Das Herz des Diplomaten. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238251
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nickte und bewegte den Rücken von einer Seite zur anderen, kuschelte sich geradezu an Daltons Brust. Er lehnte den Kopf zurück an Daltons Schulter und schloss die Augen, sodass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihm entfernt war.

      Ein paar bezaubernde Sommersprossen sprenkelten seine Wangen und sein schlanker Hals bettelte darum, gebissen zu werden. Der starke Puls, der dort pochte, lockte Daltons Zunge. Ob er wohl salzig oder süß schmeckte? Oder wie eine Mischung aus beidem?

      »Oh Mist.« Bannon stand einige Meter entfernt, trug den schwarzen Hut, für den er Leib und Leben riskiert hatte, und rang die Hände. Seine blasse Haut war fast weiß. »Vater wird mich erwürgen.«

      Humphreys tauchte mit offenem Mund hinter ihm auf. Ganz wundervoll! Es war nicht vorherzusehen, was der äußerst verklemmte Mann zu dem Schlamassel sagen würde. Offen gesagt konnte Dalton kaum glauben, dass er nicht schon Zeter und Mordio schrie und ihnen die Büttel auf den Hals hetzte.

      Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf über den angerichteten Schaden, bevor es sich an Bannon wandte. »Ich habe dir gesagt, dass das eine schlechte Idee ist.«

      »Hast du nicht!«, fuhr Bannon sie an. »Du meintest, der Hut würde mir bestimmt hervorragend stehen.«

      »Damit meinte ich nicht, dass du raufklettern sollst und…« Sie verstummte und sah zu Humphreys hinüber.

      Mit einem Seufzen und einem Stoßgebet an jeden, der zuhörte, dass Humphreys nicht auf der Stelle einen Schlaganfall erleiden möge, begegnete Dalton dem Blick des älteren Mannes. »Ich werde für alles aufkommen, aber erlaubt mir, zunächst Lord Redding wiederzubeleben.«

      Erstaunlicherweise explodierte der Geschäftsinhaber nicht. Er straffte die Schultern, schloss den Mund und neigte das Kinn. »Sehr wohl, Mylord.« Nach einem finsteren Blick in Bannons Richtung hob er den Kopf, schniefte und ging davon.

      Als wäre er vom Blitz getroffen worden, ruckte Blaise nach vorn und kam mühsam auf die Beine. Er wirbelte herum, sein Blick traf Daltons und ihm blieb der Mund offen stehen. Mehrere Sekunden lang starrten sie einander an.

      Dalton hätte sich nicht rühren können, selbst wenn er gewollt hätte. Er saß da, gefesselt von diesen grasgrünen Augen, und wurde von dem tiefgreifenden Gefühl erfasst, dass sein Leben sich gerade unwiderruflich verändert hatte. Er schüttelte den Kopf und versuchte, diesen verrückten Gedanken zu verscheuchen, bevor er auf die Füße sprang. Es war ja nicht so, als wäre er ein Jüngelchen, das zum ersten Mal für jemanden schwärmte. Er glaubte noch nicht einmal an Liebe auf den ersten Blick, aber da war… irgendetwas… eine seltsame Anziehung, die er nicht leugnen konnte. Der Schock in Blaises Augen ließ in Dalton die Frage aufkommen, ob er es ebenfalls spürte.

      Blaise schluckte so schwer, dass sein Adamsapfel hüpfte. Ein zaghaftes, schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen und diese umwerfenden Augen spähten unter flatternden Wimpern hervor. Hals und Wangen färbten sich rosa, als er sich auf die Unterlippe biss. Er trat einen Schritt näher und alle Farbe wich auf einen Schlag aus seinem Gesicht.

      Vielleicht war es die Art, wie seine Augen sich weiteten, oder seine ungelenken Bewegungen, doch Dalton erkannte seine Absicht zu fliehen und sagte: »Blaise, wartet.«

      Doch er wartete nicht. Er lief strammen Schrittes davon und trat auf dem Weg hinaus hier und da Hüte zur Seite.

      Verdammter Mist! Dalton streckte die Hand aus, als könnte er seinen Rückzug damit irgendwie verhindern, doch Blaise beschleunigte seine Schritte.

      Bannon und das Mädchen stolperten ihm hinterher. Nach ein paar Sekunden blickte Bannon mit verlegenem Gesichtsausdruck über seine Schulter zu Dalton zurück. »Entschuldigung. Und danke.«

      Dalton nickte. Verflucht noch mal! Was hatte er getan? Nun, abgesehen davon, dass er den Mann über den Haufen gerannt hatte, natürlich. Er verdrehte die Augen über sich selbst und stöhnte. Er beobachtete, wie Blaise mit flatternden Rockschößen hinter der nächsten Ecke verschwand.

