...denn ihrer ist das Himmelreich. Jost Müller-Bohn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jost Müller-Bohn
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783869548739
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mein kleiner Bruder Peter so krank war und die Mutti jeden Tag ins Krankenhaus fuhr, blieben wir allein im Bett liegen: der Uli, die Thea und ich. Da flog auf einmal eine Motte im Zimmer herum.

      Die Lampe brannte schon. Wenn eine Motte Licht sieht, dann fliegt sie mitten in den hellen Schein des Lichtes hinein. Zuerst kam uns das lustig vor. Dann nahm einer ein Tuch und schlug nach der Motte. Jetzt begann die Motte blitzschnell hin und her zu fliegen. Wir hatten alle Fieber und waren deshalb am Abend sehr aufgeregt. Plötzlich schrie jemand: „Das ist ja ein böses Tier, es greift uns an!“

      Dann schrien wir alle: „Ja, das ist ein böses Tier, es will uns stechen oder auffressen.“ Wir schlugen wie wild mit den Tüchern nach der Motte, die natürlich immer wilder hin und her flog. Jetzt brüllte ich: „Los, wir fliehen aus dem Schlafzimmer und rennen ins Wohnzimmer!“ Das taten wir dann auch. „Macht doch die Tür zu!“ rief ich, „sonst kommt das böse Tier uns nach!“

      So sprangen wir mit lautem Geschrei im Nachthemd auf den Wohnzimmertisch. Da kam gerade unsere Mutti vom Krankenhaus zurück.

      „Was ist denn hier los? Seid ihr denn ganz und gar verrückt geworden?“ fragte sie.

      „Mutti, da im Schlafzimmer ist ein böses Tier“, heulten wir alle drei los.

      „Aber Kinder“, sagte die Mutti, „das ist doch nur eine Motte, die tut niemand etwas. Gott ist doch allezeit bei euch und seine Engel auch, wisst ihr denn das nicht? Außerdem kann euch doch eine kleine Motte gar nichts tun.“

      Auch ein Käuzchen tut uns nichts, es ist ein ganz lieber, drolliger Vogel. Wenn es nachts ruft, dann klingt es wunderschön, so richtig melodisch für die Nacht geschaffen. Wenn ich ein Käuzchen rufen höre, dann lobe ich Gott und bete mit großer Freude: „Ach Herr, der du Himmel und Erde gemacht hast, du hast auch dieses Käuzchen geschaffen. Sein wehmütiger Ruf in der Nacht ist auch ein Lobpreis zu deiner Ehre. Ich danke dir, dass ich mich nachts nicht zu fürchten brauche, denn du bist bei mir und deine heiligen Engelscharen umgeben mich allezeit. Amen.“

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      17.

       Februar

      „Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!“

      Psalm 121,7.8

      Wie schnell kann man doch heute von einem Ort zum anderen kommen! Wenn es Winter wird und der Schnee fällt, dann packen die Leute in Norddeutschland ihre Skier und Rodelschlitten auf den Gepäckständer des Autos und fahren in die Berge, um sich dort beim Wintersport zu erholen.

      Im Sommer, wenn die Sonne heiß auf die Erde brennt, nehmen die Leute aus Süddeutschland ihre Badesachen und fahren an die Nord- oder Ostsee, um sich beim Wassersport zu erholen. In wenigen Stunden kann man vom Meeresstrand bis zu den Alpen fahren oder auch umgekehrt. Mit dem Flugzeug können etwa vierhundert Menschen den großen Ozean in sieben Stunden überqueren und in Amerika landen. - Ist das nicht fabelhaft?

      Als Ludwig Richter geboren wurde, gab es noch keine Eisenbahn, keine Autos und auch keine Flugzeuge. Die Kinder, die am Meer geboren wurden, sahen während ihres ganzen Lebens nie die hohen Berge der Alpen und die Schweizer Mädchen und Jungen konnten sich das Meer nur in Bilderbüchern ansehen. Nur ganz reiche Leute fuhren manchmal mit der Postkutsche wochenlang durch das Land, um einmal das Meer oder die Berge zu sehen.

      In einem Fischerdorf an der Nordseeküste lebte der kleine Hans Hansen. Sein Vater war Seemann und kam nur zweimal im Jahr nach Hause. Hans sah täglich das weite, rauschende Meer. Wenn dann die Möwen kreischend über die hohen Wellen segelten, wurde er auch von tiefer Sehnsucht gepackt, einmal als Seemann mit einem Schiff über die großen Meere zu segeln.

