Taunusschuld. Osvin Nöller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Osvin Nöller
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Gramberg-Reihe
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347100527
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aber immerhin.

      Sie freute sich jedoch auch über das gerade beendete Telefonat mit ihrem ehemaligen Chef Schuldt. Er hatte ihr versprochen, seine Kontakte zu nutzen, um Pascal ­Wolter gehörig auf die Füße zu treten. Der Leiter des Hamburger LKAs kannte einige wichtige Leute. Sollte das Arschloch ruhig merken, dass sie sich nicht kampflos fügte. Einen kurzen Moment hatte sie sogar überlegt, das Schwein im Gefängnis aufzusuchen und ihm ihre Gefühle drastisch darzulegen. Die Idee verwarf sie genauso schnell wieder, da dies nur Wasser auf ­Wolters Mühlen gewesen wäre. Es klingelte. Sie ging zur Eingangstür der Detektei. ­Melanie hätte mit vielen Besuchern gerechnet, allerdings nicht mit ­Simone ­Dörling!

      „Guten Tag, Frau ­Gramberg. Ich benötige Ihre Hilfe.“

      Sie stand ungeschminkt vor ­Melanie, das schwarze, sackähnliche Kleid erinnerte an ein Büßergewand. Die schulterlangen, ungekämmten Haare hingen strähnig herab. Ihre rot unterlaufenen Augen rundeten den desolaten Eindruck ab. Es sah aus, als fehlten ihr einige Stunden Schlaf.

      ­Melanie trat zur Seite und ließ die Frau ein. Fast kam bei ihr so etwas wie Mitleid auf. Sie führte den Gast ins Büro und bot ihr einen Platz am Besprechungstisch an.

      ­Dörling schaute sich um und setzte sich. Ihr Blick blieb kurz am wuchtigen Schreibtisch hängen, der den Raum dominierte. Schließlich holte sie tief Luft, während ­Melanie den Stuhl ihr gegenüber wählte.

      Die Stimme klang überraschend fest. „Frau ­Gramberg, mein Sohn ist sicher kein Heiliger und hat schon einiges angestellt, aber er ist kein Mörder!“

      „Warum erzählen Sie mir das? Er hat zumindest einen Überfall begangen.“

      Die Besucherin nickte. „Das ist wohl so. Ich weiß aber nicht, warum er das getan hat. Da steckt bestimmt Dirk dahinter.“ Sie entnahm ihrer Handtasche ein Tuch und schnäuzte sich die Nase.

      „Sie meinen den Juwelier ­Jühlich?“

      „Ja, er muss ihn angestiftet haben. Ich habe schon länger den Verdacht, dass Dirk unlautere Geschäfte betreibt und Geld am Laden vorbeischleust. Sie müssen wissen, er gibt ziemlich viel Geld aus, obwohl es derzeit nicht besonders gut um das Geschäft steht.“

      „Aha, wie kommen Sie darauf und woher kennt ­Jühlich Ihren Sohn so gut, dass er im Stande wäre, ihn zu einer Straftat zu animieren?“ ­Melanie zögerte. „Möchten Sie einen Kaffee oder Wasser?“ Sie war nun sehr gespannt, wie sich dieser Besuch entwickeln würde.

      ­Dörling schüttelte den Kopf. „Danke. Ich gehe davon aus, dass der Inhalt unseres Gesprächs vertraulich bleibt?“

      „Zunächst einmal ja.“

      „Gut, ich hatte bis vor sechs Monaten eine Affäre mit Dirk.“

      ­Melanies Neugier wuchs. „Okay, wie lange ging das? Hat seine Ehefrau davon gewusst? Er ist doch verheiratet?“

      „Ja, ist er.“ ­Dörling putzte sich erneut die Nase. „­Michaela interessiert das nicht die Bohne. Die beiden gehen seit geraumer Zeit eigene Wege und wohnen seit Jahren nur der guten Ordnung halber noch unter einem Dach. Unsere Affäre ging ungefähr ein Jahr.“

      Sauber! „Warum haben Sie sich getrennt?“

      Der Blick der Frau verfinsterte sich. „Weil er mich von einem auf den anderen Tag gegen Maike Erler ausgetauscht hat! Wie ein Kleidungsstück hat er mich abgelegt.“

      Oha, das klang nach purem Hass. „Trotzdem sind Sie im Geschäft geblieben?“

      „Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich beziehe ein überdurchschnittliches Gehalt. Ich würde als angelernte Kraft nirgends so viel bekommen und brauche das Geld. Mein Mann ist vor längerer Zeit gestorben, ich muss leider auch Nico immer noch versorgen.“ Ihre Augen glänzten.