      Ugh. So hatte sich Dalton ihre erste Begegnung sicher nicht vorgestellt. So viel zum ersten Eindruck. Er würde wohl einen besseren zweiten machen müssen. Sein Blick wanderte über die Hüte, die auf dem Boden verstreut waren, und er lachte leise.

      Das sollte nicht allzu schwer sein.

      Kapitel 2

      Ein bekanntes Mitglied des IN-Ratsausschusses und sein zierlicher Consort wurden heute Morgen dabei gesehen, wie sie die Platt Street hinuntergerannt sind. Hat der Marquis den Verstand verloren? Vielleicht liegt es an den Überstunden, die er im House of Lords ableistet. Gerüchten zufolge ist er schon wieder mit Ratsherr Eversleigh über politische Fragen aneinandergeraten.

      – Aus der Regelence Post, Kolumne über die Geschehnisse im House of Lords

      Es gab Momente in seinem Leben, auf die er zurückblickte und sich fragte, ob er von allen guten Geistern verlassen war. Das hier war so ein Moment. Eigentlich fragte Blaise sich gar nicht, er wusste es ganz sicher.

      Während er sich rücklings an die Backsteinmauer in der Gasse neben dem Herrenausstatter Hart and Sons lehnte, starrte er hinunter auf seine Füße, als könnten sie ihm Antworten liefern. Niemals in seinen zweiundzwanzig Lebensjahren hatte er eine solche Hitze wie die erlebt, die ihn verzehrt hatte, als er dem Blick dieses Mannes begegnet war. Er war sich nicht sicher, ob ihm das Gefühl gefiel. Nein, er war überzeugt, dass es ihm völlig egal war. Trotz der beißend kalten Luft und seines fehlenden Wintermantels war ihm heiß und sein Herzschlag überschlug sich unkontrolliert.

      »Tut mir leid.« Bannon schob sich in sein Sichtfeld und knabberte an seiner Unterlippe. »Geht's dir gut? Kannst du wieder atmen?«

      Ach, jetzt macht er sich Sorgen? Blaise fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und nickte. Wenn Bannon schlussfolgerte, dass ihm noch immer die Nachwirkungen des Sturzes zu schaffen machten, würde Blaise ihn bestimmt nicht korrigieren. Er konnte ja wohl kaum zugeben, dass er auf der Stelle umkehren und sich wieder in die Arme dieses Mannes werfen wollte. Da war es doch besser, weggerannt zu sein und für einen echten Trottel gehalten zu werden.

      »Ich hab diesen Hut gesehen und musste ihn haben. Ich wollte nicht, dass sie alle runterfallen. Ich hätte auf dich hören sollen, aber ich war mir sicher, dass ich ihn schon kriege.« Bannon setzte Blaise seinen Hut auf den Kopf und legte ihm den Mantel um die Schultern, als würde er ein Kind ankleiden.

      Oh, um Himmels… Blaise stopfte die Arme in seinen Paletot. Als großer Bruder war es an ihm, die Verantwortung zu übernehmen. Er sollte Bannon mal ordentlich den Kopf waschen. Diesmal hatte er es wirklich verdient. Er hatte nicht nur sich selbst in Gefahr gebracht, sondern hätte auch andere dadurch verletzen können. »Wegen dir habe ich den Mann in Grün verloren.«

      Louisa, die hinter Bannon stand, verzog schuldbewusst das Gesicht. »Glaubst du, der Mann im grünen Gehrock hat die Frau des Admirals erwischt?«

      »Ich hoffe nicht, aber ich werde es Vater und dem Ausschuss berichten müssen.« Und er freute sich nicht darauf. Ihren Eltern würde nicht gefallen, dass er auf den Markt gegangen war, doch er konnte jetzt auch nicht schweigen, um seine eigene Haut zu retten. »Betty schwebt vielleicht in Gefahr und wir müssen sie schnell ausfindig machen.« Wenn ihr irgendetwas zustieß, weil er Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hatte… Nun, darüber wollte er nicht nachdenken. Er rückte seinen Hut zurecht, sah sich in der düsteren Gasse um und erschauderte heftig. Er musste wirklich nicht ganz bei Sinnen gewesen sein, als er geflüchtet war. Überall lagen Pappkartons, Holzkisten und Abfall herum. »Lasst uns gehen.«

      Ein Rascheln – oder war es ein Schlurfen? – hallte von den Wänden der umstehenden Gebäude wider und eine der Kisten bewegte sich leicht. Wahrscheinlich Ratten oder anderes Getier. Igitt, er hasste Nager. Das würde seinem Unglück noch die Krone aufsetzen.

      Louisa schrak bei dem Geräusch zusammen und drehte sich um. »Hättest du dir nicht einen besseren Zufluchtsort aussuchen können?«

      »Ich… bin in Panik geraten«, gab er widerwillig zu.

      Louisas