Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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hatte sich zurückgelehnt und dachte nach. Ein ganz bestimmer Verdacht hatte sich bei ihm eingestellt, doch vorerst wollte er nichts darüber sagen. War es bis jetzt doch eher eine Vermutung, die noch bewiesen werden mußte.

      Sie waren kaum auf dem Hof angekommen, als der Wendlerbauer auch schon mit hochrotem Kopf um die Ecke schoß.

      »Wo bleiben S’ denn?« rief er ärgerlich.

      Sebastian legte dem Bauern die Hand auf die Schulter.

      »Jetzt beruhig dich’ erst einmal und sag’ uns genau, was los ist«, forderte er ihn auf.

      »Schaut’s euch doch selbst an«, antwortete Xaver und lief voran. »Hoffentlich ist’s noch net zu spät!«

      Elena Wiesinger drängte sich an ihm vorbei in den Verschlag hinein. Dahinter betrat Jörg die vorübergehende Unterkunft des erkrankten Tieres.

      Hubert lag immer noch am Boden. Er schnaubte, und vor dem Maul stand weißer Schaum. Die Tierärztin bückte sich zu ihm hinunter und untersuchte ihn.

      Jörg Urban stand eher etwas ratlos daneben.

      Was kann ich nur falsch gemacht haben? überlegte er krampfhaft.

      Ihm waren Zweifel gekommen, ob er nicht doch schuld daran war, daß es dem Tier so schlecht ging.

      Doch dann schüttelte er den Kopf. Nein, er hatte alles richtig gemacht. Die Injektion zu verabreichen, war kein Problem, das konnte jeder Student im zweiten Semester!

      Aber die Symptome, die Hubert zeigte, deuteten auf eine Vergiftung hin…

      Diese Ansicht vertrat auch Elena. Sie hatte sich erhoben und sah den Bauern fragend an.

      »Welches Futter hat er denn heut’ bekommen?«

      Xaver Wendler zuckte die Schulter.

      »Welches Futter! Na das, was er immer frist, natürlich. Was soll diese Frage?«

      »Hubert ist vergiftet worden«, sagte die Tierärztin ernst.

      »Und wir müssen herausfinden, womit.«

      »Vergiftet…? Aber wer tut denn so ’was?«

      »Das würd’ ich auch gern’ wissen«, mischte sich Sebastian Trenker ins Gespräch. »Eigentlich kommt ja niemand dafür in Frage. Außerdem war Franz ja auf dem Hof, als ihr in der Kirche wart. Da müßte er wohl bemerkt haben, wenn sich jemand hier herumgetrieben hätt’.«

      »Ich hab’ niemanden geseh’n«, rief Franz Raudinger, der inzwischen hinzugekommen war. »Außer dem Doktor natürlich.«

      Dabei warf er Jörg einen lauernden Blick zu, der dem Geistlichen nicht entging.

      »Da haben wir’s«, rief der Bauer sofort und fixierte den jungen Tierarzt. »Außer ihm war keiner da. Der Fehler kann also nur bei Ihnen liegen!«

      »Wie können S’ so ’was behaupten?« empörte sich Jörg. »Ich hab’ ihm nur das gespritzt, was er schon die and’ren Tage auch bekommen hat.«

      »Wie auch immer«, mischte sich Elena Wiesinger ein.

      »Jetzt müssen wir erst einmal seh’n, daß wir das hier in den Griff bekommen. Jörg helfen Sie mal.«

      Sebastian war der Meinung, daß der Zuchtbulle bei den Ärzten in den besten Händen war. Er zog den Bauern aus dem Verschlag und sprach beruhigend auf ihn ein. Es dauerte eine Weile, bis es ihm gelang. Schließlich wandte Xaver sich um und trottete mit hängendem Kopf zum Haus hinüber.

      Franz war indes in der Tür des Verschlages stehengeblieben und schaute grinsend zu, wie Elena und Jörg sich um das Tier kümmerten. Erst als der Bergpfarrer ihm auf die Schulter tippte, drehte er sich überrascht um.

      »Eigentlich bin ich hergekommen, um mit dir zu reden, Franz«, sagte der Geistliche.

      »Mit mir? Worüber denn?«

      Sebastian zog ihn von der Tür weg.

      »Über gestern abend. Wieso bist’ denn auf den Herrn Urban losgegangen und hast ihn geschlagen?«

      Der Knecht senkte verlegen den Kopf.

