahrgestell seines Pick-ups zu befreien. Rick war Hausmeister, Vorarbeiter und Mann für Alles auf der Farm. Die Grundstückseigentümer waren ein älteres Ehepaar namens Parson. Ihnen gehörten zweihundert Hektar Land und sie hatten weitere zweihundert Hektar von den Nachbarn gepachtet. Rick leitete die Farm und ich arbeitete für ihn. Er bekam ein Gehalt und lebte außerdem mietfrei in dem alten Gehöft.

      Rick ging hinein und schaltete ein paar Lampen an. Nachdem er das Feuer in Gang gebracht hatte, machte er es sich in seinem ramponierten Sessel bequem; während ich mich auf die Couch setzte. Wir hörten dem knisternden Holz in der bedrückenden Stille zu. »Willst du einen Drink?«, fragte er irgendwann. Ich hob daraufhin nur meine Augenbraue. Er kicherte und nahm einen kräftigen Schluck. »Willst du darüber reden, Junge?« Ich schüttelte den Kopf. »Schau mal, das Ganze nimmt dich ziemlich mit, das kann man sehen. Ich frage, ob du darüber reden willst, und du sagst selbstverständlich nein. Das ist die Stelle, an der ich dir gut zureden sollte, aber das werde ich lieber lassen. Wenn du alles in dich hineinfressen willst, dann ist das deine Entscheidung. Wenn du reden willst … ich gehe nirgendwo hin. Wir können die ganze Nacht reden.«

      Er hatte ja recht. Ich schätze, ich wollte tatsächlich darüber reden. Zumindest ein bisschen. »Was soll ich jetzt nur machen, Rick?«

      »Nun, Kleiner, man plant in solchen Fällen immer für den schlimmsten Fall, und man gesteht sich das Unvermeidliche ein. Unvermeidlich ist, dass deine Oma bald sterben wird«, sagte Rick in einem sachlichen Tonfall.

      Daraufhin war ich erst einmal verdattert. »Woher willst du das wissen?«

      »Teufel, Zach, wie alt ist sie? Vierundachtzig? Fünfundachtzig?«, fragte er. Ich bestätigte Letzteres. »Okay, sie ist fünfundachtzig Jahre alt und nicht gerade bei bester Gesundheit. Sie hatte einen Schlaganfall und fiel an einem kalten Tag in ihrem Garten um. Keine Ahnung, wie lange sie da draußen gelegen hat. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich denke, dass ihre Chancen nicht allzu gut stehen, Junge.«

      Ich nickte schweigend. Rick war ein alter Alkoholiker und er hatte seine Ecken und Kanten, aber er verfügte auch über eine Weisheit, die einem Leben auf der Straße und rauen Zeiten in Vietnam entsprang. Ich mochte ihn, denn er war locker drauf und auf seine eigene Art und Weise hatte er eine Menge Ratschläge für einen Jungen in meinem Alter. Meine Gedanken wurden auf einmal durch ein lautes Schnarchen unterbrochen. Der Alkohol hatte ihn für heute offenbar außer Gefecht gesetzt. Ich stand auf, nahm die Flasche aus seiner Hand und breitete eine Decke über ihn aus.

      Mehrere Male versuchte ich, Macie anzurufen, aber ihr Handy war anscheinend ausgeschaltet. Ich hinterließ ihr mehr als eine Nachricht, dann rief ich irgendwann beim Krankenhaus an. Sie teilten mir mit, dass sich an Omas Zustand nichts verändert hatte. Ich versuchte es noch einmal bei Macie und versank dann schließlich in einen unruhigen Schlaf, während ich das Telefon fest mit meiner Hand umklammert hielt.

      Der schlimmste Tag meines Lebens

      Die Sonne ging gerade erst auf, als ich erwachte. Ich checkte sofort mein Handy. Keine Anrufe, weder vom Krankenhaus noch von Macie. Beim Krankenhaus rief ich zuerst an. Man drückte sich dort sehr vage aus, aber es hieß zumindest, dass sich ihr Zustand nicht verändert hätte. Dann versuchte ich erneut, Macie zu erreichen. Ihr Handy war immer noch aus. Also rief ich Felix an. Der antwortete beim ersten Klingeln, aber er hörte sich noch reichlich verschlafen an.

