Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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und zog ihren Arm fort.

      Sie sprang die Treppe hinunter, und der Knecht lehnte sich über das Geländer der kleinen Galerie und sah ihr nach.

      Er wartete eine Weile, bis er sie in der Küche herumräumen hörte, dann schlich er sich nach unten und schaltete die Sicherung wieder ein.

      »Er tut’s wieder«, rief er in die Küche hinein und verschwand nach draußen.

      Christine hatte das Frühstück abgeräumt und das Geschirr in die Maschine gestellt. Sie ging wieder nach oben und schaltete den Staubsauger ein. Während sie den Flur zu Ende saugte, dachte sie schmunzelnd an Franz Raudinger.

      Der Bursche würde sich schon wundern. Aber er hatte es auch net anders verdient!

      *

      Beim Mittagessen unterhielten Elena und Toni Wiesinger sich mit Jörg über den Tanzabend. Es war selbstverständlich, daß sie ihren neuen Mitbewohner dort einführten und all den anderen bekannt machten, die zwar von dem neuen Tierarzt gehört, ihn aber noch nicht kennengelernt hatten.

      »Stellen S’ sich vor – ich hab’ sogar schon eine Verabredung«, verkündete Jörg mit einem Lächeln.

      »Was?« riefen die beiden überrascht. »Mit wem denn?«

      »Ein sehr hübsches Mädchen. Es arbeitete auf dem Wendlerhof…«

      »Die Christine!«

      Elena Wiesinger strahlte.

      »Da haben S’ sich das richtge Madel ausgeguckt«, meinte sie. »Christine ist wirklich eine patente junge Frau.«

      Jörg Urban legte sein Besteck auf den Teller und schaute versonnen vor sich hin.

      »Ja, es ist ganz merkwürdig«, erzählte er. »Als ich herkam, hätt’ ich mir gewiß net träumen lassen, daß ich mich so schnell verlieben würd’. Aber es ist nun mal gescheh’n, und ich würd’s auch gar net ändern wollen.«

      Seit er am Vortag vom Wendlerhof fortgefahren war, hatte er ständig an die hübsche Magd denken müssen. So schnell war es ihm noch nicht passiert, daß er sein Herz verloren hatte.

      Kaum konnte er die Stunden bis zum Tanzabend abwarten. Als er dann endlich zusammen mit den Wiesingers zum Löwen hin-überging, war er aufgeregt, wie ein Primaner bei seiner ersten Verabredung.

      Allerdings staunte er erst einmal über den Andrang, der vor dem Hotel herrschte. Aus dem Saal ertönten bereits die ersten Klänge der Musik, und Sepp Reisinger, der am Eingang stand und die Gäste begrüßte, strahlte über das ganze Gesicht.

      Die Samstagabende gehörten zu den umsatzstärksten Stunden. Nicht nur in St. Johann kamen die Tanzfreunde herbei. Auch aus Waldeck und Engelsbach fanden sie sich ein, und die Touristen, die entweder im Hotel oder in einer der Pensionen wohnten, ließen sich die Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen, nicht nehmen.

      Wie es sich gehörte, hatten die Honoratioren des Dorfes einen besonderen Tisch, neben dem Apotheker, dem Bäcker und dem Kaufmann gehörten natürlich der Bürgermeister, Max Trenker und Familie Wiesinger dazu. Manchmal schaute auch der Bergpfarrer vorbei und blieb auf ein Glas Wein.

      Elena übernahm es, den neuen Kollegen vorzustellen, und Jörg freute sich, Claudia Bachinger kennenzulernen, die es zu Max’ großer Freunde hatte einrichten können, doch noch herzukommen. Ursprünglich hatte die attraktive Journalistin, die bei der Zeitung in Garmisch arbeitete, nach München fahren sollen, um dort, am nächsten Tag, in der Stadtkanzlei dem Besuch eines hohen, ausländischen Würdenträgers beizuwohnen und darüber zu berichten. In letzter Minute war es ihr gelungen, einen Kollegen, der ohnehin in München zu tun hatte, zu bitten, diesen Auftrag für sie zu übernehmen.

      Nach den ersten zwangslosen Plaudereien schaute Jörg immer wieder zur Tür. Er wollte es auf keinen Fall verpassen, wenn Christine hereinkam.

      Dann endlich sah er sie.

