Taunusschuld. Osvin Nöller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Osvin Nöller
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Gramberg-Reihe
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347100527
Скачать книгу
leider um die brutale Realität. Pascal ­Wolter hatte sich ganz offenkundig ein perfides Spiel ausgedacht.

      Es würde nicht schwer sein, herauszufinden, wer sich hinter ­Melanie G. verbarg. Nadine Gissel war dies bereits gelungen. Die Medien würden über sie herfallen. Kein Mensch würde ihr in Zukunft vertrauen, geschweige denn, ihr Aufträge geben.

      „Mel“, sagte Siggi, „du musst den Spuk so schnell wie möglich beenden! Geh sofort zu einem Anwalt, damit der eine einstweilige Verfügung gegen das Schmierblatt erwirken kann und zeig ­Wolter an. Ruf ­Wolrich jetzt direkt an. Ich stehe an deiner Seite!“

      ***

      ­Sandro kam am Nachmittag als letzter zur Teambesprechung ins Büro.

      ­Martin nickte ihm zu. „Sarah hat gerade von eurem skurrilen Zeugen berichtet. Gut, dass ich mir das nicht im Original anhören musste. Respekt, ich wäre nicht so beherrscht geblieben.“

      ­Sandro setzte sich an den Besprechungstisch. „Danke für die Blumen. War auch irgendwie lustig. Falls es stimmt, dass der Motorradfahrer unser Täter ist, wissen wir jetzt ein bisschen was über ihn. Oder auch nicht, denn die Situation ist nicht eindeutig.“ Ihn amüsierten die fragenden Gesichter der Kollegen.

      „Jetzt mach’s nicht so spannend“, forderte ­Martin ihn auf. „Du weißt doch mehr als wir, oder?“

      ­Sandro lächelte und genoss den Auftritt. „Tja, wie soll ich es ausdrücken? Ich könnte euch sagen, wer der Mörder ist, wenn, ja wenn es den Zeugen Täuber nicht gäbe.“ Er öffnete eine Mappe und erfreute sich an den irritierten Mienen. „Ich komme gerade aus der Kriminaltechnik. Deshalb bin ich auch ein paar Minuten zu spät. Also, die Fingerabdrücke auf der Walther P 99 vom Tierfriedhof stammen eindeutig von Nico ­Dörling. Die Jungs haben die gefundenen Patronen am Krankenhaus und beim Überfall dieser Waffe zugeordnet. Normalerweise läge es damit auf der Hand, dass er nicht nur das Juweliergeschäft überfallen, sondern auch ­Jühlich getötet hat.“

      „Was heißt normalerweise?“, meldete sich Felix.

      „Tja, ich habe aufgrund von Täubers Aussage recherchiert, ob ­Dörling ein Motorrad angemeldet hat. Fehlanzeige.“ Er verschränkte die Arme.

      Martins Stimme klang ungeduldig. „Muss nichts bedeuten. Er könnte sich eins geliehen haben.“

      ­Sandro grinste. „Wäre ziemlich blöd von ihm. Er besitzt nämlich gar keine Fahrerlaubnis, um eine solche Maschine zu fahren.“

      ­Martin gab nicht auf. „Dann saß der Biker am Friedhof eben nur zufällig auf der Bank. Wichtiger erscheint mir aber, herauszufinden, wie ­Dörling wissen konnte, dass ­Jühlich an dem Tag entlassen wurde.“

      „Da kann ich vielleicht helfen“, warf Felix ein. „Wir haben den Mitarbeiter der Telefonzentrale befragt, der an dem Tag Dienst hatte. Er kann sich an einen merkwürdigen Anruf am Nachmittag erinnern. Ein Mann, der ziemlich durcheinander klang, erkundigte sich nach ­Jühlich. Zu der Zeit war bereits absehbar, dass der das Krankenhaus am späten Nachmittag verlassen würde. Der Mitarbeiter ist sicher, dass er das dem Anrufer auch mitgeteilt hat. Ich habe deshalb die Herausgabe der Telefonliste beantragt.“

      ­Schubert hob die Augenbrauen. „Prima. Wieso kann sich der Angestellte an diesen Anruf so genau erinnern?“

      Felix nickte. „Das habe ich ihn auch gefragt. Er meinte, der Mann sei sehr nervös gewesen und habe mitten im Gespräch aufgelegt. Außerdem sei in der Klinik an dem Tag der Überfall auf den Juwelier das Thema gewesen. So habe er auch erfahren, dass sich ­Jühlich selbst entlassen wollte.“

      „Das ergibt noch keinen Sinn“, schaltete sich Sarah ein. „Nehmen wir an, der Anrufer war tatsächlich ­Dörling. Dann wusste er immer noch nicht, ob, und vor allem wann genau der Juwelier die Klinik verlassen würde. Warum sollte er sich auf die Bank am Friedhof setzen, von der aus man überhaupt nichts mitbekommt. Da wäre es doch viel logischer, den Ausgang zu beobachten.“

      ­Martin streckte den Daumen in die Höhe. „Genau. Ich glaube, der Biker war nur zufällig da.“ Er schien zu überlegen. „Es sei denn, es gibt einen Komplizen, der ihn im richtigen Moment angerufen hat.“ Er seufzte. „Leute, es passt noch nicht so richtig zusammen. Wir müssen ­Dörling fassen.“

      ­Sandro hatte genug von den Spekulationen und wechselte das Thema. „Was hat eigentlich die Mutter in der Vernehmung gesagt?

