Syltwind. Sibylle Narberhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sibylle Narberhaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839266045
Скачать книгу
gekümmert. Darum hatten Sie mich ausdrücklich gebeten«, erinnerte ihn Uwe, und leichter Ärger stieg in ihm auf.

      »Ein Zimmer?« Nun war es Matthias Achtermann, der überrascht wirkte. »Ich glaube, da habe ich mich im Vorfeld missverständlich ausgedrückt. Bei der jungen Dame handelt es sich um die Tochter von Anders Skjellberg.« Uwe sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. »Der Generalstaatsanwalt Skjellberg. Daher kann sie unmöglich in einem einfachen Zimmer untergebracht werden. Hatte ich das in unserem Gespräch unerwähnt gelassen?«

      »Sieht ganz danach aus«, erwiderte Uwe mit zerknirschter Miene. In diesem Fall gab er sich keine Mühe, mit seiner Verärgerung hinter dem Berg zu halten. Offensichtlich war das von ihm ausgewählte Quartier nicht gut genug für die Dame. Uwe konnte sich glücklich schätzen, überhaupt eine Unterkunft über einen längeren Zeitraum ergattert zu haben, schließlich befanden sie sich mitten in der Hauptsaison und sämtliche Unterkünfte waren restlos ausgebucht.

      »Oh, dann habe ich das wohl vergessen. Auf jeden Fall bewohnt Juna einige Tage ein Hotelzimmer, bis die Ferienwohnung frei ist, die ihr Vater für sie organisiert hat«, ließ Staatsanwalt Achtermann ihn wissen. »Für heute Abend habe ich einen Tisch für uns bestellt, dann können Sie sie kennenlernen. Ich dachte, das wäre mal wieder eine perfekte Gelegenheit, die hervorragende Sylter Küche zu genießen. Oder Herr Wilmsen?« Er bekam einen hochzufriedenen Gesichtsausdruck.

      »Super«, knurrte Uwe, als sein Telefon klingelte und ihn somit vorerst vor weiteren phänomenalen Ideen des Staatsanwaltes bewahrte. »Da muss ich rangehen, das ist der Kollege Scarren«, setzte er eine entschuldigende Miene auf und griff dankbar nach dem Hörer, ohne eine Antwort abzuwarten.

      »Nur zu! Die Arbeit geht selbstverständlich vor«, wurde er von Achtermann in seinem Handeln bestärkt.

      Nach dem Abendessen hatten wir auf der Terrasse Platz genommen und beobachteten die glutrote Sonne, die langsam am Horizont verschwand, und wie sich allmählich die Nacht über die Insel legte wie ein schützender Schild.

      »Ob Christopher schon eingeschlafen ist?«, überlegte ich und sah zu Nick.

      »Ganz bestimmt. Der Tag war aufregend für ihn, er wird schlafen wie ein Murmeltier«, beruhigte er mich und legte seinen Arm um mich. »Mach dir keine unnötigen Sorgen.« Er küsste mich auf die Schläfe.

      »Vermutlich hast du recht. Es ist seltsam leer ohne ihn. Andererseits habe ich plötzlich Zeit für Dinge, zu denen ich sonst nicht komme, wenn er da ist. Bitte verstehe mich nicht falsch, aber …«, startete ich einen Erklärungsversuch.

      »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Anna. Das ist doch normal, mir geht es nicht anders.« Er betrachtete mich eingehend. »Stimmt etwas nicht?«

      »Alles in Ordnung, warum fragst du?«

      »Du wirkst den ganzen Abend über sehr ernst und nachdenklich.« Er strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn.

      »Der tote Mann vom Hafen geht mir nicht aus dem Kopf«, räumte ich ein. »Ich frage mich ständig, was ihm zugestoßen sein könnte.«

      »Das wüssten wir auch gern. Dein Hinweis mit dem Auto war übrigens ein Volltreffer«, ließ Nick mich wissen.

      »Dann gehörte der Wagen tatsächlich dem Toten? Das hast du bislang mit keiner Silbe erwähnt.«

      »Ich wollte dich damit nicht belasten. Ja, im Wagen haben wir Ausweispapiere gefunden. Und nachdem wir eine Halterabfrage durchgeführt haben, besteht an seiner Identität keinerlei Zweifel mehr.«

      »Und? Wer ist der Mann? Stammt er von der Insel?«

      »Bei dem Toten handelt es sich um Richard Münkel, wohnhaft in Westerland.«

      Der Name sagte mir nichts. »Nie gehört. Glaubst du, er wurde ermordet?«

      »Was ich glaube, Sweety, ist irrelevant. Die Fakten sind einzig ausschlaggebend. Ich persönlich gehe allerdings von einem Tötungsdelikt aus. Die Spurensicherung hat die Untersuchungen an dem Fahrzeug noch nicht vollständig abgeschlossen, solange bleibt es beschlagnahmt. Morgen wissen wir mehr. Allein die Obduktionsergebnisse von Dr. Luhrmaier werden Aufschluss bringen. Wie ich ihn einschätze, hat er sich umgehend in die Untersuchungen gestürzt und macht gern Überstunden, um uns sein Ergebnis zu präsentieren.«

