Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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Tasche drin sein.

      Dabei wollte er ja keine Schmiergelder kassieren. Nein, nein, ganz legal sollte es ablaufen. Dem Bügermeister von St. Johann schwebte ein Posten im Aufsichtstrat einer noch zu gründenden Hotelgesellschaft vor.

      »Darüber läßt sich reden«, kommentierte Josef Ramsauer die Ausführung des Bürgermeisters, untermauert von einem ungeduldigen Kopfnicken. »Aber jetzt erzähl erst einmal, welchen Hof du meinst. Vielleicht ist er ja net geeignet…«

      Markus Bruckner setzte sich bequem in seinen Sessel zurück, er verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte.

      »Der ist geeignet, Sepp«, mit großem Grundstück drum herum. Da paßt sogar ein Schwimmbad für die Gäste drauf. Außerdem gehör’n Felder und ein Bergwald dazu. Wenn wir die verkaufen, haben wir gleich noch ein bissel mehr Grundkapital.«

      Der Bauunternehmer starrte ihn an. Er ließ sich nicht anmerken, daß er längst Feuer gefangen hatte.

      »Und?« fragte er, scheinbar gelangweilt. »Wie heißt jetzt der Hof?«

      »Ich red’ vom Enzingerhof. Der Bauer ist vor ein paar Jahren tödlich verunglückt, und seine Witwe schleppt sich mit dem Hof mehr oder weniger dahin. Ich hab’ schon ein paarmal mit ihr geredet, und sie hat mir ihr Leid geklagt. In diesem Jahr kommt’s ihr besonders hart an. Die letzte Ernte war net besonders, und auf dem Hof lastet eine Hypothek, die die Bäuerin net zurückzahlen kann.«

      Josef Ramsauer nickte.

      »Versteh’«, meinte er. »Könnt ich mir den Hof mal anseh’n?«

      Der Bürgermeister zuckte die Schultern.

      »Freilich«, antwortete er.

      »Aber wir wollen nix überstürzen. Erstmal wollt’ ich nur wissen, ob du mit von der Partie bist? Die Details klären wir später noch und einen Besuch auf dem Hof können wir… Wart mal.«

      Er blätterte in seinem Terminkalender und nickte.

      »Ja, übermorgen ginge es. Wenn’s dir paßt?«

      *

      Der junge Mann ging gemächlichen Schrittes die Landstraße entlang. Er trug einen großen Rucksack, die Jacke hatte er wegen der Hitze darüber gehängt, seine Hände steckten in den Hosentaschen.

      Thomas Brenner hatte nicht wie andere Tramper den Daumen herausgestreckt, um mitgenommen zu werden. Wenn ein Autofahrer von sich aus anhielt und ihn mitnehmen wollte, dann stieg er freilich ein. Aber ebenso gerne ging er auch zu Fuß.

      Seit dem frühen Morgen war er unterwegs. Das heißt, eigentlich hatte seine Wanderschaft schon vor fünf Tagen begonnen. Da hatte Thomas sich von Neustadt an der Donau aufgemacht, in seine Heimat zurückzukehren. In der Nähe von Neustadt hatte er bei einem Bauern gearbeitet. Fünf Jahre lang waren sie gut miteinander ausgekommen. Sein Brotherr hatte sich mit dem Sohn überworfen, und ihn von Haus und Hof verwiesen. Dann, eines Tages, kreuzte der Bauernsohn auf und vertrug sich wieder mit seinem Vater. Und von da an war für Thomas kein Platz mehr auf dem Hof gewesen. Einen Knecht hatte der Bauer sich leisten können. Jetzt aber, wo sein Sohn wieder da war, sah er, daß er den Lohn, den er Thomas gezahlt hatte, sparen konnte.

      Der junge Mann aus dem Wachnertal ging, und sie schieden nicht im Streit. Es waren gute Jahre gewesen, die Thomas dort verbracht hatte, aber so manches Mal hatte er auch die Sehnsucht nach der Heimat verspürt. Als der Bauer nun die Kündigung aussprach, ging er leichten Herzens.

      Wie es wohl zu Hause aussehen mochte?

      In all den Jahren hatte er nichts aus der Heimat gehört, was daran lag, daß auch er gewissermaßen im Zorn geschieden war. Als Zweitgeborener war der väterliche Hof auf den Bruder übergegangen, und mit dem hatte Thomas sich nie besonders gut verstanden. Die Aussicht, als Knecht auf dem Hof des Bruders arbeiten zu müssen, erfüllte Thomas Brenner mit Grausen und er zog es vor, in die Fremde zu gehen.

