Taunusschuld. Osvin Nöller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Osvin Nöller
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Gramberg-Reihe
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347100527
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ist der Sohn der Angestellten ­Simone ­Dörling!“, schob sie mit triumphalem Tonfall nach.

      ­Martin sprang auf. „Super! Dann wollen wir die Dame fragen, was sie dazu zu sagen hat.“ Er sah Felix an. „Was ist mit der Tatwaffe?“

      „Vor wenigen Minuten erschien unten ein merkwürdiger Kauz und hat eine Walther P 99 auf den Tresen des Infoschalters gelegt. Er hat die Waffe angeblich auf dem Grab seiner Bella gefunden.“

      ­Martin kniff die Augen zusammen. „Seiner was?“

      „Na, seiner Hündin. Die liegt auf dem Tierfriedhof am Krankenhaus und auf dem Grab …“

      „Okay, habe ich verstanden“, unterbrach ihn der Hauptkommissar. „Wir teilen uns jetzt auf. Felix und ich vernehmen die ­Dörling.“ Er sah ­Sandro an. „Du und Sarah nehmt euch den Tierfreund vor. Los geht’s!“

      ***

      „Möchtest du noch einen Kaffee?“ Siggi setzte sich zu ­Melanie an den Stammtisch im Silbernen Bein.

      „Nein, danke, mein Herz bubbert jetzt schon wie verrückt.“ Sie steckte das letzte Stück ihres Brötchens in den Mund. Als er sie am Morgen angerufen und zum Frühstück eingeladen hatte, war sie vor allem dankbar gewesen, nicht allein sein zu müssen.

      „Was willst du wegen der neuen Drohmail unternehmen?“

      Sie verzog das Gesicht. „Weiß ich noch nicht. Ich überlege, zu ­Wolrich zu gehen. Mit dem kann ich ganz gut. Vielleicht nimmt der das ernst.“

      Siggi schaute sie direkt an. „Soll ich mitkommen?“

      Sie bedachte ihn mit einem warmen Blick. „Das wäre super. Lass mich dir aber noch erzählen, was mich seit gestern Abend umtreibt. Langsam glaube ich, ich leide unter Verfolgungswahn.“

      Sie berichtete kurz von ihrem Gefühl, ein ungebetener Gast könnte am Vortag in der Wohnung gewesen sein. „Ich bin eigentlich ganz sicher, das Notebook am Vorabend ausgeschaltet zu haben.“

      Siggi runzelte die Stirn. „Eigentlich?“

      „Das ist es ja. Ich bin mir sicher, eine Sekunde später aber nicht mehr. Ich bin zigmal durch die Zimmer gegangen. Es gibt nicht das geringste Anzeichen für einen Einbruch. Auch nicht am Schloss der Eingangstür. Es fehlt nichts. Außerdem ist mir schleierhaft, warum jemand meinen Computer hochfahren sollte, aber nicht klaut. Er ist außerdem mit einem Passwort geschützt.“

      Siggi stand auf und räumte das Geschirr zusammen. „Schon merkwürdig“, gab er zu. „Was hast du heute vor?“

      „Nichts Besonderes. Ich hab nachher einen Termin bei einem kleinen Unternehmen in Friedrichsdorf. Die vermuten, dass ein Mitarbeiter Daten an die Konkurrenz weitergibt. Ich weiß noch nichts Genaues, lass mich mal überraschen.“

      Ihr Smartphone klingelte. Nadine Gissel. Was wollte die Redakteurin des Taunusblicks von ihr? Sie drückte das Gespräch weg. Einen kurzen Moment später meldete das Handy den Eingang einer Nachricht.

WA-S37

      ­Melanie klickte das Foto an, das an der Mitteilung hing. Sie klammerte sich an ihren Stuhl, weil die Welt zu schwanken begann.

      ***

      Der Mann mochte um die siebzig sein. ­Sandro und Sarah begrüßten ihn und stellten sich vor. Der Zeuge sprang auf. ­Sandro befürchtete beinahe, er würde die Hacken zusammenschlagen.

      „Guten Morgen, Herr Kommissar. Täuber mein Name.“ Sarah schien er nicht zu bemerken. „Habe ich das richtig gemacht, dass ich die Waffe mitgebracht habe, oder hätte ich Sie zum Friedhof rufen müssen?“

      ­Sandro seufzte innerlich. Das versprach heiter zu werden. Eine solche Vernehmung hatte ihm gerade noch gefehlt. Zum Glück kamen die nicht so oft vor. „Alles gut, Herr Täuber, setzen Sie sich bitte.“

      Sarah und er nahmen gegenüber Platz. Selbstverständlich wäre es richtig gewesen, die Polizei zum Fundort zu rufen, aber diese Diskussion ersparte er sich. Die Kriminaltechnik war ohnehin auf dem Weg zum Tierfriedhof. Allerdings befürchtete er, dass der Alte die Spurenlage verändert hatte.