      ­Martin verzog das Gesicht. „Wenig! Das hätten wir uns sparen können. Sie hat immer nur behauptet, wir würden uns irren, weil ihr Sohn keiner Fliege was zu Leide tun könne. Selbst den Überfall könne er unmöglich begangen haben. Nach ihrem Vortrag hatte ich das Gefühl, dass wir einen Heiligen verdächtigen. Nur eins war interessant: Sie erzählte von einem heftigen Streit zwischen ­Jühlich und Maike Erler vor ein paar Tagen. Dabei soll die Angestellte ihrem Chef gedroht haben. Dem müssen wir nachgehen.“

      Die Tür öffnete sich und Heiko ­Pränger betrat den Raum.

      Martins Miene verfinsterte sich schlagartig. „Heiko, das ist ein internes Gespräch.“ Er schien Mühe zu haben, einen ruhigen Ton zu treffen. „Das dauert noch ein paar Minuten. Warte am besten in meinem Büro auf mich.“

      ­Pränger lächelte. „Nur ganz kurz. Dann bin ich auch schon wieder weg. Ich habe gehört, ­Jühlich ist tot. Habt ihr den Täter?“

      Der Kerl war ja bestens informiert und sofort zur Stelle, fuhr es ­Sandro durch den Kopf.

      „Nein, nur einen Verdacht“, gab ­Martin missmutig zu. Er hielt inne. Der Ton seiner Stimme wechselte mit einem Mal ins Sarkastische. „Vielleicht wurde ­Jühlich ja ein Opfer deiner Diamantenschmuggler und du willst die Mordermittlung gleich mitübernehmen?“

      ­Pränger lachte schallend. „Das könnte euch so passen. Nein, mein Lieber, der Überfall und der Mord haben mit meinen Ermittlungen nichts zu tun. Für mich liegt die Lösung des Falls vor mir wie ein offenes Buch.“

      ­Sandro befürchtete, dass Martins Halsschlagader jeden Moment platzte.

      ­Pränger dozierte unbeirrt weiter. „Für mich ist klar, dass der Täter den Juwelier kannte und ihn nun ausgeschaltet hat, damit er ihn nicht verraten kann.“

      „Super, Herr Kollege.“ Martins Stimme zitterte. „Es ist doch immer wieder gut, zu wissen, dass es in Wiesbaden dermaßen schlaue Beamte gibt. Wenn wir euch nicht hätten!“ Er holte tief Luft. „Du gehst jetzt besser und kümmerst dich um deinen Mist.“

      ­Pränger breitete die Arme aus. „Nur die Ruhe. Nicht, dass du einen Herzkasper bekommst.“ Er lachte schallend und verließ provozierend langsam den Raum.

      ­Martin schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. „Das nächste Mal haue ich ihm in die Fresse!“

      Eine ausgezeichnete Idee, fand ­Sandro. Er würde im Zweifel wegschauen.

      17. November

      ­Melanie betrat kurz vor Mittag zusammen mit Siggi die Gaststube, in der Katja hinter dem Tresen stand und Zitronen in Scheiben schnitt.

      Sie sah auf. „Endlich, was hat ­Wolrich gesagt?“ Katja wischte sich die Hände ab und kam um die Theke herum zum Tisch, an den sich ­Melanie und Siggi setzten.

      ­Melanie wiegte den Kopf. „An sich war der Termin gut.“

      „Was heißt das?“ Katja verzog das Gesicht. „Jetzt lasst euch doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!“

      Siggi räusperte sich. „Na ja, er nimmt die Sache ernst und hat versprochen, sich mit den Hamburger Kollegen in Verbindung zu setzen, um ­Wolter überprüfen zu lassen und die Verbindungsnachweise zu checken. Außerdem soll im Gefängnis ermittelt werden, wieso der überhaupt Kontakt zur Außenwelt hat und Interviews führen kann. ­Wolrich will auch dafür sorgen, dass man ­Wolters Anwalt unter die Lupe nimmt. Das ist erst einmal alles, was er tun kann.“

      „Okay.“ Katja sah ­Melanie direkt an. „Was kannst du noch