Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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ist wirklich sehr schön dort oben. Kennen Sie die Almhütte?«

      Der Internist lachte.

      »Nur aus der Luft«, meinte er. »Pfarrer Trenker hat sie mir gezeigt, als wir mal darüber hinweggeflogen sind.«

      Angesichts der Bedeutung des Tages war der Mediziner in aufgeräumter Stimmung. Am Morgen hatten er und seine Frau gemütlich auf ihrem Zimmer gefrühstückt, und zuvor war Ulrich Bernhard schon unterwegs gewesen, um einen besonders schönen Blumenstrauß zu besorgen. Hedda freute sich darüber fast noch mehr, als über die Halskette, die ihr Mann noch in München besorgt, und ihr zusammen mit den Blumen überreichte.

      Aber auch sie hatte ein Geschenk für ihn. Da der Professor immer mehr Termine hatte, und sein Notizbuch schon sehr alt war und aus vielen, losen Blättern bestand, hatte seine Frau ihm ein neues, elektronisches Notizbuch gekauft. Alles was er dort hineinschrieb, wurde gespeichert, und die Daten konnte er über seinen Computer zu Hause abrufen oder bearbeiten.

      In der Hotelhalle traf er dann auf Robert.

      »Wissen S’ was, Herr Feldmann? Ich möcht’ Sie einladen«, sagte er zu dem jungen Werbefachmann. »Meine Frau und ich haben heut’ uns’ren Hochzeitstag. Drüben, im Pfarrhaus, kocht die Frau Tappert für uns, und ich würd’ mich freuen, wenn Sie auch zu dem kleinen Festmahl kämen.«

      »Vielen Dank, Herr Professor«, freute Robert sich über die Einladung. »Ich nehme sehr gerne an.«

      Auch wenn ihm nicht nach Feiern zumute war, so dachte er doch, daß es eine gute Ablenkung wäre. Anstatt im Hotel zu sitzen und Trübsal zu blasen.

      Seit er gestern aus Franzis Wagen gestiegen war, fühlte er sich nur noch elend. Er war gleich auf sein Zimmer gegangen und hatte es nicht mehr verlassen. Ein paarmal war er versucht, sie anzurufen, doch dann unterließ er es. Ihm war klar, wie sehr er sie gekränkt haben mußte und es tat ihm unendlich leid.

      Er lag auf seinem Bett und sah ihrer beider Gesichter vor sich. Melanies und Franzis. Und so sehr er sich auch bemühte, den Geist der Vergangenheit abzuschütteln, es wollte ihm nicht gelingen.

      Am Morgen fühlte er sich wie gerädert. Kaum ein Auge hatte er zugetan, und seine Stimmung besserte sich erst, als er auf Professor Bernhard traf.

      »Na, haben S’ sich gut erholt von uns’rem vorgestrigen Aufstieg«, fragte Sebastian Trenker ihn.

      Robert lächelte.

      »Es war ein einmaliges Erlebnis, Hochwürden«, antwortete er. »Herzlichen Dank dafür.«

      Er erzählte, daß er gestern noch einmal zur Kandereralm hinaufgegangen war. Von Franzi und ihrem Liebesgeständnis sagte er allerdings nichts.

      Die Haushälterin kündigte an, daß das Essen soweit sei, und man könne mit der Vorspeise beginnen. Gerade eben traf das Ehepaar Wiesinger ein. Die Gäste nahmen Platz. Der Bergpfarrer hatte ein paar schöne Weine aus seinem Keller ausgesucht. Insgesamt umfaßte die ausgesuchte Runde neun Personen, und es war Sophie Tappert anzusehen, wie sie sich darüber freute, soviel Leute am Tisch des Pfarrhauses sitzen zu haben.

      Nach der Vorspeise kam die Suppe. Sie bestand aus gekochten Pastinaken, die in der Brühe püriert worden waren. Frau Tappert hatte einen guten Schuß Sahne dazugegeben und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. So einfach diese Suppe war, so gut schmeckte sie und fand allgemein Beifall.

      Während des Essens wurde sich angeregt unterhalten, und Max hatte es übernommen, dafür zu sorgen, daß die Gäste immer etwas zu trinken in ihren Gläsern hatten.

      Hedda Bernhard hatte sich statt eines Bratens, einen Fischgang gewünscht. Unter den erwartungsvollen Augen der kleinen Gesellschaft, wurden zwei Platten hereingetragen. Auf ihnen lagen gedünstete Lachse, deren Bäuche mit Kräutern und Zitronenscheiben gefüllt waren. Dazu gab es Dillkartoffeln und eine aufgeschlagene Buttersauce. Den Salat dazu hatte die Ärztin eigenhändig am Nachmittag im Pfarrgarten gepflückt.

