Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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könnten S’ ein Vermögen damit verdienen.«

      Der alte Senner lachte verschmitzt.

      »Was soll ich noch mit einem Vermögen?« fragte er. »Ich hab’ hier oben alles, was ich zum Leben brauch’. Wenn der Herrgott gewollt hätt’, daß ich ein reicher Mann werd’, dann hätt’ er mich in eine reiche Familie hineingeboren.«

      Damit hatte er im Grunde wiederholt, was der Bergpfarrer auch schon zu Robert gesagt hatte. Franz hob beide Hände und winkte ab.

      »Nein, nein, da ist’s schon besser so, wie’s ist. Außerdem – Geld macht net glücklich.«

      Dem konnte Robert kaum etwas entgegensetzen. Franzi erschien und brachte das Mittagessen.

      »Mir sind schon wieder die Kräuter ausgegangen«, erzählte ihr Onkel während des Essens. »Und nach dem Ansturm heut’ mittag, ist auch kein Frischkäse mehr da.«

      »Dann geh’n wir zwei später los und suchen welche. Einverstanden?« wandte sich seine Nichte an den Besucher.

      »Sehr gern. Es interessiert mich schon lang’, was da alles in den Frischkäse hineinkommt. Der schmeckt ja wirklich einmalig lecker.«

      Wenig später zogen sie zusammen los. Franzi zeigte dem Städter, welche Kräuter in den Korb hineindurften, und was mehr oder weniger Unkraut war. Robert lernte schnell, und es dauert nicht lange, bis der Korb voll war.

      Sie waren ein gutes Stück die Alm hinaufgewandert, unter ihnen lag die Kandererhütte, und die Kühe auf den Hängen sahen ganz winzig aus.

      »Ich wollt’ mich noch für die Einladung am Samstag bedanken«, sagte Franzi. »Ich freu’ mich schon sehr darauf.«

      Robert Feldmann erwiderte, daß er sich ebenfalls auf den Abend freue, doch hinter seiner Miene stand etwas ganz anderes geschrieben.

      *

      Nachdem er gestern mit Pfarrer Trenker gesprochen hatte, war Robert sehr nachdenklich ins Hotel zurückgekehrt. Die gemeinsame Bergtour hatte ihm viel Spaß bereitet. Der Geistliche erwies sich als ausgesprochener Kenner seiner Heimat, und bestimmt hätte ein anderer Bergführer ihm nicht soviele Dinge gezeigt, wie es Hochwürden getan hatte.

      Er hatte auch versucht, Robert davon zu überzeugen, daß seine Schuld nicht so groß war, wie er überzeugt war. Aber so recht wollte der junge Mann es nicht glauben. Immer wieder sah er die schrecklichen Bilder vor sich.

      Die Wahnsinnsfahrt, bei strömenden Regen, ins Krankenhaus, das grelle Neonlicht auf dem Flur, Melanies Eltern. Verzweiflung und Hoffnung stand ihnen ins Gesicht geschrieben.

      Dann die geschäftig hin und her eilenden Ärzte und Schwestern, und schließlich das betretene Gesicht des Chefarztes, als er die niederschmetternde Nachricht überbrachte.

      Viel deutlicher als sonst, sah Robert dies alles vor sich, und jedes Bild verdeutlichte ihm, was er getan hatte.

      Warum nur, fragte er sich zum unzähligsten Male, hab’ ich sie fortgeschickt?

      Aber auch gestern und heute fand er keine Antwort darauf. Franzi, die neben ihm im Gras saß, schaute ihn an.

      »So nachdenklich?«

      Er zuckte die Schulter und versuchte zu lächeln.

      »Ja, entschuldige, Franzi, ich war in Gedanken«, sagte er, wobei er sie zum ersten Mal duzte.

      Erst jetzt bemerkte er den zärtlichen Blick, den das junge Madel ihm zuwarf.

      »Robert…?«

      »Ja?«

      »Ich bin sehr froh, daß wir uns kennengelernt haben«, sagte Franzi leise. »Ich glaub’, ich hab’ mich in dich verliebt…«

      Er schloß die Augen. Was er geahnt und befürchtet hatte, war eingetreten.