      »Ein Unfall mit Todesfolge wäre schon schlimm genug, aber ein Mord auf Sylt hätte weitreichende Folgen«, überlegte ich. »Das würde für eine Menge Unruhe sorgen, wenn die Presse darüber berichtet. Ausgerechnet jetzt, wo der Kitesurf-Cup in Kürze beginnt. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Besucher die Insel meiden werden, solange ein Mörder sein Unwesen treibt.«

      »Ich glaube kaum, dass die Leute sich davon abschrecken lassen. In jeder Stadt kann ein Mord passieren, trotzdem verlassen nicht alle Menschen den Ort oder setzen keinen Fuß mehr dorthin. Mit Sylt ist es ähnlich, außerdem findet immer irgendein Event auf der Insel statt, das die Besucher anlockt. Zudem leben wir in einer sich schnell verändernden Zeit. In ein paar Tagen spricht kaum noch jemand darüber. Das ist doch beinahe mit allen Dingen so«, entgegnete Nick. Mit einem Blick auf mein leeres Glas fragte er: »Magst du noch einen Schluck Wein?«

      »Für heute habe ich genug, danke. Morgen früh muss ich fit sein. Ich habe einen wichtigen Termin.« Nick hob fragend die Augenbrauen. »Bei der Werbeagentur ›A.K. Sea‹ in der Friedrichstraße«, half ich ihm auf die Sprünge.

      »Wegen deines neuen Internetauftrittes, stimmt. Das hatte ich vollkommen verdrängt. Sagtest du nicht, dass die Agentur momentan keine Neuaufträge annimmt? Geht nicht außerdem morgen dein Segelkurs weiter?«

      »Der ist auf nächste Woche verschoben worden. Was die Werbeagentur angeht, hast du recht. Ich habe ein bisschen meinen Charme spielen lassen, und nach anfänglichem Zögern hat der Inhaber, Arno Kelsterbach, sich doch bereit erklärt, mir einen Termin zu geben.«

      »Interessant.« Nick verzog den Mund und trank einen Schluck Wein. »Übertreib es bloß nicht.«

      »Womit?«

      »Mit deiner Charmeoffensive. Kelsterbach gilt als äußerst aufgeschlossen, was das weibliche Geschlecht angeht, wenn du verstehst, was ich meine. Sei also besser auf der Hut!«

      »Ach, Nick!« Ich stieß ihn spielerisch in die Seite und kuschelte mich dann an ihn. »Du kannst vollkommen entspannt bleiben. Kelsterbach interessiert mich nicht im Geringsten, mir geht es ausschließlich um meine neue Website. Das ist höchste Zeit, dass sie moderner wird. Solange ich dich habe, bin ich gegen jegliche Annäherungsversuche anderer Männer ohnehin immun.«

      »Das will ich hoffen.« Ein jungenhaftes Grinsen erschien auf Nicks Gesicht.

      Kapitel 4

      »Liegt schon eine Rückmeldung von Dr. Luhrmaier im Fall Münkel vor?«, erkundigte sich Uwe, als er am nächsten Morgen das Büro betrat und sich auf seinem Bürostuhl niederließ. »Was ist denn mit meinem Stuhl passiert? Der ist total verstellt! Das war bestimmt wieder diese neue Reinigungskraft«, grummelte er vor sich hin und nahm die Einstellungen an seinem Stuhl vor.

      »Hast du schlechte Laune?«, fragte Nick nach.

      »Nein, ich habe nur noch nix gefrühstückt«, erwiderte er. »So, passt wieder alles.« Uwe wippte mit der Rückenlehne mehrmals hin und her. Dann raschelte er mit einer Papiertüte vom Bäcker, aus der er ein braun glänzendes Rosinenbrötchen hervorzauberte. »Also, weiter im Text. Gibt es Neuigkeiten?«

      »Du kommst just in time. Der vorläufige Obduktionsbericht ist eben per Mail eingegangen«, erwiderte Nick, der konzentriert auf seiner Tastatur herumtippte.

      »Das ging aber fix. Und was steht drin?«

      »Ich hatte noch keine Zeit, ihn ausführlich zu lesen. Dr. Luhrmaier hat um sofortigen Rückruf gebeten, da er uns wie üblich zu seinem Bericht das ein oder andere erläutern möchte«, fügte Nick hinzu, während er zeitgleich die Nummer des Rechtsmediziners wählte und die Lautsprechertaste betätigte. Die Verbindung war kaum hergestellt, da ertönte bereits die resolute Stimme Dr. Josef