      „Verstehe. Was möchten Sie nun genau von mir?“

      „Sie müssen Beweise finden, dass Nico ­Jühlich nicht getötet hat. Für den Überfall soll er geradestehen, aber nicht für etwas bestraft werden, was er nicht getan hat.“

      „Das wird die Polizei ohnehin erledigen. Sie ist verpflichtet, auch entlastende Hinweise zu suchen.“

      ­Dörling machte eine abwertende Handbewegung. „Quatsch, die haben sich festgelegt. Für die steht Nico als Täter längst fest. Ich habe gehört, dass Sie anscheinend einen guten Draht zu den Beamten haben. Vielleicht können Sie Nico helfen, indem Sie der Kripo etwas bringen, was ihn entlastet.“

      ­Melanie überlegte einen Moment. Natürlich war es verlockend, sich in den Fall einzuklinken. Was jedoch würde mit dieser Mutter geschehen, wenn sie erfahren sollte, dass der Sohn tatsächlich für den Mord verantwortlich war? Sie wollte sich das nicht ausmalen.

      „Frau ­Dörling, nehmen Sie es mir nicht übel, doch meine Ermittlungen gibt es nicht umsonst. Das müssen Sie wissen.“ Sie stand auf und entnahm einer Schublade eine Honoraraufstellung, die sie der Besucherin reichte.

      Diese überflog die Seite ohne erkennbare Regung. „Das geht in Ordnung. Ich habe eine kleine Reserve. Die werde ich dafür opfern.“

      „Nun gut.“ ­Melanie erhob sich erneut und holte einen Vertrag. „Ergänzen Sie hier bitte Ihre Daten und bringen Sie ihn mir unterschrieben zurück. Fällt Ihnen ein Ansatzpunkt ein, wo ich beginnen kann?“

      Die Frau nickte. „Ja, ich bin mir sicher, dass die Diamanten im Tresor gefälscht sind und sich Dirk mit den falschen Leuten eingelassen hat. Dafür spricht auch, dass er vor ein paar Tagen abends nach Ladenschluss verprügelt wurde. Er konnte am darauffolgenden Morgen kaum aufrecht stehen und hatte offenkundig heftige Schmerzen. Er hat behauptet, eine Treppe runtergefallen zu sein. Das haben ihm weder ich noch Maike geglaubt!“

      ***

      „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie.“ ­Philipp ­Bauscher lehnte sich auf der Couch in ­Melanies Wohnzimmer zurück. Vor ihm flimmerte ihr privater Computer, den er mit einem Gerät verbunden hatte.

      Sie beugte sich seufzend im Sessel vor. „Zuerst die schlechte.“

      „Nun, auf Ihrem Rechner befinden sich tatsächlich diverse Mails an diesen Pascal ­Wolter, zudem sind in Ihrem E-Mail-Account Eingänge von ihm gespeichert. Die Datenabfolge passt zu einem perfekten Nachrichtenaustausch, der vor rund sechs Wochen begann. Der letzte Eingang bei Ihnen stammt vom 27. Oktober.“ Er zwinkerte ihr zu. „Beim Inhalt werde selbst ich rot!“

      Sie war absolut nicht zu Scherzen aufgelegt, bemühte sich dennoch um einen verbindlichen Ton. „Das war das schlechte Ergebnis Ihrer Überprüfung? Das habe ich bereits selbst herausgefunden. Allerdings habe ich keine Mails von ihm bekommen.“

      ­Philipp grinste. „Schon klar. Deshalb setze ich noch einen drauf. Sie haben einen wunderschönen, recht seltenen, Trojaner auf der Platte.“

      ­Melanie traute ihren Ohren nicht. „So ein Programm, das Daten ausspioniert? Das kann nicht sein. Auf dem Notebook befinden sich sowohl ein Antivirenprogramm als auch eine Firewall!“

      „Ist mir nicht entgangen. Der Trojaner ist aber ziemlich speziell und den Abwehrprogrammen anscheinend nicht aufgefallen.“

      „Na toll! Und was bitte schön ist die gute Nachricht?“ Langsam breitete sich Übelkeit im Magen aus.

      „Nun erstens, dass ich Ihnen den Virus jetzt eliminieren und Ihren Computer damit wieder säubern werde. Außerdem kann ich Ihnen, falls Sie das möchten, ein superprofessionelles Antivirenprogramm aufspielen, damit so etwas nicht mehr passieren sollte.“

      Sie nickte. „Bitte.“

      ­Philipp lächelte sie an. „Das Wichtigste aber ist, dass alle Nachrichten nicht an den jeweils ausgewiesenen Daten abgesendet oder eingegangen sind, sondern in einem Arbeitsgang vorgestern eingespielt wurden. Das ist anhand der Arbeitsprotokolle nachzuweisen. Deshalb konnten Ihnen auch keine eingehenden Mails auffallen, die direkt in einem Ordner abgelegt wurden.“

      ­Melanie wurde es heiß.