Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
Скачать книгу
zum Entsetzen der alten Magd. »Ich kann mir keinen Knecht leisten.«

      »Aber wieso…?«

      Das Auto des Geistlichen aus St. Johann, das auf den Hof fuhr, enthob sie einer Antwort. Christel stand auf und ging dem Besucher entgegen.

      »Grüß Gott, Hochwürden«, sagte sie lächelnd. »Daß ich Sie schon so bald wiederseh’, hätt’ ich net gedacht. Gibt’s einen besonderen Grund für ihren Besuch?«

      »In der Tat, Christel«, antwortete der Bergpfarrer und griff in die Jackentasche. »Das hier soll ich dir von deiner Mutter geben. Ich war gestern bei deinen Eltern.«

      Die junge Bäuerin warf einen Blick auf den Scheck und steckte ihn dann achtlos in die Tasche ihrer Schürze.

      »Er ist von meiner Mutter«, stellte sie fest.

      »Ja, und sie läßt dir Grüße ausrichten.«

      »Und was ist mit Vater?«

      Sie waren ein paar Schritte gegangen. Die Magd war im Haus verschwunden, um das Mittagessen herzurichten. Sebastian Trenkers Miene verriet nicht, was er dachte.

      »Es tut mir leid, Christel«, erwiderte er. »Leider ist dein Vater längst net so umgänglich, wie deine Mutter. Ich hab’ deine Eltern aufgesucht, und ihnen von deiner Lage erzählt. Dein Vater ist der Ansicht, du hättest dich selbst da hineinmanövriert, und müßtest zuseh’n, wie da wieder rauskommst.«

      »So etwas hab’ ich mir schon gedacht, als ich die Unterschrift auf dem Scheck sah. Vater hätte ihn niemals ausgestellt.«

      »Ich bin sicher, daß er doch noch zur Vernunft kommt«, sagte der Geistliche. »Deine Mutter will jedenfalls etwas in diese Richtung unternehmen.«

      Sie hatten sich auf die Bank gesetzt. Die Einladung zu einem Kaffee oder Glas Saft lehnte Sebastian dankend ab.

      »Sag mal«, wechselte er das Thema, »ich hab’ da eben auf der Herfahrt einen jungen Mann geseh’n. Er schien mir direkt vom Hof zu kommen.«

      »Ja, der war hier«, antwortete Christel und bemühte sich, ihrer Stimme einen belanglosen Ton zu geben.

      »Zufällig?«

      »Nein, eine Arbeit hat er gewollt…«

      Sebastian sah sie erstaunt an.

      »Und? Hast ihn etwa wieder fortgeschickt?«

      »Was soll ich denn machen, Hochwürden? Ich hab’ net das Geld, um einen Knecht einzustellen. Außerdem…«

      »Ja?«

      Sie zuckte die Schultern.

      »Ach, nix.«

      Der gute Hirte von St. Johann sah sie forschend an.

      »Na, was hast mir noch sagen wollen?«

      Christel biß sich auf die Lippen.

      Warum bloß hatte sie nicht den Mund halten können?

      »Es ist so, ich kenn’ den Thomas von früher«, erzählte sie schließlich. »Es gab mal eine Zeit, da hat er mir sehr viel bedeutet…«

      »Aha.«

      Sebastian war neugierig geworden, aber er drängte sie nicht, weiter zu erzählen. Er wußte, daß sie es schon von ganz allein tun würde.

      Langsam, erst mit stockenden Worten, dann immer flüssiger sprach sie wirklich weiter. Verschwieg und beschönigte nichts und endete schließlich mit dem plötzlichen Auftauchen Thomas’, an diesem Morgen.

      »Schade«, sagte Sebastian schließlich. »Vielleicht war es ein Fehler, ihn gehen zu lassen. Was auch immer zwischen euch war – Thomas ist gekommen, um dir zu helfen. Du hast keinen Grund, so stolz zu sein, diese Hilfe abzulehnen. Ganz im Gegenteil.«

      »Ich weiß, Hochwürden«, nickte Christel Enzinger.

      Sie fühlte den Scheck in ihrer Schürzentasche. Mit dem Geld würde sie sich einen Knecht leisten können. Mindestens für ein Jahr.

      Doch was kam dann?

