Das Herz des Diplomaten. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238251
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sie nicht getan und Dalton hatte die Kontrolle verloren. Sich schlecht zu benehmen hatte angefangen… Spaß zu machen. Er hatte Dinge getan, die keinem jungen Lord seines Alters erlaubt waren, und hatte aufgehört, sich darum zu scheren, was seine Eltern oder die Gesellschaft von ihm hielten.

      »Und die Wogen dieses neuesten Skandals müssen sich unbedingt schnell glätten… Deswegen habe ich dir ein Offizierspatent für die IN gekauft.« Raleigh hielt ihm die Papiere hin.

      Mit bebender Hand nahm Dalton sie entgegen. Er wurde fortgeschickt? Schon wieder? Er schaute hinunter auf das Patent, dann hinauf zu seinem Onkel.

      Raleighs ernste Miene blieb unverändert.

      »Aber…«

      »Du hast nur zwei Möglichkeiten. Entweder bleibst du hier drin und wirst wegen Diebstahls angeklagt oder du gehst zur Intergalaktischen Navy. Leiste deine zwei Jahre dort ab, komm nach Hause und schließ dich für zwei Jahre der Regelence Navy an. Wir werden allen erzählen, dass du schon immer zur Regelence Navy wolltest, so wie mein Vater. Ich meine mich zu erinnern, dass du das als Kind auch tun wolltest.«

      »Ja.« Dalton betrachtete die Dokumente. In seiner Jugend hatte er in die Fußstapfen seines Großvaters treten wollen, doch aus dieser Idee war er schon lange herausgewachsen. Jetzt wollte er seine Familie nicht verlassen. Er wollte wieder zu ihnen ins Schloss ziehen, obwohl er wusste, dass das unmöglich war. »Mein Vater weiß nichts davon, oder?«

      Raleigh schüttelte den Kopf. »Ich setze mich mit meinem Bruder auseinander.«

      Obwohl Dalton auf Regelence noch nicht als volljährig angesehen wurde, konnte er der IN rein rechtlich auch ohne elterliche Zustimmung beitreten. Das Mindestalter für die IN betrug nur achtzehn Jahre und in fünf Monaten würde Dalton zwanzig sein.

      Er sah sich in der Zelle um, ließ den Blick über die rauen Steinwände schweifen und schauderte. Er konnte nicht im Gefängnis bleiben. Vielleicht bedeutete das, dass er ein verwöhnter Aristokrat war, wie ihn die Wachmänner beschimpft hatten, doch er wusste, dass er sich hier drin niemals behaupten könnte. Und zu seinen Eltern wollte er auch nicht wieder zurück.

      Er spähte zu seinem Onkel hinauf. Würde er mich wirklich hier lassen? Wenn Raleigh es für das Beste hielt – was dieser angespannte Kiefermuskel laut und deutlich sagte –, dann würde er es tun.

      Mit flauem Gefühl im Magen und weil ihm keine andere Wahl blieb, stimmte Dalton zu. »Ich mach's.«

      Kapitel 1

      Gerüchten zufolge ist ein gewisser Lord Satansbraten nun endgültig nach Hause zurückgekehrt. Man fragt sich, wie viele Duelle wir in dieser Saison zu erwarten haben?

      – Aus der The Classige Morning News, Gerüchtekolumne

      1. März 4831, Planet Regelence

      Lawson-Straßenmarkt in der Innenstadt von Classige, Pruluce

      (Regierungsland von Regelence)

      An diesem Ort herrschte Irrsinn, kompletter und vollkommener Irrsinn. Blaise hatte gerade erst das Hauptzugangstor des Straßenmarktes passiert und beobachtete mit großen Augen, wie ein Straßenhändler mit irgendeiner Art Fleisch am Stiel an ihm vorbeischlenderte. Er war gleichzeitig angeekelt und fasziniert.

      Die Sonne war erst vor Kurzem aufgegangen und trotzdem drängten sich Dutzende weiß getünchte Verkaufsstände mit Speisen und allen nur erdenklichen Waren auf jedem Zentimeter freier Fläche zusammen. Der Rest wurde von Menschen eingenommen. Krämer buhlten um Aufmerksamkeit, indem sie sich gegenseitig niederschrien, und die Gerüche… Sie alle vermischten sich zu einem Durcheinander aus süßen und säuerlichen Düften, gedünsteten Zwiebeln und Schweiß. Als wäre der Geruch von Zwiebeln allein nicht schon schlimm genug. Er war hierhergekommen, um jemanden zu suchen, doch er hatte keine Ahnung gehabt, dass dieser Ort so groß und… geschäftig war.

      »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?« Bannon hatte die Hände tief in den Taschen seines Wintermantels vergraben, als er neben ihn trat und das hektische Treiben vor seinen Augen mit offenem Mund betrachtete.

