Das Herz des Diplomaten. J.L. Langley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.L. Langley
Издательство: Bookwire
Серия: Regelence
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238251
Скачать книгу
Griff die Hand danach aus und zog ihn näher zu sich heran. Zum Glück war in dem Zimmer Teppich verlegt und das Schleifen verursachte kein Geräusch. Als der Stuhl nur noch etwa einen Meter von ihm entfernt war, rutschte Griff behutsam auf den anderen Platz und formte mit den Lippen: »Wo warst du denn?«

      »Lange Geschichte«, entgegnete Blaise auf dieselbe lautlose Weise.

      Griff richtete den Blick wieder nach vorn, ließ eine Hand neben sein Bein sinken und bedeutete Blaise unauffällig, zu ihm zu kommen.

      Er setzte sich in Bewegung, doch da riss Griff in der universellen Stoppgeste die Handfläche nach oben.

      Blaise wankte ein wenig nach vorne, sodass die Tür knarzte, aber es gelang ihm, stehen zu bleiben. Als sein Vater ihn nicht anwies, doch endlich hervorzukommen, wie er es halb befürchtet hatte, entspannte er sich wieder.

      Pendleton verstummte und irgendjemand lachte.

      Nach einer Weile nickte Griff ihm zu. Die Luft ist rein.

      Danke. Er schlüpfte durch den winzigen Spalt in der Tür und schloss sie lautlos hinter sich. Er glitt auf seinen Platz, gerade als Pendleton seinen Vortrag beendete und Foxglove da ansetzte, wo Pendleton aufgehört hatte. Er war ein weiterer langatmiger… nun, Schwätzer.

      Griff lehnte sich zu ihm, legte eine Hand seitlich an seinen Mund und wisperte: »Prissy hat irgendetwas vor. Er schaut ständig hier nach hinten und hat vor der Konferenz nach dir gefragt.«

      »Nach mir?« Prissy war neben Blaise der zweite Gehilfe im Rat, doch sie waren nicht befreundet. Sir Percy Edmonstone war der eitelste Geck des ganzen ton.

      Als Blaise ebenso wie Griff in Prissys Richtung sah, entdeckte er erschrocken, dass der blonde Mann ihn anstarrte. Oder starrte er Griff an? Prissy verachtete Griff und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um auf Griffs Gewicht herumzureiten. Da Griff vielleicht höchstens fünf Kilo zu viel auf die Waage brachte, vermutete Blaise stark, dass er in Wahrheit eifersüchtig war, denn Griff war neu im House of Lords und mit fünfundzwanzig das jüngste Mitglied des Ratsausschusses.

      Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, neigte Blaise grüßend den Kopf in Prissys Richtung und… begegnete einem Blick aus vertrauten grünen Augen. Sternschnuppendreck! Sein Vater saß neben Prissy.

      Blaises Eingeweide zogen sich zusammen. Er fühlte sich eher wie ein Käfer auf einem Mikroscanner. Er wühlte in seinem Kopf nach einer Ausrede, doch die Worte purzelten durcheinander wie jedes Mal, wenn ihm eine Standpauke bevorstand. Er holte tief Luft und ließ sie nur stoßweise wieder entweichen, um die erste Welle der Panik abzumildern. Diesen Trick hatte seine Gouvernante ihm beigebracht und er war ihm über die Jahre hinweg schon oft eine große Hilfe gewesen. Eigentlich hatte er seine guten Neuigkeiten jetzt noch nicht preisgeben wollen, aber sei's drum. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, doch sein Vater winkte ab und schüttelte den Kopf. Sein Blick verlor an Intensität und er wurde wieder zu dem entspannten Mann, den Blaise so gut kannte.

      Eversleigh drehte sich nach vorn zurück, stand auf und sah sich im Raum um. »Ich habe dieses Treffen einberufen, weil Sir Percy eine bemerkenswerte Neuigkeit zu verkünden hat.« Der Duke strahlte Prissy an.

      Prissys Blick kreuzte Blaises und sein linker Mundwinkel hob sich in einem hämischen Grinsen. Kaum sichtbar hob er das Kinn und erwiderte Blaises Gruß schließlich, doch nicht auf freundliche Weise.

      Griff hatte recht, Prissy führte irgendetwas im Schilde.

      »Als ich heute auf dem Weg zum Herrenausstatter war, habe ich Betty Jenkins gesehen.«

      Blaise musste sich verhört haben. Verflucht! Wie sollte er seinem Vater jetzt seine Verspätung erklären? Er hatte Wochen gebraucht, um auch nur die Kammerzofe ausfindig zu machen. Er war über Betty gestolpert.

      Dass Prissy sie gefunden hatte, konnte kein Zufall sein. Er war viel zu eitel, um bei Hart and Sons einzukaufen. Bei einer Abendgesellschaft hatte er einmal fallen gelassen, dass er seine Krawattentücher extra für sich anfertigen ließ. Wer hatte bitte maßgeschneiderte Krawattentücher? Das waren doch nur lange Stoffstücke.