      Immer noch schwebte das Damoklesschwert der Zwangsversteigerung über dem Hof, wenn es ihr nicht gelang, die Ratenzahlung wieder aufzunehmen. Vielleicht sollte sie den Scheck ihrer Mutter lieber dafür verwenden.

      Als habe Sebastian ihre Gedanken geahnt, sagte er: »Mit dem Geld von deiner Mutter kannst doch sicher, zumindest eine Zeitlang, einem Knecht den Lohn zahlen.«

      Die Bäuerin sah ihn an.

      »Schon. Aber was ist dann?«

      Der Seelsorger hatte sich erhoben.

      »Das wird sich finden«, antwortete er und reichte ihr die Hand. »Ich muß jetzt leider los. Aber ich schau’ bald wieder vorbei.«

      Recht schnell stieg er ins Auto und fuhr vom Hof. Sebastian hatte eine Idee, und wenn er die in die Tat umsetzen wollte, dann mußte er sich beeilen.

      Hoffentlich war es nicht schon zu spät.

      Aber nein, überlegte er, lange hatte er sich nicht auf dem Enzinger aufgehalten, und der junge Mann, um den es ihm ging, war zu Fuß unterwegs. So schnell war er da nicht.

      Daß er damit richtig lag, sah Sebastian Trenker wenig später, als er Thomas vor sich die Straße entlang marschieren sah. Er hupte kurz, nachdem er ihn erreicht hatte und winkte durch das offene Fenster.

      »Grüß Gott, Herr Brenner«, rief er.

      Thomas war an den Wagen getreten.

      »Sie kennen mich…, Hochwürden?«

      Lediglich an dem Priesterkragen hatte er erkannt, daß es sich bei diesem Unbekannten mit dem markanten Gesicht um einen Gottesmann handelte.

      »Ich bin Pfarrer Trenker, aus St. Johann«, erklärte Sebastian. »Hätten S’ Lust auf ein Mittag-essen im Pfarrhaus? Meine Haushälterin ist eine ausgezeichnete Köchin.«

      *

      »Sehr gut!«

      Josef Ramsauer stand neben dem Bürgermeister an dessen Auto gelehnt und schaute zum Enzingerhof hinüber. Markus Bruckner hatte das Fahrzeug in einiger Entfernung abgestellt, um dem Bauunternehmer Gelegenheit zu geben, das Anwesen von dort aus anzusehen. Er deutete mit dem Arm über die Felder, rechts und links.

      »Das Land gehört alles dazu.«

      Josef Ramsauer war verwirrt.

      »Soviel Land? Aber da ist ja fast nix bewirtschaftet!«

      »Sag ich doch. Die Enzingerbäuerin muß praktisch ganz allein schaffen. Einen Knecht und eine Magd hat sie, aber die beiden sind schon weit über sechzig. Deshalb liegt hier alles brach. Die Christel schaffts net allein, also hat sie auch keine großen Einnahmen zu erwarten.«

      Der Bauunternehmer strich sich nachdenklich über den Bauch. Dem war deutlich anzusehen, daß der Ramsauer sich ein gutes Essen nicht entgehen ließ.

      »Wär’s da net besser abzuwarten, bis der Hof unter den Hammer kommt?« fragte er. »Du hast doch gesagt, daß die Frau in Zahlungsschwierigkeiten ist.«

      Markus Bruckner wußte, daß sein Geschäftspartner damit recht hatte. Allerdings widerstrebte es ihm, die Notlage der Enzingerbäuerin auszunutzen. Schließlich wollte er im nächsten Jahr als Bürgermeister wiedergewählt werden, und da machte es auf die Wähler einen schlechteren Eindruck, wenn er als jemand dastand, der sich am Schicksal anderer bereicherte. Dann wollte er lieber ein paar Tausender mehr ausgeben. Das sicherte ihm die Sympathie und die nötigen Stimmen.

      »Schon«, erwiderte er, »aber was wir hier mehr bezahlen, bekommen wir mit dem Tagungshotel spielend wieder herein.«

      Josef Ramsauer rieb sich die Hände.

      »Na, dann los. Machen wir der guten Frau ein Angebot.«

      Im Geiste sah er bereits den Hotelkomplex an der Stelle stehen, an der sich jetzt