      Als Hans sechs Jahre alt war, sah er den Vater zum letzten Mal. Das Schiff ging bei einem großen Wirbelsturm unter und nur der Steuermann wurde gerettet. Seine Mutter war nun ganz allein mit Hans. Sie lasen aber täglich in der Bibel und beteten zu Gott. Hans lernte im Religionsunterricht viele Bibelverse und Lieder vom Heiland auswendig. Als er vierundzwanzig Jahre alt war, zog er hinaus in die weite Welt, natürlich als Matrose auf einem Segelschiff, wie sein Vater vorher. Die Mutter weinte sehr, als er vor ihr niederkniete, um von der Mutter zum letzten Mal den Segen Gottes zu erhalten: „Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ Die Mutter gab dem Jungen noch eine Bibel mit und bat ihn, immer darin zu lesen und treu zu Gott zu beten.

      So fuhr Hans auf einem großen Handelsschiff über das weite, weite Meer - wochenlang, monatelang. Die Mutter bekam aus Kapstadt einen fröhlichen Brief, aus Indien und auch aus Australien. Dann kam lange Zeit keine Nachricht mehr. - Das Schiff war in einen grauenhaften Wirbelsturm geraten, die Segel zerrissen, das Steuer zerbrochen, der Rumpf auseinander gerissen. Die Wellen spülten Hans über Bord, er schwamm aus Leibeskräften Stunde um Stunde im großen Meer. In großer Angst schrie er zu Gott: „Herr, hilf mir und rette mich! Denke an den Segen meiner Mutter, den sie über mir erbeten hat.“ Dann wurde er ohnmächtig. Die Wellen spülten ihn ans Land. Dort blieb er bewusstlos liegen.

      Seht ihr ihn dort auf einer Klippe? Wie es ihm dann weiter ergangen ist, wollen wir morgen hören. Ob ihr bis dahin Geduld habt zu erfahren, wie es dem Hans weiter erging? Wenn nicht, müsst ihr die Geschichte für morgen eben zweimal lesen.

      Nun wollen wir beten: Herrlicher Gott, heute wollen wir an alle Menschen denken, die vielleicht in großer Gefahr sind, auf dem Schiff, im Flugzeug, in der Eisenbahn oder im Auto, im Gebirge bei den Schneelawinen, in Überschwemmungen oder in anderen Gefahren. Hilf du ihnen und rette sie. Amen.

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      18.

       Februar

      „Die sollen dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut, und sollen Dank opfern und seine Werke erzählen mit Freuden.

       Die mit Schiffen auf dem Meer fuhren und trieben ihren Handel auf großen Wassern, die des Herrn Werke erfahren haben und seine Wunder auf dem Meer, wenn er sprach und einen Sturmwind erregte, der die Wellen erhob - und sie froh wurden, dass es still geworden war und er sie zum erwünschten Lande brachte: die sollen dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an Menschenkindern tut.“

      Psalm 107,21-25.30-31

      Dieses Gotteswort las einst der Pfarrer im Religionsunterricht in der Schule, als Hans noch ein Kind war und in seiner Heimat lebte. Durch ein großes Wunder hatte Gott den Hans als einzigen Mann des Schiffes vom Tode errettet. Der mächtige Sturm ließ nach und die hohen Wellen verkrochen sich in das tiefe Meer. Als Hans erwachte, hörte er nur das wilde Rauschen des Meeres und das Schreien der Möwen. Im ersten Augenblick dachte der junge Mann, er würde wie früher als Knabe am Strand der Nordsee in der Heimat sein. Doch langsam kam sein Bewusstsein wieder und er musste feststellen, dass er auf einer einsamen Insel mutterseelenallein war. Trotzdem erhob er seine Hände und dankte Gott, dass er ihn aus den großen Fluten des Meeres errettet und glücklich ans Land getragen hatte. Aber er war ja völlig durchnässt und konnte seine Kleider nicht wechseln. Außerdem besaß Hans nichts zu essen oder zu trinken. Es gab auch keine Möglichkeit etwas zu bekommen, denn die Insel war unbewohnt. So dachte er nun, an grausamem Hunger sterben zu müssen oder von wilden Tieren gefressen zu werden. Er besaß auch keine Waffe, um vielleicht ein Reh oder einen Hasen schießen zu können. Zum großen Glück gab es auf dieser Insel keinen Winter. Am Tage strahlte die Sonne glühend heiß auf die Erde und nachts wurde es empfindlich kühl am Boden. Deshalb wollte sich Hans auf einem Baum ein Nest bauen, um dort etwas geschützt vor Schlangen oder anderen bösen Tieren schlafen zu können.

      Als er nun mit großer Anstrengung an einem Baumstamm emporkroch, bemerkte er, dass der Baum seltsame Früchte trug, es war eine Kokospalme. Mit einem Stein schlug er eine Kokosnuss auf, trank daraus die Milch und aß die Kokosfrucht. So hatte er zunächst seinen Hunger und Durst gestillt. Es wurde