Die Grüne Feder. Petra Teufl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra Teufl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783863270575
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den Kühlschrank für ein doppelt belegtes Sandwich und stieß dabei auf den Laptop, Tablet und Smartphone im Gemüsefach. Neben Butter, Mayonnaise, Schinken und Käse holte ich auch den Laptop aus dem Kühlschrank. Dann machte ich mir die Sandwiches und setzte mich in mein Zimmer an den Schreibtisch. Der Laptop war geladen und startete in Sekundenschnelle. Das Internet würde mir hoffentlich etwas über die Gilde der Schreiber verraten. Nach einigen Registrierungen versuchte ich, die Suchmaschine Lookover zu installieren, die ich in Indien benutzt hatte. Nichts! Als würde sie nicht existieren. Ständig blinkten Fehlermeldungen auf. Genervt gab ich auf. „Gilde der Schreiber“ tippte ich in die Suchzeile der vorinstallierten Suchmaschine FLOWERS ein. Es dauerte eine Sekunde bis die Meldung erschien, dass es zu diesem Begriff keine Einträge gäbe. Konnte es wirklich stimmen? Charles Braxton war wütend auf die Gilde und ließ deshalb keine Informationen über sie in seinem System zu? Ich versuchte es weiter mit anderen Formulierungen, ohne Erfolg. Als die Wohnungstür aufgeschlossen wurde, klappte ich den Laptop schnell zu. Tante Edith setzte zwei Einkaufstüten im Flur ab und schaute zu mir ins Zimmer.

      „Na? Kommst du mit dem Ding zurecht?“, fragte sie, während sie ihren Mantel auszog.

      „Ja, aber ich glaube, du hattest recht mit dem gesperrten Zugang zum offenen Internet“, antwortete ich.

      Tante Edith legte ihren Zeigefinger auf die Lippen. „Findest du nicht, dass die Tischdecke auf dem Küchentisch ein bisschen zu bunt ist?“, fragte sie augenzwinkernd.

      Ich musste lachen. Sie machte tatsächlich Ernst damit, in Gegenwart der Geräte nur über Belanglosigkeiten zu reden. Ich folgte ihr in die Küche und legte den Laptop zurück in den Kühlschrank.

      „Sag mal Tante, du versteckst die Bücher und das ganze Zeug auf dem Dachboden. Ich darf über die Historia Scriptorum nicht reden, aber dieser Juri bekommt alles mit. Wieso vertraust du dem?“ Tante Edith sah mich erstaunt an.

      „Wieso fragst du?“

      „Juri hat erzählt, er würde lieber in Braxcity leben als hier. Nach deiner Logik müsstest du dich von ihm fernhalten und ihm nicht auch noch ausgerechnet deine geheimen Bücherkisten anvertrauen.“

      „Das täuscht. Bestimmt hast du ihn falsch verstanden.“

      „Nein, sicher nicht. Der Typ ist eindeutig merkwürdig und vertrauen würde ich dem keinen Millimeter.“

      „Ach, das wundert mich aber. Abgesehen davon, dass ich diesen jungen Mann für einen patenten Kerl halte, habe ich mir seine Unterstützung durch ein Schriftstück gesichert. Geschrieben von einem wahrhaftigen Schreiber der Gilde.“ Die zehn Fragezeichen in meinem Gesicht mussten Bände sprechen, denn Tante Edith redete gleich weiter: „Du erinnerst dich, was ich in dem Café über deine Mutter und ihre Gabe des wahrhaftigen Schreibens erzählt habe. Dass sie Menschen damit beeinflussen, ja sogar lenken konnte. Juri bekam einen Zettel von mir, auf dem ein wahrhaftiger Schreiber geschrieben hat, dass er mich unterstützen und vor allem Stillschweigen darüber bewahren solle.“

      „Das ist ja gruselig!“, erwiderte ich, wobei mir das Bild von Juri als willenlosem Zombie gefiel.

      „Ach was. Halb so schlimm“, wehrte Tante Edith ab. „Es ist ja nicht so, dass es vollkommen gegen seinen Willen geschieht. Vorher bekam er die Zusage von mir, dass die Gilde seiner Familie helfen würde, falls es einmal nötig sein würde.“

      „Wobei hilft ihnen denn die Gilde?“

      „Pjotr, Juris Vater, ist Journalist. Wenn er hier Ärger bekommt, dann wird die Gilde ihm helfen.“

      „Ganz sauber ist das aber nicht, Tante“, gab ich mit gespielter Entrüstung zu bedenken. Tante Edith lächelte verlegen. „Ich weiß, aber hier ohne verschwiegene Unterstützung zu wohnen ist zu gefährlich.“ Ich schüttelte verständnislos den Kopf. Sollte ich mit Papa über Tantes Geisteszustand reden, den ich für äußerst bedenklich hielt?

