Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745204407
Скачать книгу
man Diabetes heilen?“

      „Nein, das ist, nicht möglich. Ich will es mal populär ausdrücken: Wenn Sie Ihre Bauchspeicheldrüse einmal beleidigt haben, verzeiht sie Ihnen das ein Leben lang nicht. Aber mit Hilfe einer vernünftigen Ernährung können Sie trotzdem hundert Jahre alt werden.“

      „Hundert Jahre“, sagte der Scheich und senkte den Blick. „Ich weiß gar nicht, ob es in der heutigen Zeit schön ist, so alt zu werden.“

      „Was haben Sie gegen diese Zeit?“, fragte der Mediziner.

      „Sie ist nicht mehr wie früher. Ich kann sie manchmal nicht verstehen.“

      „Daran ist nicht die Zeit schuld“, sagte Dr. Berends.

      „Sie meinen, es ist meine Schuld?“

      „Unterhalten Sie sich mit einem jungen Menschen! Sprechen Sie mit Ihrem Sohn! Er wird diese, seine Zeit für großartig halten. Die Welt bleibt nicht stehen. Sie dreht sich unaufhörlich weiter, und alles Leben auf ihr verändert sich. Neue Menschen kommen und schaffen andere Werte. Sie haben andere Ansichten und möchten alles besser machen als jene, die vor ihnen da waren. Manchmal sind sie sogar felsenfest davon überzeugt, alles besser zu können, und sie erkennen erst, wenn sie den Zenith ihres Lebens überschritten haben, dass sie auch nichts Vollkommenes zu schaffen imstande gewesen waren. Und sie werden wie Sie die Zeit nicht verstehen, in der sie nicht mehr jung sind.“

      „Es ist sehr interessant, sich mit Ihnen zu unterhalten, Dr. Berends“, sagte der Scheich.

      „Leider muss ich nun zur Chefvisite. Aber wir werden noch einige Male Gelegenheit zu einem Gespräch haben“, sagte der Mediziner und ging.

      14

      Lydia Fersten hatte lange wach in ihrem Bett gelegen. Eine Vielzahl von Gedanken war ihr durch den Kopf gegangen. Harun Achbar hatte sie völlig verwirrt, deshalb konnte sie keinen Schlaf finden. Lange nach Mitternacht schlief sie erst ein, und sie wünschte sich, von ihm zu träumen.

      Und ihr Wunsch ging in Erfüllung.

      Zuerst träumte sie von einem fernen Land, von einer heißen, feindseligen Wüste, aber allmählich ging das Land in ein paradiesisches Grün über, und in einem prunkvollen Palast sah sie dann Harun Achbar wieder. Er saß auf einem goldenen Thron und trug einen weißen, schillernden Seidenanzug. Ein zweiter goldener Thron stand daneben, er wies darauf und bat sie, an seiner Seite Platz zu nehmen, und dann ließ er seinem Volk verkünden, dass sie, Lydia Fersten, seine Gemahlin, mit ihm über Yanba regieren würde. Sie war schrecklich enttäuscht gewesen, als sie aus diesem wunderbaren Traum, in dem sie unbeschreiblich glücklich gewesen war, erwachte.

      Als sie ihren Dienst antrat, war Harun Achbar noch nicht da, aber eine Stunde später kam er in die Klinik und erfuhr von seinem Vater die erfreulich beruhigenden Ergebnisse der ersten medizinischen Tests.

      „Ich möchte in deinem Alter so gesund sein wie du“, sagte der Sohn des Scheichs lächelnd, und wenig später richtete er es so ein, dass er für ein paar Minuten mit Schwester Lydia allein war.

      „Ich möchte mich bedanken“, sagte er.

      „Bedanken? Wofür?“

      „Dafür, dass Sie gestern mit mir ausgegangen sind.“

      Oh, es war mir ein Vergnügen, dachte Lydia und lächelte freundlich.