      »Dieser Mistkerl.« Seine Beine gaben unter ihm nach und wenn Griff ihn nicht zurück auf seinen Stuhl gedrückt hätte, wäre er mit dem Hintern auf dem Teppichboden gelandet.

      »Ähm, alles in Ordnung?«, flüsterte Griff.

      »Ich… ja. Mir geht's gut. Prissys Neuigkeit hat mich nur überrascht.« Blaise wollte es seinem Freund erzählen, doch die Angst vor einer Zurechtweisung ließ ihn schweigen. Wenn er jetzt irgendetwas sagte, würde es aussehen, als würde er versuchen, Prissy zu überbieten.

      »Hier. Nimm. Du siehst aus, als würdest du es brauchen.« Griff stieß sanft gegen seinen Arm.

      Blaise schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu klären, dann spähte er hinunter und bemerkte das Wasserglas in Griffs Hand. »Danke.« Er stürzte das ganze Glas herunter und wünschte, es wäre etwas Stärkeres gewesen. Er hatte einmal mit vierzehn zu viel getrunken und damals hatte ihm der Kontrollverlust nicht gefallen, der mit dem Rausch einherging, aber jetzt gerade? Er würde ihn begrüßen. Zumindest gäbe es dann einen Grund, warum die Welt komplett aus den Fugen geraten war.

      Griff nahm das leere Glas zurück und stellte es auf den Tisch neben sich.

      Der Aufruhr in der Gruppe legte sich und man begann, einen Plan zu schmieden, um Betty noch einmal aufzuspüren.

      »Vielleicht sollten wir die ehemalige Dienerschaft der Jenkins-Familie befragen«, sagte Prissy.

      Dieser Sohn eines… Blaise zügelte sich. Der Gentleman steckte ihm zu tief in den Knochen, um diesen Gedanken zu vervollständigen.

      Die Lords Tetterson und Cromley, die den Vorschlag vor ein paar Wochen noch als töricht abgetan hatten, hielten es jetzt für eine famose Idee.

      Die Erinnerung an flaschengrüne Wolle und einen burgunderfarbenen Hut huschte vor Blaises innerem Auge vorbei, zusammen mit dem Wissen, dass Prissy leuchtende Farben über alles liebte.

      Dieser Sohn eines Hurenbocks. Nein, er war wohl doch kein Gentleman durch und durch.

      Die Fahrt zurück zum Parlamentsgebäude hatte viel dazu beigetragen, Blaises Laune wieder zu heben, und den Korridor des Ratsherren zu betreten, spendete ihm Trost. Der Geruch nach alten Büchern, Zigarrenqualm und Staub fühlte sich an wie zu Hause. Er war sogar noch befriedigender als der Tagtraum, den er im Gleiter über seine Rache an Prissy gehegt hatte. Er liebte diesen Ort und wollte bereits ein Teil davon sein, seit sein Vater ihn als Sechsjährigen hierher mitgenommen hatte. Für ihn hatte er immer für Rechtschaffenheit und Tradition gestanden und er erinnerte ihn selbst jetzt noch daran, was wichtig war. Er wollte schon eine politische Laufbahn einschlagen, solange er sich zurückerinnern konnte, und nicht der Sorte von Politikern angehören, die jeden ruinierten, der ihnen im Weg stand. Die Sorte, zu der Prissy bald gehören würde, wenn er so weitermachte.

      »Guten Tag, Lord Redding.« Hobbs, der Sekretär seines Vaters, neigte grüßend den Kopf, sah jedoch nicht von seiner Tätigkeit hinter dem großen Mahagonitisch auf, der als Empfangstresen fungierte. Woher der Mann zu wissen schien, wen er vor sich hatte, ohne ihn anzusehen, war eines der großen Mysterien des Lebens – oder zumindest des Ratsausschusses.

      »Euch auch einen guten Tag, Hobbs.« Blaise versuchte, den Kopf gesenkt zu halten, während er zu seinem Büro ging. Hobbs hatte immer irgendeine sinnlose Aufgabe, die zu erledigen war, und verpflichtete Blaise in den meisten Fällen dazu, dabei zu helfen. Normalerweise störte sich Blaise nicht daran, doch heute sehnte er sich einfach nur nach der Stille seines düsteren Büros mit seinen Bücherwänden. An der Rede seines Vaters für die Ratssitzung musste noch eine Menge gefeilt werden.

      »Mylord, Seine Gnaden hat mich gebeten, Euch die hier zu geben.«

      Ach, Mist. Beinahe wäre er unbehelligt entkommen. Blaise schaute sehnsüchtig zu dem rot gemusterten Teppich vor ihm und zog in Betracht, sich taub zu stellen. Warum stand die Tür offen?

      Hobbs hievte einen Stapel Ordner von seinem Schreibtisch und lud sie bei Blaise ab, dem nichts anderes