      So ein Schritt hatte natürlich nicht nur für ihn Konsequenzen. Oft dachte er an das Madel, das er zurückgelassen hatte, und fragte sich, wie es ihm wohl ergangen war. Er erinnerte sich noch sehr gut an die Auseinandersetzungen, die sie über dieses Thema geführt hatten, als er dann schließlich einsehen mußte, daß es keinen Sinn mehr hatte, ging er alleine aus Waldeck fort. Schlecht war es ihm in dieser Zeit nicht gegangen. Tobias hatte ihm sein Erbteil ausgezahlt, und was er von dem Lohn erübrigen konnte, hatte Thomas zusammen mit dem Geld angelegt, so daß er jetzt über ein recht ansehnliches Guthaben verfügte. Nur die Sehnsucht war immer noch da und ließ ihn wirklich manche Nacht nicht schlafen.

      Thomas schaute den Wegweiser an, der in einiger Entfernung an der Straßenkreuzung stand.

      Bis St. Johann waren es noch elf, bis Waldeck noch sieben Kilometer. Der junge Bursche entschloß sich, weiter in Richtung seines Heimatdorfes zu gehen, und nach geraumer Zeit sah er in der Ferne die ersten Häuser liegen.

      Kurz vor Waldeck bog er jedoch vom Weg ab. Thomas hatte es sich anders überlegt und schlug die Straße zum Kärnerhof ein. Xaver Kärner war ein alter Spezi von ihm.

      Zusammen hatten sie die Schulbank gedrückt und als Buben so manchen Streich ausgeheckt. Xaver würde später den Hof übernehmen, und Thomas überlegte, ob es nicht dort ein Unterkommen für ihn geben könnte. Bei dem Freund würde er allemal eher als Knecht arbeiten, als auf dem Brennerhof, unter der Leitung seines Bruders.

      *

      Christel Enzingers Familie lebte in Waldeck. Sebastian Trenker nutzte seinen wöchentlichen Besuch im dortigen Altenheim, um die Verwandten der Bäuerin aufzusuchen. Das Haus stand am Dorfrand, aber es glich eher einer protzigen Villa, als dem Stil der anderen Häuser. Es war von einer großen Mauer umgeben, und dichte Tannen verwehrten einen Einblick auf das Grundstück.

      Ernst Hofer verdiente sein Geld als Direktor eines großen Brauereiunternehmens. Zahlreiche kleinere Privatbrauereien waren aufgekauft worden, seitdem Hofer die Regie in dem Unternehmen übernommen hatte. Seine Expansionspolitik hatte ihm dem Spitznamen »Imperator« eingebracht, und nicht wenige mittelständige Unternehmen waren von seinem Wohlwollen abhängig. Schließlich diktierte er die Bierpreise, und so mancher Gastwirt bedauerte es inzwischen, mit dem Hoferbräu einen Bierlieferungsvertrag abgeschlossen zu haben.

      Von all diesen Dingen hatte der Bergpfarrer gerüchteweise gehört. Dies jedoch war nicht der Grund seines Kommens, ihm ging es darum, für die Tochter des Hauses ein gutes Wort einzulegen.

      Nachdem er einige Zeit vor dem Eisentor hatte warten müssen, fragte eine Frauenstimme nach seinem Begehr. Der Geistliche nannte seinen Namen und bat darum, den Herrn Hofer sprechen zu dürfen. Schließlich wurde er von einem jungen Madel, das ganz offensichtlich das Hausmädchen war, hereingebeten und in das Haus geführt. Das Madel bat ihn in einen kleinen Salon und versicherte, daß der Herr Direktor ihm in ein paar Minuten wieder zur Verfügung stände.

      Sebastian sah sich um. Die Ausstattung der Einganshalle und des Salons kündeten nicht nur vom Reichtum der Bewohner. Sie hatten auch Geschmack bewiesen bei der Wahl der Möbel, Teppiche und Bilder. Staunend hatte der gute Hirte von St. Johann beim Betreten des Hauses auf die kunstvoll geschnitzte Treppe gesehen, die in das obere Stockwerk führte.

      Er stellte sich ans Fenster und warf einen Blick in den Park hinaus. Eine große Rasenfläche, aufwendig angelegte Blumenrabatte, ein Teehaus. Das alles instand zu halten benötigte die Arbeitskraft eines eigenen Gärtners. Sebastian bezweifelte nicht, daß dieser der Familie zur Verfügung stand. Genauso wie das Hausmädchen, ein Chauffeur und eine Köchin.

      Die Tür hinter ihm wurde geöffnet, und der Geistliche drehte sich um.

      »Grüß Gott, Herr Pfarrer«, sagte Ernst Hofer. »Was führt Sie zu mir?«

      Er war ein stattlicher, hochgewachsener Mann, dem man ansah, daß er über das notwendige Durchsetzungsvermögen verfügte, das ein Mann in seiner Position benötigte, um ein solches Unternehmen, wie das Hoferbräu zu führen.

      »Geht’s um eine Spende für eines Ihrer Projekte?«

      Als reicher Brauereibesitzer war