      „Ein neuer Tag“, sagte der Sohn des Scheichs vorsichtig. „Ein neues Rendezvous?“

      „Ich bin hier, um zu arbeiten.“

      „Das weiß ich, und ich habe auch nicht die Absicht, Sie davon abzuhalten. Ich gebe mich mit ein paar Stunden von Ihrer kostbaren Freizeit zufrieden. Wie würde Ihnen eine kleine Bootsfahrt auf dem Mondsee gefallen? Ich bin ein großartiger Ruderer.“

      Sie lachte. „Sie kommen aus einem Land, das zu neunzig Prozent aus Wüste besteht.“

      „Aber ich lebe am Persischen Golf. Und in einem meiner früheren Leben war ich mal Galeerensklave.“

      „So?“, fragte sie amüsiert. „Was hatten Sie denn angestellt?“

      „Ich glaube, ich verliebte mich damals unsterblich in eine Krankenschwester. Wie sich im Laufe der Zeit doch alles wiederholt.“

      Was er sagte, ließ sie erröten, und sie trachtete, schnell von ihm fortzukommen.

      Zu Mittag tauchte er plötzlich mit einem Tablett in der Kantine auf und fragte, ob er sich zu ihr setzen dürfe. Sie gestattete es ihm.

      „Sie schulden mir noch etwas“, sagte er mit einem leisen Vorwurf in der Stimme.

      „Ich? Was denn?“

      „Eine Antwort. Bootsfahrt. Mondsee. Sie erinnern sich? Sie haben doch keine Angst, mit mir allein auf einem Boot zu sein. Ich verspreche Ihnen, mich wie ein Gentleman zu benehmen. Mein Vater ließ mir die allerbeste Erziehung angedeihen. Ich will nicht angeben, aber ich kann meine Kinderstube als vorbildlich bezeichnen.“

      Sie musste so herzlich lachen, dass man es an den Nebentischen hörte und auf sie aufmerksam wurde. Rasch verstummte sie und aß ein paar Bissen.

      „Nun? Wie lautet Ihre Entscheidung?“, wollte der Araber wissen.

      „Sie können sehr hartnäckig sein.“

      „Nur, wenn es sich lohnt. Beharrlichkeit führt bekanntlich zum Ziel.“

      „Zu welchem Ziel?“

      „Vielleicht ist es Ihr Herz.“

      „Besser, wir lassen die Bootsfahrt ins Wasser fallen. Sie ist mir zu riskant“, sagte Lydia.

      „Oh, aber das können Sie mir doch nicht antun“, sagte Harun Achbar enttäuscht. „Ich habe mich schon so sehr darauf gefreut. Und ich habe Ihnen versprochen, mich anständig zu betragen. Glauben Sie mir nicht?“

      Doch, ich glaube und vertraue dir, dachte Lydia. Aber ich weiß nicht so recht, ob ich mir noch trauen kann. Du bist so schrecklich nett und sympathisch. Ich könnte mich glatt in dich verlieben. Vielleicht ist es sogar schon passiert. Was werde ich tun, wenn du mit deinem Vater nach Yanba zurückkehrst? Weinen ...

      Sie ließ sich nicht zu der Bootsfahrt überreden.

      Am Nachmittag aber, als sie nach Dienstschluss die Wiesen-Klinik verließ, lehnte er wieder an seinem schicken weißen Wagen und wartete auf sie. Dieser Märchenprinz aus Tausendundeiner Nacht. Er lächelte und meinte: „Sie sagen mir, wohin ich Sie fahren darf.“

      Und sie erwiderte: „Zum Mondsee. Wohin sonst?“

      Er machte beinahe einen Luftsprung, so groß war seine Freude über diese Antwort.

      Wenig später saßen sie in einem kleinen, schaukelnden Ruderboot. Eine kleine Wasserpfütze befand sich darin, und unter der Bank, auf der Harun Achbar saß, zitterte ein dünnes Spinnennetz. Der junge, starke Sohn des Scheichs legte sich kräftig ins Zeug. Er verstand tatsächlich viel vom Rudern. Wenn er Lydia an die Ruder gelassen hätte, wären sie entweder nicht vom Fleck gekommen oder immerzu im Kreis gefahren.

      Unermüdlich zog der sympathische Araber die Ruderblätter durch das dunkelgrüne Wasser des Sees. Er hatte