      Bannons Kammerdienerin Louisa – die sie als Anstandsdame begleitete – blieb mit einem ähnlichen Gesichtsausdruck neben ihm stehen.

      Blaise zuckte mit den Schultern und blies in seine behandschuhten Hände, womit er versuchte, seine Nase zu wärmen und die Gerüche um ihn herum abzudämpfen. Er hatte sich genau dasselbe gefragt. Es war nicht gerade seine beste Idee, doch er hatte keine andere Wahl. Sein Vater war IN-Ratsherr für Regelence und dafür verantwortlich, die Interessen des Planeten innerhalb der IN zu vertreten. Ganz oben auf der Liste seiner Anliegen stand, dass Admiral Jenkins und seine Ehefrau gefunden wurden. Da er nur als Gehilfe in der Ratsstube arbeitete, war Blaise mit seinen Vorschlägen auf taube Ohren gestoßen, also hatte er die Sache selbst in die Hand genommen. Wenn man wollte, dass etwas richtig gemacht wurde… »Der Laufbursche sagte, er hätte Betty Jenkins' ehemalige Kammerzofe hier ausfindig gemacht. Sie verkauft Melonen.«

      »Warum kann sich der Laufbursche dann nicht mit der Zofe in Verbindung setzen?« Bannon stieß den Atem aus und umgab sich dadurch mit weißen Wölkchen. »Wir verschwenden hier unsere Zeit. Wir könnten stattdessen beim Herrenausstatter sein und nach einem neuen Hut schauen.«

      Blaise verdrehte die Augen, packte seinen jüngeren Bruder am Arm und zog ihn mit sich in den Menschenstrom. »Weil ich nicht weiter einen Laufburschen von meinem Taschengeld bezahlen kann, sonst wird Vater misstrauisch und bemerkt, dass ich eigene Nachforschungen anstelle.« Er blieb stehen und ließ eine Frau vorbei, die einen Handkarren voller Töpferwaren vor sich herschob.

      »Warum stellst du überhaupt eigene Nachforschungen an?« Louisa beugte sich an Bannon vorbei, um Blaise anzusehen.

      »Weil die anderen mir nicht zuhören wollen. Sie glauben, dass es nichts bringen würde, sich mit Jenkins' Dienerschaft zu unterhalten.« Das war recht kurzsichtig von ihnen. Die Gruppe ließ Nachbarn und Familienmitglieder von Laufburschen befragen, die natürlich vom Ausschuss des IN-Ratsherrn bezahlt wurden. Das war eine gute Idee, doch Blaise war nicht die letzten zweiundzwanzig Jahre als Erbe eines Herzogtums groß geworden, ohne das eine oder andere zu lernen. Wenn man Klatsch und Tratsch hören wollte, dann ging man nach unten ins Dienstbotenquartier.

      Der Wagen mit der Töpferware passierte sie und Blaise zerrte Bannon weiter, bis der sich aus seinem Griff befreite.

      »Ich kann selbst gehen, weißt du.«

      »Dann beeil dich.« Kopfschüttelnd ging Blaise den Gang entlang und überließ es Bannon und Louisa, ihm zu folgen. Warum musste Larkinson, seine Kammerdienerin und bevorzugte Anstandsdame, ausgerechnet heute krank werden? Er hätte sich davonschleichen und allein hierherkommen sollen. Das Risiko wäre es wert gewesen.

      Der Markt war um einiges größer, als er erwartet hatte, und ganz bestimmt nichts für schwache Nerven. Es war nicht direkt dreckig, aber auch nicht gerade makellos sauber. Die Straßen waren… nun, Straßen eben. Es roch verdächtig nach Pferdemist, obwohl keine Tiere erlaubt waren. Hier tummelten sich Dienstboten in Livree, höhere Bedienstete und Hilfsbutler, hier und da sah man sogar Bürger aus der Mittelschicht, doch es schien sich kein einziger Lord und keine Lady des ton hier aufzuhalten.

      Blaise verzog das Gesicht, zupfte den Aufschlag seines Paletots etwas weiter nach oben und hoffte, dass er zusammen mit seinem Hut seine Identität verbarg. Er war zu weit gekommen, um jetzt umzukehren.

      Er lief noch etwa eine Minute weiter, bevor er den Melonenstand direkt zwischen den Orangen und den Weintrauben entdeckte. »Überlasst mir das Reden.«

      Keine Antwort.

      Blaise wirbelte herum und sah sich einer Frau gegenüber, die einen kleinen Jungen an der Hand hielt. »Huch!« Er wich zurück.

      Sie schnappte nach Luft und presste sich ihren Beutel an die Brust.

      Verdammter Mist! »Es tut mir so leid, gnädige Frau. Ich dachte, mein Bruder wäre hinter mir.«

      Die Frau warf ihm einen finsteren Blick zu,