2 Ich stelle mir gerade Tulip vor, wie sie auf der Couch liegend rieben einer Reihe von Überwachungskamera-Bildschirmen aus dem Fenster schaut und in ihr Headset spricht: »Kojote am Westtor, Kojote am Westtor.«
3 Luke ist nicht mehr da, er starb an Nierenversagen, aber ich liebe ihn immer noch genauso wie zu seinen Lebzeiten und bringe es noch nicht über mich, »liebte« in der Vergangenheitsform zu sagen.
4 Es war gar nicht meine Absicht, das Wort »sich grämen« in einen Satz über Geflihle einzubauen. Aber das ist mal wieder eine schöne Erinnerung daran, welch zentrale Rolle Geflihle in unserer Existenz spielen.
5 Sie können allerdings bekannte Gesichter wiedererkennen, weil für die Gesichtserkennung ein anderer Gehirnbereich zuständig ist. Nur, ob diese Person glücklich, traurig oder wütend ist, können sie ohne vollständig funktionierende Amygdala nicht erkennen.
6 Manche Menschen argumentieren, dass Tiere zwar diese Gefühle hätten, die Wahrnehmung derselben – die tatsächlichen Gefühle, die mit Wut, Traurigkeit oder Freude einhergehen – aber ohne ein Bewusstsein nicht existieren könnten. Wenn Sie gerne in einen intellektuellen Sumpf eintauchen möchten, der so klebrig und zäh ist wie Zuckeirübensimp, dann beteiligen Sie sich an einer Debatte über das Bewusstsein nicht-menschlicher Säugetiere. Wir werden das später in diesem Buch noch tun (denken Sie daran, Sirup schmeckt süß und nicht alles daran ist schlecht), aber für den Moment bleiben wir besser erst einmal dabei, was wir über Geflihle wissen.
7 Damals war ich verheiratet und hatte der Vereinbarung »nicht mehr als zwei Hunde im Haus« zugestimmt. Heute schlafen sogar die Herdenschutzhimde im Haus. Den Hunden und mir gefällt es so besser, auch wenn mein Wohnzimmersofa nie mehr das sein wird, was es mal war.
8 Biritis Pfleger hatten ihr mit einem Stofftier geholfen, ihre mütterlichen Fähigkeiten zu entwickeln, ganz ähnlich wie kleine Kinder das von ihren Eltern mit Puppen lernen.
9 Wölfe flittern ihre Welpen immer, auch, wenn sie selbst zu verhungern drohen. Löwen dagegen fressen zuerst selbst und lassen ihre Kleinen sterben, wenn nicht genug Nahrung vorhanden ist. Ich liebe meine Katze mehr, als ich sagen kann, aber ich würde mich nicht darauf verlassen wollen, dass sie ihr Leben riskiert, um meins zu retten.
10 Im 19. Jahrhundert sahen die Menschen (zumindest in der westlichen Welt) die Tiere wesentlich stärker als denkende, fühlende Wesen. Romantisierende Tierbeschreibungen waren häufig.
11 Mein Aufsatz wurde angenommen, obwohl mindestens einer der Prüfer meine »unwissenschaflliche« Terminologie ankreidete und riet, die Namen in Nummern umzuändern. Der Chefredakteur, Gott segne ihn, stand auf meiner Seite.
12 Wenn Sie einen unterhaltsamen und interessanten Überblick über die verschiedenen von Wissenschaftlern vertretenen Meinungen zu Gefühlen bei Tieren haben möchten, dann lesen Sie das Buch »The Smile ofa Dolphin: Remarkable Accounts of Animal Emotions« (nur in englischer Sprache erschienen – deutsche Übersetzung des Titels: »Das Lächeln eines Delfins. Bemerkenswerte Berichte von Gefühlen bei Tieren«),
13 Ich habe das Wort »wüten« hier bewusst gebraucht. Die Wissenschaft an sich mag objektiv sein, aber indivduelle Wissenschaftler sind es nicht. Wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, werden sie mitunter hitzig, persönlich und in seltenen Fällen sogar körperlich gewalttätig. In einem berühmt gewordenen Vorfall aus den 1970er Jahren schüttete jemand auf einer akademischen Konferenz E. O. Wilson einen Eimer Wasser ins Gesicht, weil dieser menschliches und tierisches Verhalten miteinander in Verbindung gebracht hatte.
