Syltwind. Sibylle Narberhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sibylle Narberhaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839266045
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und Urlaubsfeeling. Neugierig drängten sich Besucherströme durch die enge Gasse. Der diesjährige Kitesurf-Cup stand unmittelbar vor der Eröffnung. Hier und dort wurde noch bis zur letzten Minute Hand angelegt, damit alles passte. Außerdem wurde für ausreichend Lebensmittel und Getränke für den starken Besucheransturm der nächsten Zeit gesorgt. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, vom strahlend blauen Himmel schien die Sonne, und der Wind wehte kräftig aus Westen. Wenn man den Meteorologen Glauben schenken durfte, sollte diese Wetterlage auch in den nächsten Tagen Bestand haben. Somit konnten sich sowohl Teilnehmer als auch Zuschauer auf optimale Voraussetzungen für einen spannenden und erstklassigen Wettkampf freuen.

      »Moin, Steen!«

      »Moin, Leonie! Hey, Emma! Was ist passiert? Warum ist die Polizei hier?«

      »Hast du es nicht gehört? In den Container von Kilian wurde eingebrochen. Jemand hat das Schloss geknackt«, erklärte die junge Frau aufgeregt.

      »Wurde etwas geklaut?«, wollte Steen wissen und reckte seinen Kopf in die Richtung der Menschenansammlung. Neben der Polizei hatten sich Schaulustige um den Tatort herum versammelt.

      »Das weiß ich nicht. Ich habe Kilian bislang nicht gesprochen. Da hinten ist er!«

      Steen war gerade im Begriff, sein Fahrrad abzuschließen, als ein junger Mann wütend auf ihn zustürmte.

      »Hey, Larsen! Was hast du dir dabei gedacht?«, schleuderte er ihm aufgebracht entgegen.

      »Beruhig dich! Wovon genau sprichst du?«, gab Steen unbeeindruckt zurück.

      »Tu nicht so scheinheilig! Wenn du glaubst, mich mit der Nummer ausbremsen zu können, um dir einen Vorteil zu verschaffen, hast du dich gewaltig geschnitten. Da musst du schon andere Geschütze auffahren, Larsen!« Am liebsten hätte er seinen Kontrahenten am Kragen gepackt, doch in Anbetracht der Polizeipräsenz in der Nähe gab er seinem Impuls nicht nach.

      »Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Und jetzt lass mich in Ruhe.« Mit diesen Worten drehte Steen ihm den Rücken und verschwand im Inneren des Surfclubs.

      Kilian wollte zu einer Antwort ansetzen, entschied sich jedoch im letzten Moment dagegen und begab sich zurück zum Strand.

      »Glaubt Kilian ernsthaft, du hättest mit dem Einbruch zu tun?«, fragte Leonie, die Steen wie ein Schatten gefolgt war. »Warum solltest du so etwas machen? Ihr seid zwar Konkurrenten beim Kiten, aber keine Feinde.«

      Steen zuckte lediglich die Schultern. »Frag ihn!«

      »Außerdem bekommt er sowieso eine neue Ausrüstung von seinem Sponsor zur Verfügung gestellt für den Fall, dass tatsächlich etwas gestohlen sein sollte. Wozu dann eben dieses Theater?«, überlegte sie weiter, wobei sich auf ihrer Stirn mehrere Falten bildeten. »Emma und ich finden es ohnehin eine Frechheit, dass die Firma ›Kitetex‹ ihn unterstützt und nicht dich. Schließlich stammst du von der Insel, und Sylter Unternehmen sollten in erster Linie ihre eigenen Talente fördern und nicht irgendwelche fremden Sportler. Findest du nicht auch? Das ist total ungerecht! Ich an deiner Stelle würde mir das von diesem aufgeblasenen Schröder nicht bieten lassen. Emma sieht das genauso und einige andere auch«, ereiferte sie sich. Ihre Freundin nickte zustimmend.

      »Ach ja? Und was sollte ich eurer Meinung nach bitteschön tun?«

      Leonie wartete kurz, bevor sie antwortete. »Na ja. So genau weiß ich das auch nicht, aber wenigstens würde ich …«

      »Lass gut sein, Leonie! Das ist nett gemeint, dass du mir helfen willst, aber du brauchst dir wirklich nicht meinen Kopf zerbrechen. Ich komme gut allein klar«, gab Steen der jungen Frau deutlich zu verstehen, dass er nicht gewillt war, das Thema weiter zu vertiefen. Stattdessen schnappte er sich seinen Neoprenanzug und ging sich umziehen.

      Die Tür öffnete sich derart schwungvoll, dass sich Uwe vor Schreck gehörig an seinem Salamibaguette verschluckte und augenblicklich einen Hustenanfall bekam.