      »Franzi… ich…«

      »Sag’ nix, Robert«, bat sie und legte ihren Finger auf seine Lippen.

      Dann beugte sie sich vor und küßte ihn.

      Wie flüssiges Feuer fuhr es durch sein Blut. Zwei Jahre war es her, daß er die Lippen einer Frau auf seinem Mund gespürt hatte.

      Himmel, ich liebe dich doch auch!, schrie es in ihm.

      Und doch nahm er ihre Hand und drückte sie sanft herab.

      »Nein, Franzi, bitte net«, bat er. »Das dürfen wir net.«

      Ihre Enttäuschung war nicht zu übersehen. Unwillkürlich mußte Franzi an Iris’ Worte denken.

      »Gibt’s eine and’re Frau in deinem Leben?« fragte sie nach einer Weile, in der sie schweigend nebeneinander saßen.

      Robert sah sie an.

      »Nein und ja, Franzi«, antwortete er. »Ich weiß net, wie ich’s dir erklären soll. Es ist…«

      »Schon gut«, rief sie und sprang auf. »Du bist mir keine Erklärung schuldig.«

      Sie nahm den Korb auf und lief davon. Robert schaute ihr nach, bis er sich endlich aufraffte. Kurz vor der Hütte hatte er sie eingeholt.

      »Bitte, Franzi, wart’ einen Moment«, sagte er. »Wir müssen miteinander reden. Es tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt hab’. Aber… ich kann net anders.«

      Sie war tatsächlich stehengeblieben.

      An den Spuren in ihrem Gesicht konnte er erkennen, daß sie geweint hatte, und sie tat ihm unendlich leid.

      »Ich würd’ dir so gern’ alles erklären«, begann er erneut.

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Du mußt mir nix erklären«, erwiderte sie. »Es ist halt so, wie’s ist. Laß uns die Kräuter zur Hütte bringen. Onkel Franz wartet schon darauf. Und dann fahr’ ich dich ins Tal hinunter.«

      Kein Wort fiel zwischen ihnen, als sie nach St. Johann fuhren. Erst kurz vor dem Dorfeingang versuchte Robert, sie noch einmal anzusprechen.

      »Franzi, bitte, es tut mir wirklich leid. Ich wollt’ dich net verletzten.«

      Sie antwortete nicht.

      »Ich…, ich wünschte, ich könnt’s dir erklären…«

      Das Madel hatte vor dem Hotel gehalten.

      »Schon gut.«

      Franzi Burger schaute stumm nach vorne. Robert seufzte und öffnete die Wagentür.

      Während er ausstieg, steckte ein dicker Kloß in ihrem Hals. Die junge Frau hatte Mühe, nicht wieder in Tränen auszubrechen. Sie wollte nicht weinen. Nicht jetzt und hier, sondern wenn sie alleine war, in der kleinen Kammer, auf der Hütte ihres Onkels.

      Wo niemand ihre Tränen sah.

      *

      Ein betörender Duft zog durch das Pfarrhaus. Seit dem Nachmittag war Sophie Tappert mit den Vorbereitungen für das Festmenü beschäftigt, und auf dem Herd dampfte und zischte es, daß man glauben konnte, in einer Großküche zu sein.

      Sebastian hatte Hedda und Ulrich Bernhard eine ganz besondere Freude bereitet. Während der Abendmesse bat er sie nach vorne zum Altar. Dort erwähnte er den Ehrentag der beiden und segnete das Jubelpaar. Jetzt stand die kleine Festgesellschaft im Eßzimmer des Pfarrhauses und bereitete sich für das Essen mit einem Apperitif vor. Die Vorspeise, ein fruchtiger Cocktail mit frischen Krabben, stand bereits auf dem Tisch.

      Sehr zur Freude von Max Trenker war Claudia Bachinger am späten Nachmittag eingetroffen. Die Journalistin hatte es einrichten können, doch schon am Freitag ihr Wochenende zu beginnen.

      Unter den Gästen befand sich auch Robert Feldmann. Am Mittag waren er und Ulrich Bernhard sich in der Hotelhalle begegnet. Der Professor hatte den jungen Mann angesprochen, als er ihn sah.

      »Wie war Ihr Ausflug auf die Alm?« hatte er gefragt.

      Robert