      „Haben Sie die Waffe mit bloßen Händen angefasst?“

      Täuber setzte einen empörten Gesichtsausdruck auf. „Wo denken Sie hin, Herr Kommissar? Ich verpasse keine Tatortfolge und schaue auch meist die Soko-Serien im ZDF. Da weiß ich doch, wie man sich verhalten muss, wenn man eine Tatwaffe findet. Ich habe das gute Stück natürlich vorsichtig mit einem Taschentuch genommen.“ Er holte ein großes Stofftuch aus der Hosentasche und breitete es auf dem Tisch aus.

      ­Sandro glaubte zu spinnen. Warum hatte der selbsternannte Fachmann bei dem grandiosen Expertenwissen die Waffe nicht liegen lassen? „Stopp, das können Sie einpacken. Wir brauchen es nicht. Erzählen Sie bitte, wie und wo Sie die Schusswaffe gefunden haben.“

      Der Zeuge schien enttäuscht zu sein und verstaute das Tuch wieder in der Tasche. Er erzählte, dass er am Morgen gegen 9 Uhr am Grab seiner Hündin eingetroffen sei, das sich rechts vom Eingang in der zweiten Reihe befände. Er habe dort die Waffe sofort entdeckt und, wie er es ausdrückte, sichergestellt. Er gehe jeden Tag zweimal zum Friedhof, schon seit einem Jahr. Solange sei die Bella tot.

      „Ich wusste gleich, dass damit der Juwelier getötet wurde!“

      ­Sandro konzentrierte sich auf die Atmung. „Wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis?“, erkundigte er sich so ruhig, wie es ihm möglich war.

      „Na, ich habe doch gelesen, dass der nur ein paar Meter weiter erschossen worden ist. Wäre ein komischer Zufall, wenn ein ­Revolver da rumliegen würde, der mit dem Mord nichts zu tun hat. Das müssen Sie zugeben.“ Auf seinem Gesicht erschien ein strahlendes Lächeln. „Außerdem hab ich den Täter gesehen!“

      ­Sandro glaubte, sich verhört zu haben. „Wie jetzt? Heute Morgen?“

      Täuber schüttelte den Kopf. „Nein, gestern Nachmittag, kurz nach 17 Uhr, als ich auch da war.“

      Nun wurde es spannend. „Erzählen Sie!“

      „Na, als ich auf dem Parkplatz aus meinem Auto ausgestiegen bin, stand da ein Motorrad. Auf dem Friedhof war aber niemand. Also habe ich mich ein bisschen umgesehen. Und da saß ein Mann auf der Bank am Fahrradweg.“

      ­Sandro stellten sich die Nackenhaare auf. Sarah hatte aufgehört, zu schreiben. „Können Sie den Mann beschreiben? Größe, Alter, Kleidung?“

      Der Besucher überlegte. „Er war groß, sehr groß. Er trug eine schwarze Lederkombi und schwarze Motorradstiefel. Leider hatte er einen Helm auf. Deshalb konnte ich das Gesicht nicht sehen.“

      „Noch etwas, was Ihnen dazu einfällt? Woher wissen Sie, dass die Person männlich war?“

      „Das war mir sofort klar! Sie hätten die Maschine sehen sollen. Das war eine BMW K 1600 B. Die ist viel zu schwer für eine Frau.“ Er sah kurz zu Sarah, die sich wieder Notizen machte. „Wissen Sie, Motorräder sind mein Hobby. Ich bin selbst Jahrzehnte lang gefahren. Ich hatte viele Jahre …“

      „Prima“, unterbrach ­Sandro ihn, bevor der Typ seine Lebensgeschichte erzählen konnte, erntete dafür allerdings einen vorwurfsvollen Blick.

      „Können Sie noch was zu dem Mann auf der Bank sagen?“

      „Nur soviel, dass er dort noch saß, als ich ein paar Minuten später weggefahren bin. Wissen Sie, ich hab nur schnell einen Blumenstrauß zum Grab gebracht. Mehr kann ich zu dem Kerl nicht sagen. Ich bin dreiundachtzig. Meine Augen sind auch nicht mehr so gut, und ich hatte dummerweise meine Brille daheim vergessen.“

      Hatte Täuber nicht anfangs gesagt, er sei mit dem Auto gekommen? ­Sandro seufzte. Was war nach dieser Mitteilung von der Aussage zu halten?

      ***

      ­Melanie starrte auf den Artikel der Boulevardzeitung BLITZ, die sie normalerweise