Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis. A. F. Morland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745204407
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weißt nicht, wie sehr ich unter unserer Trennung gelitten habe, Norbert. Es war die Hölle für mich. Ich wollte mir das Leben nehmen, aber ich war zu feige, es tatsächlich zu tun. Ich floh in die Schweiz, und da war Ibn Achbar - und er gab mir den Halt, den ich so dringend nötig hatte. Ich stand kurz davor, total abzustürzen. Ibn Achbar rettete mir das Leben, ja, so könnte man es sehen. Ich stehe in seiner Schuld.“

      „Das darf doch nicht so weit gehen, dass du bei einem Attentat mitmachst.“

      „Ibn sagte, Rashid Achbar, sein Onkel, hätte seinen Vater, und somit auch ihn, um den ersten Platz im Staat betrogen. Er behauptete ferner, Rashid Achbar hätte seinen Bruder beseitigen lassen. Offiziell wäre Ibns Vater eines natürlichen Todes gestorben, aber in Wirklichkeit soll er an den Folgen grausamer Folterungen des Geheimdienstes zugrunde gegangen sein.“

      „Und das glaubst du ihm?“

      „Warum sollte er mich belügen?“

      „Warum? Damit er besser vor dir dasteht. Ich weiß nicht allzu viel von Rashid Achbar, aber eines wage ich dennoch zu behaupten: dass dieser Mann seriös bis ins Knochenmark ist. Niemals würde er seinem eigenen Bruder so etwas antun. Ibn Achbar hat dich belogen. Er hat dich zu seiner Komplizin gemacht. Du bist die Komplizin eines Lügners und Meuchelmörders, und du wirst für deine Leichtgläubigkeit teuer bezahlen.“

      „Vielleicht hast du recht“, sagte Sabrina ernst. „Aber ich kann nicht mehr zurück. Ich habe A gesagt. Nun muss ich auch B sagen.“

      „Das ist doch nicht wahr. Herrgott noch mal, du kannst doch immer noch aus diesem Wahnsinn aussteigen.“

      „Und Halef Mudji? Denkst du, der sieht einfach zu?“

      „Du kannst Mudji unschädlich machen, kannst den Mord verhindern. Wir beide können es. Nimm mir die Fesseln ab!“

      Sabrina Arendt schüttelte den Kopf.

      „Nein. Nein, das kann ich nicht. Das darfst du von mir nicht verlangen.“

      „Ich darf von dir nicht verlangen, dass du mir das Leben richtig rettest?“

      „Nein, Norbert, ich ... Du musst vernünftig sein, musst essen, was ich dir bringe, musst mir vertrauen und Geduld haben. Halef Mudji wird uns bald verlassen, dann bist du wieder frei, und hast nichts mehr zu befürchten. Wenn du das Gespräch zwischen Halef und mir gehört hast, weißt du, dass es für mich kein Zurück mehr gibt. Ich muss bei der Stange bleiben. Mudji ist ein sehr gefährlicher Mann. Einer, der für Geld mordet. Ich weiß nicht, wie viele Menschenleben er schon auf dem Gewissen hat. Es interessiert mich nicht, aber es sind bestimmt eine ganze Menge, und ich will nicht auch zu seinen Opfern gezählt werden. Mudji ist ein Jäger, und wir sind nicht so clever, uns vor ihm garantiert in Sicherheit zu bringen. Nein, Norbert, wir befinden uns auf einem Zug, der schon ziemlich schnell fährt. Wenn wir jetzt abspringen, kommen wir ums Leben. Wir müssen warten, bis er langsamer wird.“

      Norbert Palven schüttelte entgeistert den Kopf.

      „Das ist nicht die Sabrina, die ich kenne. Aus dir spricht jemand anders.“

      „Ich habe mich nicht geändert, Norbert. Ich habe nur Angst um uns beide. Wir müssen die Zähne zusammenbeißen und die Sache durchstehen.“

      „Du sprichst wie ein harter Cowboy in einem Wildwestfilm, Sabrina. Ein Menschenleben ist in Gefahr, und es handelt sich um keinen Film, sondern um die erschreckende Wirklichkeit. Wie kannst du von mir verlangen, ich solle den Kopf in den Sand stecken und so tun, als wäre alles in bester Ordnung.“

      „Ibn Achbar wird sich großzügig erkenntlich zeigen.“

      „Es wäre Geld, an dem das Blut des Scheichs klebt, das du von ihm bekommen würdest, Sabrina.“

      Ihre Augen schwammen in Tränen. „Mein Gott, was soll ich denn machen, Norbert? Soll Halef Mudji lieber Geld bekommen, an dem unser Blut klebt?“

      „Ich möchte lieber tot sein, als mit diesem Mörder unter einer Decke zu stecken“, sagte Norbert Palven entschieden.