      Sie stand im Eingang zum Saal und sah hinreißend aus. Das Dirndl, das sie trug, war das schönste, das der junge Tierarzt je gesehen hatte, und an ihr wirkte es wohl noch hundertmal schöner.

      Die Haare hatte die Magd zu einem Zopf geflochten, und außer einem silbernen Halskettchen trug sie keinen anderen Schmuck. Jörg stand auf und ging zu ihr hinüber. Sie lächelte, als sie ihn sah.

      »Guten Abend«, sagte er. »Schön, daß Sie da sind.«

      »Haben S’ schon auf mich gewartet?«

      »Sehr«, gab er zu und reichte ihr die Hand.

      Ihr Herz jubelte, als sie es hörte. Jörg bemerkte erst jetzt den Mann hinter ihr. Es war Franz Raudinger, der ihn düster ansah.

      »Hallo«, begrüßte er ihn. »Sind S’ auch hergekommen…«

      »Ja, mit meiner Braut«, gab der Knecht zurück.

      Jörg machte ein verdutztes Gesicht. Verlegen blickte er erst Christine und dann Franz an.

      »Ihre Braut…?«

      Die Magd drehte sich um, ihre Augen funkelten wieder böse, wie sie es immer taten, wenn Christine sich fürchterlich ärgerte.

      »Red’ net so einen Schmarr’n«, sagte sie. »Ich bin mit dem Herrn Urban verabredet, und daß wir verlobt sind, davon kann schon gar keine Rede sein.«

      Sie nahm Jörgs Arm und zog ihn mit sich. Franz blieb in der Tür zurück. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt, als er ihnen hinterher schaute, und er biß sich auf die Unterlippe, um seinen Zorn zu unterdrücken.

      So war das also. Sie hatte ihn zum Narren gehalten und sich den Herrn Tierarzt geangelt! Na ja, er war auch was Bessers, nicht nur ein Knecht. Franz Raudinger ballte die Hände zu Fäusten. Dann ging er an den Tresen und ließ sich einen doppelten Obstler einschenken. Während er den Schnaps hinunterkippte und einen weiteren verlangte, kochte es in ihm.

      Wart, Bursche, dich kauf ich mir, dachte er. So leicht laß ich mir das Madel net ausspannen. Net von so einem Dahergelaufenen!

      *

      Christine hatte Jörg direkt auf die Tanzfläche geführt. Sie hoffte, die Peinlichkeit der Situation so überspielen zu können. Während sie sich im Rhythmus eines Walzers drehte, sah sie ihrem Tanzpartner in die Augen.

      Jörg erwiderte den Blick.

      »Was sollte das eigentlich heißen?« fragte er, nachdem die Musik geendet hatte. »Wieso redet der Herr Raudinger davon, daß Sie seine Braut wären.«

      Die Magd zuckte die Schultern.

      »Weil er ein riesiger Hirsch ist, ein damischer«, antwortete sie. »Er bildet sich ein, ich hätt’ ihm mein Wort gegeben und spricht überall darüber. Was mich am meisten ärgert ist, daß nix davon stimmt.«

      Der Tierarzt hatte sie an die Sektbar geführt.

      »Aber offenbar glaubt er es.«

      Er hatte zwei Gläser bestellt und reichte Christine eins.

      »Deshalb hab’ ich ihn auch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt«, antwortete sie und erzählte ihm, daß Franz sie gedrängt hatte, mit ihm auf den Tanzabend zu gehen.

      »Oha, dann kann ich versteh’n, daß er jetzt wütend auf mich ist«, meinte Jörg.

      Christine sah ihn sehnsüchtig an.

      »Wir wollen aber net mehr von ihm reden«, sagte sie und hob ihm ihr Glas entgegen.

      Sie prosteten sich zu, sahen sich wieder in die Augen und stellten, wie auf Kommando, ihre Gläser auf den Tresen der Sektbar zurück.

      Jörg wußte, daß jetzt der Augenblick gekommen war, den er sich seit gestern morgen immer wieder vorgestellt hatte. Er nahm sie in seine Arme und küßte sie. Erst zaghaft, dann fester und voller Leidenschaft.

      »Das ist mir noch nie passiert, daß ich mich so schnell verliebt habe«, gestand er mit rauher Stimme.

      Zärtlich