      »Wenn so einer daherkommt und einem das Madel wegnimmt…«, setzte er an.

      Doch der Seelsorger unterbrach ihn.

      »Davon kann ja wohl keine Rede sein. Soviel ich weiß, hat die Christine dich wissen lassen, daß du dich umsonst um sie bemühst. Oder ist’s net so?«

      Franz schluckte.

      »Mit Gewalt ist’s noch keinem gelungen, seine Probleme zu lösen«, fuhr Sebastian fort. »Dein Problem ist, daß du ein Madel liebst, das nix von dir wissen will. Das ist schlimm für dich, gewiß. Aber es gibt dir noch lang’ net das Recht, auf deinen vermeintlichen Rivalen loszugeh’n, wie ein wildgewordener Stier.«

      Franz Raudinger sah ihn bedrückt an. Das schlechte Gewissen war ihm deutlich anzusehen.

      »Na ja, es tut mir ja auch leid«, lenkte er ein. »Heut’ morgen hab’ ich mich ja auch schon wieder ganz freundlich mit ihm unterhalten.«

      Der gute Hirte von St. Johann sah den Knecht forschend an. Das paßte eigentlich nicht zu dem Ruf, den Franz im Wachnertal genoß. Rauflustig und jähzornig, so kannte man ihn, und wenn es irgendwo Händel gab, war er meistens nicht weit davon entfernt.

      »Ich will dir mal glauben, daß du das von gestern abend bereust«, sagte er. »Aber du solltest dich in Zukunft besser im Zaum halten. Wer weiß, was sonst noch für ein Unglück geschieht…«

      Die beiden Tierärzte traten aus dem Verschlag, und Franz machte sich schnell aus dem Staub.

      »Wie schaut’s aus?« fragte Sebastian.

      »Für’s erste scheint er über den Berg zu sein«, antwortete Elena Wiesinger. »Allerdings möchte ich schon wissen, woher diese Vergiftung rührt. Wir haben eine Probe des Mageninhalts genommen und werden sie analysieren lassen. Bis dahin können wir nur Vermutungen anstellen, wie es dazu kommen konnte. Aber das führt eh’ zu nix.«

      »Nehmen S’ mich wieder mit ins Dorf?« bat der Geistliche. »Ich glaub’, ich habe ein bissel was erreicht.«

      »Freilich, Hochwürden, wir sind vorerst auch hier fertig.«

      *

      »Was machst’ dir denn für Gedanken?«

      Christine sah Jörg fragend an. Am frühen Abend hatten sie sich getroffen, nachdem der Tierarzt seinen Notdienst beendet hatte. Die Einladung Elenas, zum Abendessen ins Wirtshaus zu gehen, hatte er abgelehnt.

      »Sie sollten sich wirklich keine Gedanken machen«, hatte die Tierärztin gesagt. »Ich jedenfalls geb’ nix auf das Gerede vom Wendlerbauern. Da kann mir einer sagen, was er will – Sie trifft keine Schuld an der Vergiftung.«

      Natürlich hatte Jörg sich über diesen Vertrauensbeweis gefreut, doch tief in seinem Inneren war er verzweifelt.

      Wenn ihm nun doch ein Fehler unterlaufen war? Wenn er nun doch schuldig geworden war?

      Diese Verzweiflung konnte auch Christine nicht verborgen bleiben. Auf dem Hof war nichts anderes Gesprächsthema, als der kranke Zuchtbulle, und wer wohl Schuld daran habe.

      Franz Raudinger stieß dabei in dasselbe Horn, wie der Bauer. Den ganzen Nachmittag hatten die beiden Männer auf der Diele verbracht und über Jörg Urban geredet. Dabei war auch zur Sprache gekommen, daß der Knecht am Abend zuvor einen Streit mit dem Tierarzt gehabt hatte. Als Christine zwischendurch einmal über die Diele ging, hörte sie die beiden darüber reden.

      »Ich hab’ einfach keine Erklärung dafür«, sagte Jörg verzweifelt. »Uns bleibt nichts and’res übrig, als das Ergebnis der Laboruntersuchung abzuwarten.«

      Er wandte sich ihr zu und zog sie an sich.

      »Komm, laß uns die trüben Gedanken verscheuchen und von etwas Schönerem sprechen.«