      Sabrina Arendt wischte sich die Tränen aus den Augen.

      „Es ... es tut mir leid, Norbert“, sagte sie unglücklich und verließ den Keller.

      16

      Harald Siebert, ein junger Krankenpfleger, war für zwei Dinge bekannt: Er trank gern und machte sich mit Vorliebe an die neuen hübschen Krankenschwestern heran. Wegen beidem war Siebert schon mal von Dr. Berends verwarnt worden. Das bedeutete, wenn er sich noch einmal des einen oder anderen Vergehens schuldig machen sollte, musste er gehen.

      Er hatte dem Chefarzt der Wiesen-Klinik versprochen, sich zu bessern. Keine Klagen sollten Dr. Richard Berends mehr zu Ohren kommen. Das bedeutete nun nicht, dass Harald Siebert die Absicht hatte, sich in einen Heiligen zu verwandeln. Er hatte sich lediglich vorgenommen, bei allem, was er tat, ein bisschen vorsichtiger zu sein.

      Den Alkoholkonsum während der Arbeitszeit schränkte er geringfügig ein, und er benutzte einen starken Mundspray, damit man seine Schnapsfahne nicht mehr riechen konnte. Und bei den neuen Krankenschwestern ließ er sich etwas mehr Zeit als bisher. Er ging nicht mehr sofort aufs Ganze.

      Da im letzten halben Jahr keine neue Schwester, die verführerisch hübsch war, eingestellt worden war, fiel es Siebert nicht schwer, sich zu beherrschen. Aber nun war Lydia Fersten da, und wenn er ihr begegnete, gab es ihm jedes Mal einen heftigen Stich. So schön, so anziehend, so natürlich und frisch war keine andere Krankenschwester in der Wiesen-Klinik. Ihr Anblick jagte Fieberschauer durch Sieberts Körper, und er griff wieder öfter zur Flasche, weil er meinte, sich dadurch besser in den Griff zu bekommen.

      Wie ein Raubtier pirschte er sich an sie heran. Sooft es ging, hatte er in ihrer Nähe zu tun, und er versuchte sie mit Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, netten Worten und flotten Scherzen für sich zu gewinnen.

      Als er meinte, dass die Zeit reif war, bat er sie um ein Rendezvous. Sie antwortete mit vielen freundlichen Worten, die sie sich alle hätte sparen können, denn damit umschrieb sie lediglich ein beschämendes Nein. Siebert kam sich gekränkt und gedemütigt vor. Sein männlicher Stolz war verletzt, und ihm fiel auf, dass irgendetwas zwischen Schwester Lydia und dem Sohn des Scheichs war.

      Ganz schlau ist sie, dachte der Krankenpfleger wütend. Sie ist sich zu schade für ihresgleichen. Hoch hinaus will sie. Nach den Sternen greift sie. Nach einer Krone! Ein Krankenpfleger ist ihr nicht gut genug. Der Sohn eines reichen Ölscheichs muss es sein. Ausgesorgt fürs Leben will sie haben. Oh, diese Weiber! Für Geld tun sie einfach alles.

      Seine Zuneigung schlug um, wurde zu Zorn und bitterem Rachedurst.

      Er war nett zu ihr gewesen. Alle Register der Höflichkeit hatte er gezogen, und da er nicht schlecht aussah, hätte er sie - davon war er überzeugt - bestimmt auch herumgekriegt, wenn es Harun Achbar nicht gegeben hätte.

      Mit einem Scheichsohn konnte Harald Siebert natürlich nicht konkurrieren. Er besaß keine dicke Brieftasche, und nirgendwo sprudelten Ölquellen, die ihm gehörten. Er konnte auch niemandem mit einem großen, teuren Wagen imponieren. Aber er war ein Mann - und, verdammt noch mal, das wollte er Lydia Fersten auch beweisen.

      Er sah, wie sie nach Dienstschluss mit Harun Achbar wegfuhr, und eine heiße Wut rumorte