      »Herrlich dieser Weißwein«, lobte Ulrich Bernhard die Weinauswahl des Geistlichen. »Er paßt ausgezeichnet zu dem Fisch.«

      Dieser Meinung schlossen sich die anderen an. Es wurde üppig gespeist, und besonnen dazu getrunken.

      Sebastian, der am Kopf der Tafel, neben dem Ehepaar Bernhard saß, fiel auf, daß Robert Feldmann in sich gekehrt wirkte. Zwar beteiligte er sich an dem Tischgespräch, aber eigentlich nur, wenn er direkt angesprochen wurde.

      Später sprach Max seinen Bruder darauf an. Dem jungen Polizeibeamten war es nämlich auch aufgefallen. Sebastian und er gingen in den Keller, um noch ein paar Flaschen Wein heraufzuholen.

      »Ja, es ist mir aufgefallen«, nickte der Seelsorger. »Du mußt wissen, daß der Herr Feldmann ein schlimmes Erlebnis hinter sich hat. Es ist zwar schon zwei Jahr’ her, aber er hat’s immer noch net verkraftet. Als ich mit ihm den Kogler hinauf bin, hat er mir davon erzählt.«

      Er reichte seinem Bruder zwei Weinflaschen, Weißburgunder aus Österreich, ein edler Tropfen aus einem besonders guten Jahrgang.

      »Ich werd’ ein Auge auf ihn haben«, sagte Sebastian. »Und vielleicht sprech’ ich ihn auch noch darauf an.«

      *

      Franz Thurecker kannte seine Nichte nicht wieder. Seit gestern nachmittag war sie total verändert, und nach Franz’ Meinung konnte es nur etwas mit dem jungen Mann zu tun haben, der Franzi so den Kopf verdreht hatte.

      Schweigsam hatte sie gestern abend vor der Hütte gesessen, und auch heute morgen redete sie nicht viel. Die anfallenden Arbeiten erledigte sie, als täte sie die Handgriffe im Schlaf, und sie war heilfroh, als an diesem Tag nicht soviel Wanderer heraufkamen.

      Am Nachmittag saß das Madel vor der Hütte und schaute in die Ferne. Immer wieder rief Franzi sich den gestrigen Nachmittag in Erinnerung.

      Wie hatte sie sich darauf gefreut, Robert wiederzusehen. Dann seine unkonventionelle Art mit anzupacken, als er sah, daß sie und ihr Onkel den Ansturm der Gäste nicht alleine bewältigten. Schließlich der wunderbare Spaziergang, verbunden mit der Suche nach Kräutern.

      Doch von dem Moment an, als sie sich ins Gras gesetzt hatten, und Franzi, von ihren Gefühlen überwältigt, ihm ihre Liebe gestand, von diesem Moment an war nichts mehr wie zuvor.

      Wieder rannen ihr Tränen über das Gesicht, als sie an seine ablehnende Haltung dachte.

      Iris hatte ja so recht gehabt! Wie hatte sie auch nur annehmen können, daß so ein Mann, wie Robert Feldmann, ungebunden wäre?

      Sich in so einen zu verlieben, mußte ja in einer Tragödie enden!

      »Na, Madel, dein Kummer ist ja gar net mit anzuseh’n.«

      Überrascht drehte sie sich um. Sie hatte gar nicht bemerkt, daß der Onkel hinter sie getreten war. Franzi wischte sich die Tränen ab und versuchte, nicht gar so verheult auszusehen.

      »Ist schon gut«, sagte sie mit leiser Stimme.

      »Willst’ mir net erzählen, was gescheh’n ist?«

      Der alte Senner sah sie bedauernd an. Seine Hilflosigkeit war ihm anzusehen. Seit Jahren lebte er allein und war nicht sehr geschickt im Umgang mit weinenden Frauen.

      Franzi zuckte die Schulter. Mit wenigen Worten schilderte sie ihren Kummer. Franz Thurecker hörte geduldig zu.

      »Na ja, vielleicht ist’s besser so«, meinte er. »Bevor’s gar zu schlimm geworden war’. Außerdem – find’ ich’s recht anständig von dem Burschen, daß er so ehrlich zu dir war und die Situation net ausgenutzt hat.«

      Das mochte vielleicht ein Trost für das Madel sein, aber doch ein recht schwacher.

      Den Rest des Tages wandelte Franzi, als stände sie neben sich, und sie war froh, als alle Arbeiten erledigt waren, und sie sich in ihre Kammer zurückziehen konnte.

      Morgen abend wollten wir tanzen geh’n, dachte sie bitter. Aber daraus wurde wohl nichts.

      Stumm