      »Wie geht es deiner Großmutter?«, fragte er sofort.

      »Nicht gut. Ich gehe heute nicht zur Schule. Ich will lieber bei ihr im Krankenhaus sein.«

      »Kein Problem, Kumpel. Ich werde den Direktor sagen, wo du bist. Gibt es sonst noch etwas, das ich für dich tun kann?«

      »Ja, falls du Macie siehst, sagt ihr, sie soll mich so bald wie möglich anrufen. Ich habe schon die ganze Nacht und heute Morgen versucht, sie zu erreichen, aber ihr Akku muss leer sein oder so was.«

      Felix stimmte mir zu und wir legten auf. Rick wachte auf, als ich telefonierte. Er grunzte und furzte wie, na ja, wie ein alter, verkaterter Mann. »Hey, würdest du mich wohl heimfahren? Ich muss kurz duschen und will dann zum Krankenhaus fahren.« Er reagierte nicht, sondern ging ins Badezimmer. Einen Moment später hörte ich ihn Wasser lassen, gefolgt vom Klang der Klospülung und dem laufenden Wasserhahn.

      Einen Moment später kam er wieder heraus und nahm halbherzig die Schlüssel vom Küchentresen. Sein Gehirn war offenbar noch nicht bereit für verbale Kommunikation. Er zeigte zur Tür und lief dann hinaus.

      Ich verbrachte den ganzen Tag bei meiner Großmutter. Sie sah heute sogar noch schlechter aus. Alt, müde und schwach. Ich hielt ihre Hand und redete mit ihr, aber sie regte sich nicht. Nicht ein einziges Mal.

      Ich wünschte, sie würde mich hören. Dann hätte ich ihr gesagt, was für ein guter Mensch sie ist. Ich war erst zwei Jahre alt, als meine Eltern starben. Sie war da bereits alt. Sie hätte es zulassen können, dass mich der Staat in ein Pflegeheim steckte, aber sie hat mich sofort aufgenommen und von da an, für mich gesorgt. Sie hat mich niemals angeschrien, immer dafür gesorgt, dass etwas zu essen auf den Tisch kam, und hat es nie versäumt, mir zu sagen, wie sehr sie mich liebte. An meinem fünfzehnten Geburtstag hatte sie mir eine Sonderfahrerlaubnis besorgt und mich mit einem blauen Ford Ranger Pick-up überrascht. Er war gebraucht gewesen und hatte schon so einige Kilometer drauf, aber alles in allem war er in einem ganz ordentlichen Zustand. Sie hatte sich geweigert, mir zu sagen, was er gekostet hatte. Es war auf jeden Fall das beste Geschenk gewesen, das ich je bekommen hatte.

      Die Stationsschwester, eine matronenhaft aussehende, dunkelhäutige Frau mit Brüsten wie Wassermelonen, tolerierte mich zwar für ein paar Stunden, scheuchte mich dann aber schließlich doch hinaus. Ich musste wohl schlimm ausgesehen haben, denn sie ordnete an, ich solle mich ausruhen und sie versprach mir im Gegenzug, mich sofort anzurufen, falls sich etwas ändern sollte. Ich war gerade dabei, aus der Tür zu gehen, als plötzlich die Alarmsignale an den Maschinen einsetzten. Die Schwester schob mich unsanft hinaus, als weiteres Personal in das Zimmer eilte.

      Code Blue. Herzstillstand. Ich sah still und hilflos zu. Sie gaben sich wirklich Mühe, aber für Oma war es offenbar an der Zeit.

      Ich verbrachte die nächste Stunde mit der Krankenhausverwaltung und einem Kaplan, der nebenbei in eine fortwährende SMS-Unterhaltung vertieft war. Sie waren zwar höflich, aber Arbeit blieb