      »Guten Morgen, Herr Wilmsen! Habe ich Sie etwa erschreckt? Dann tut es mir leid. Das war ganz und gar nicht meine Absicht«, entschuldigte sich Staatsanwalt Matthias Achtermann.

      Ein kurzes Anklopfen wäre nett gewesen, dachte Uwe, behielt den Gedanken jedoch für sich. »Geht schon wieder«, presste er stattdessen hervor. Mit dem Handrücken wischte er sich die letzten Tränen aus den Augen und erhob sich anschließend, um seinem Besucher zur Begrüßung die Hand zu reichen.

      »Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Ihnen meinetwegen etwas zustoßen würde. Sie sind einer meiner wichtigsten Mitarbeiter«, säuselte er.

      Uwe rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten, Herr Achtermann?« Seine Stimme klang noch eine Spur rau.

      Der Blick des Staatsanwaltes richtete sich zu der Kaffeemaschine auf der Fensterbank, der man deutlich ansah, dass sie schon einige Dienstjahre auf dem Buckel hatte.

      »Nein, haben Sie vielen Dank. Ich habe vorhin ausgiebig gefrühstückt. Von zu viel Kaffee bekomme ich Sodbrennen. Meines Erachtens ist es allerdings höchste Zeit, sich über die Anschaffung einer neuen Maschine Gedanken zu machen. Diese dürfte mittlerweile ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko darstellen.« Er deutete mit skeptischer Miene zu dem Haushaltsgerät.

      »Ich kann Ihre Bedenken gern weitergeben«, bot Uwe an.

      »Ich werde mich persönlich für eine Neuanschaffung einsetzen. Melden Sie sich, falls es diesbezüglich Schwierigkeiten geben sollte, ich werde das regeln«, versprach Achtermann und sah äußerst zufrieden aus.

      »Hm«, brummte Uwe vor sich hin. Achtermann hätte den Raum kaum verlassen, da würde er sein großzügiges Versprechen längst vergessen haben, davon war er überzeugt.

      »Wie mir mitgeteilt wurde, ist heute Morgen ein Toter gefunden worden? Wo war das noch mal genau?«

      »In Hörnum im Hafenbecken.«

      »Richtig, in der Nähe des Golfplatzes. Sie gehen mittlerweile von einem Gewaltverbrechen aus?«

      »Wir können es jedenfalls nicht völlig ausschließen. Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig sagen. Die Leiche weist Verletzungen auf, die sowohl von dem Sturz ins Wasser als auch durch äußere Gewalteinwirkung durch Dritte herrühren können. Sobald Dr. Luhrmaier die Obduktion abgeschlossen hat, können wir sicher sagen, ob es sich um einen Unfall oder tatsächlich um Fremdverschulden handelt«, erklärte Uwe.

      »Bitte halten Sie mich in jedem Fall auf dem Laufenden.«

      »Selbstverständlich, Herr Achtermann. Wie immer.«

      »Schön, ich hatte nichts anderes erwartet. Ursprünglich bin ich aus einem völlig anderen Grund hergekommen«, wechselte der Staatsanwalt das Thema.

      »Das dachte ich mir, dass Sie nicht wegen des Toten gekommen sind. Wo ist sie denn nun?«, hakte Uwe neugierig nach. »Ich hatte angenommen, Sie brächten die junge Dame, von der Sie neulich am Telefon gesprochen haben, gleich mit.« Insgeheim keimte Hoffnung in Uwe auf, dass der Kelch vielleicht an ihm vorbeiging, obwohl er bereits ein Gästezimmer für die junge Frau organisiert hatte. Wenn er ehrlich war, hatte er weder Zeit noch Lust, den Babysitter für die Tochter eines Bekannten von Achtermann zu spielen. Tagsüber würde sie ihrem Praktikumsjob nachgehen, aber nach Feierabend oder abends würde er ein Auge auf sie haben müssen. Ausgerechnet jetzt war Tina nicht da. Seine Frau war derzeit zur Kur in Bad Salzuflen, sodass er für die nächsten vier Wochen auf sich allein gestellt war. In dieser Zeit hatte er sich viel vorgenommen und eigens eine Liste zusammengestellt mit Dingen, die er erledigen wollte, bevor Tina nach Hause kam. Und nun kam ihm dieser Todesfall dazwischen, dessen Ausmaß aus ermittlungstechnischer Sicht in keiner Weise abzusehen war. Er stöhnte innerlich.

      »Doch, doch«, bekräftigte Achtermann und riss sein Gegenüber aus seinen Gedanken. »Ich habe sie im Hotel abgesetzt. Anschließend wollte Juna sich zunächst die Westerländer Innenstadt ansehen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen«, fuhr er mit seinen Ausführungen fort. »Sie war noch nie auf Sylt. Ich habe mir überlegt, sie beide heute bei einem gemeinsamen Abendessen miteinander