14 Im 19. Jahrhundert hatte ein Pferd namens Kluger Hans fast ganz Europa glauben machen, es könne addieren, multiplizieren und dividieren, bis ein Wissenschaftler namens Oskar Pfungst herausfand, dass es auf unabsichtlich gegebene visuelle Signale von Menschen reagierte, die das richtige Ergebnis kannten. In den Literaturangaben finden Sie ein Buch zum Thema »Kluger Hans«.
Menschen und Hunde haben gemeinsam, dass sie Gefühle in Gesicht und Körper ausdrücken können – und zwar auf erstaunlich ähnliche Weise
»Zu Besuchern ist er nett, stimmt’s, Buddy? Er ist brav, wirklich.« Buddys Besitzer hatten mich zu sich nach Hause bestellt, weil ich ihnen mit ihrem geliebten Labrador Retriever helfen sollte, der vor einer Woche ihren Nachbarn gebissen hatte. Barbara und Peter konnten das nicht verstehen. Buddy war ein lieber Familienhund, der sich mit den Kindern gut verstand, als Welpe problemlos stubenrein geworden war und in der Hundeschule der Star des Obedience-Kurses war. Sie hätten ihn nicht mehr lieben können, und dies schien auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Alle Familienmitglieder konnten ihm jederzeit sein Futter abnehmen, ihm Spielsachen aus dem Maul nehmen oder ihm die Krallen schneiden, ohne, dass er den geringsten Protest äußerte. Für sie sah es so aus, als habe er aus heiterem Himmel gebissen. Sie hatten zwar sehr verantwortungsvoll reagiert, indem sie einen Spezialisten für Hundeverhalten angerufen hatten, waren aber insgeheim davon überzeugt, dass so etwas nie wieder passieren würde.
Es passierte. Buddy mag zwar »brav« zu ihnen gewesen sein, aber als ich das Haus betrat, führten er und ich eine ganz andere, wortlose Unterhaltung. Buddys Part ging ungefähr folgendermaßen: »Ich weiß nicht, wer du bist, und das macht mich nervös. Nach allem, was ich weiß, könntest du eine Gefahr sein. Wenn du da bleibst und dich nicht bewegst, bleibe ich hier, aber wenn du eine schnelle Bewegung machst oder deine Hand nach mir ausstreckst, bin ich gezwungen, mich zu schützen. Ich fühle mich unwohl, ich bin auf der Hut und ich bin absolut dazu bereit, dich zu beißen.«
Natürlich sind all das nur Worte, die ich aneinandergereiht habe, um meine Interpretation von Buddys Gefühfszustand zu beschreiben – und sein mögliches Verhalten, wenn ich versuchen würde, ihn zu streicheln. Mag sein, dass ich nicht genau sagen kann, was in seinem Gehirn vorging, aber ich kann auf Grundlage seines Ausdrucks Voraussagen über sein künftiges Verhalten treffen. Anstatt das entspannte, offene Maul eines Hundes zu zeigen, der Besucher liebt, hielt Buddy seine Kiefer fest geschlossen, bis auf den Moment, in dem seine Zunge als Ausdruck seiner Angst einmal kurz hervorschnellte. Sein gesamter Körper war steif und bewegungslos – in scharfem Kontrast zu dem lockeren und flexiblen Körper eines entspannten Hundes. Buddys Augen waren groß und rund anstatt eher leicht zusammengekniffen wie bei einem Hund, der Gesellschaft liebt. Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, starrte Buddy geradewegs in meine Augen – und sein Blick war so kalt wie Eis.
»ICH