      „Mach dir keinen Kopf deswegen“, sagte Tante Edith und deutete auf die Küchenuhr. „Teezeit! Hast du Lust auf eine heiße Tasse Earl Grey?“

      „Tante, wann ist bei dir eigentlich keine Teezeit?“, lachte ich. „Leider muss ich ablehnen. Ich bin mit deinem Zombiefreund zu einem Ausflug in den Park verabredet.“

      „Siehst du, Juri ist doch ganz nett“, erwiderte Tante Edith zufrieden.

      „Er sagt, er treffe dort Freunde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mit ihm befreundet sein will. Aber wenn doch, besteht die Chance, dass ich ein paar ganz normale Leute kennenlerne.“

      Ich öffnete den Kühlschrank und nahm das Smartphone aus dem Gemüsefach. Demonstrativ hielt ich es Tante Edith vor das Gesicht, bevor ich es einschaltete. Sie nickte und verschwand aus der Küche. Auf dem Display blinkte eine neue Nachricht im Messenger von Braxnet auf. Dabei hatte ich das Gerät noch nicht eingerichtet. Ich kannte nicht einmal meine neue Handynummer. Aber eine Nachricht wartete bereits in meinem Postfach. „Synchronisiert mit den Braxcity-Systemen“, hatte Papa gesagt. Da brauchte ich mich nicht zu wundern.

      „Es wird Zeit, Neuling!“, schrieb Juri. „Zieh dir die Schuhe an und komm runter!“

      „Du kannst die Uhr lesen? Bin beeindruckt!“, tippte ich. Bevor ich den Button zum Verlassen des Netzes finden konnte, erschien Juris Antwort: „Das freut mich ungemein!“

      Da ich mich fast zeitgleich ausgeloggt hatte, war der Kontakt unterbrochen. Juri Stankiewicz hatte schon wieder das letzte Wort. Vor Wut schnaufte ich mehr als undamenhaft.

      Als ich durch den Hausflur die Treppe runterging, lehnte Juri mit verschränkten Armen an der Haustür, als wartete er seit Stunden. Er trug jetzt eine schwarze Lederjacke, die ihm auch noch gut stand, wie ich leider feststellen musste.

      „Hast du dein Handy dabei?“, fragte er unvermittelt.

      „Ja, warum?“

      Mit einer Handbewegung forderte Juri es ein. Ohne zu überlegen gab ich es ihm. Er zog seines aus der Jackentasche, legte beide draußen vor die Haustür auf den Boden und schloss die Tür wieder von innen.

      „Was soll das denn?“, protestierte ich.

      „Wenn wir jetzt da rausgehen und die anderen treffen, dann machen wir vielleicht Dinge, die deinem Papa nicht gefallen. Wenn nur einer von uns bestraft wird, weil du auf gehorsames Töchterchen machst und deinen Mund nicht hältst, dann wirst du hier keinen ruhigen Tag mehr haben. Verstanden?“

      „Du drohst mir?“

      „Sieht so aus“, antwortete Juri trocken. Er öffnete die Haustür, hob die Handys auf und reichte mir meines. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus. Mir war übel, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube erhalten. Ich atmete dreimal tief durch und folgte Juri, so gelassen, wie es mir möglich war. Das habe ich nicht verdient, du ekliger Kotzbrocken, dachte ich, den Blick auf seinen Rücken gerichtet.

      Juri ging den ganzen Weg durch die Stadt zwei Schritte vor mir. Das war mir recht. Je weniger ich mit diesem Typen zu tun hatte, umso besser.

      Ich hoffte, dass seine Freunde endlich normale, nette Menschen waren. Das konnte es doch auch nicht geben, dass es hier nur arrogante Affen oder verschrobene, vom Verfolgungswahn geplagte Bewohner gab.

      Im Stadtpark am Brunnen wartete tatsächlich drei Leute in unserem Alter auf Juri. Ein großer, breitschultriger Junge hielt einen Rucksack auf, in den jeder sein Handy steckte - inklusive mir. Der Junge schloss den Rucksack und legte ihn auf die Steinmauer des Brunnens. Dann stellte Juri uns im Schnelldurchgang vor: „Mike, Alice, Paula und das ist Lara Ritter.“ Damit schien er der Meinung zu sein, seine Pflicht erfüllt zu haben, legte einen Arm um Paulas Taille, und beide gingen voran in Richtung Wiese. Paula schien wie ein elfengleiches Wesen neben Juri zu schweben. Sie warf ihre langen, blonden Haare nach hinten, lehnte sich gegen Juris Schulter, drehte den Kopf zu mir um und musterte mich abschätzig. Das fing ja toll an. Am liebsten wäre ich umgedreht. Doch da hakte sich Alice mit festem Griff bei mir unter. „Und? Lässt du dich gerade von Wonder-Paula einschüchtern?“

      „Ich glaube schon“, lachte