DAS LEBEN DER SANTINER. Hermann Ilg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermann Ilg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783935422895
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sind auf Metharia unbekannt. Jede künstliche Verfestigung von Teilen der Landschaft würde als eine Zwangsmaßnahme gegen die Natur empfunden werden. Abgesehen davon besteht ja ohnehin kein Bedarf für solche Verkehrseinrichtungen, denn für alle Transporte und familiären Verkehrsbedürfnisse stehen Raumfahrzeuge und Schwebetaxis in genügender Anzahl zur Verfügung. Selbstverständlich bleibt es jedem Santiner unbenommen, Wegstrecken auch zu Fuß zurückzulegen. Und da das Wandern ebenso beliebt ist wie bei uns, besteht auch ein umfangreiches Netz von Wanderwegen. Um aber keine Schäden an der Natur entstehen zu lassen, sind diese Wege mit einem künstlich erzeugten Rasen belegt, der alle Eigenschaften des natürlichen Vorbildes besitzt, aber keiner Abnutzung unterliegt. Das ist die einzige Ausnahme, die als eine menschliche Korrektur der natürlichen Umwelt angesehen werden kann, ohne dass damit eine Beeinträchtigung der Pflanzen- und Tierwelt verbunden wäre.

      Auf Metharia gibt es Flugplätze für die größeren Schiffe, die innerhalb des heimatlichen Planetensystems Besuchsreisen unternehmen, sowie für den Pendelverkehr zwischen dem Planeten und den großen Mutterschiffen, deren Standort außerhalb des planetaren Schwerkraftfeldes eingerichtet wurde. Ihre Gravitationsenergie ist so stark, dass die Gefahr einer Störung der Planetenbahn bestehen würde. Aus diesem Grunde kann ein solches Schiff auch nicht auf der Erde landen. Große, interstellare und galaktische Raumreisen werden ausschließlich mit diesen Schiffen unternommen, deren Aktionsradius praktisch unbegrenzt ist. Es versteht sich von selbst, dass diese Landeplätze nur eine geringe Flächenausdehnung haben und keiner besonderen Befestigung bedürfen.

      Architektur und Wohnkultur

      Die Architektur unterscheidet sich grundsätzlich von der irdischen, denn sie ist nicht an feste Baustoffe gebunden, sondern bezieht ihre Gestaltungsmöglichkeiten aus kosmischer Quelle. Aus diesem Grund entfällt auch eine Herstellung und Lagerung von Baustoffen. Da die Materie gebundene Energie ist, liegt es nahe, dass sich auch der Architekt des Verfahrens der Konzentration und Verdichtung der freien kosmischen Energie bedient. Es genügt zunächst der geistige Entwurf des Hauses, der in ein Gedankenbild von natürlicher Größe umgewandelt wird. Das Gedankenbild wird dann auf ein Gerät übertragen, das man mit einem Projektor vergleichen könnte und die Eigenschaft hat, das dreidimensionale Bild am Entstehungsort des Hauses zu fixieren. Gleichzeitig dient es dazu, aus dem Kosmos Energie aufzunehmen und auf das Projektionsbild zu konzentrieren, so dass sich bald darauf der Übergang zu materieller Verdichtung einstellt. In diesem Zustand ist es noch möglich, falls notwendig, durch eine Veränderung des Projektionsbildes die Abmessungen des Hauses zu korrigieren. Der weitere Verdichtungsprozess bis zur materiellen Konsistenz geschieht durch ein zweites Gerät, das die Fertigungsprogramme für die einzelnen Teile des Hauses enthält, so dass sie genau den Wünschen der künftigen Bewohner nach Qualität und Form entsprechen. Dies trifft hauptsächlich auf die Inneneinrichtung zu, die in jedem Bauprojekt, das auf diese Weise entsteht, inbegriffen ist. Es handelt sich also um eine Fertigbauweise im vollendeten Sinne des Wortes. Wenn diese Art von Architektur auch jeder irdischen Vorstellung widersprechen mag, so ist sie doch eine Realität in einer Welt, in der es nie zu einem Abstieg auf eine grobmaterielle Daseinsstufe kam. Ein weiterer architektonischer Aspekt verdient noch besondere Beachtung: Alle Bauformen passen sich der umgebenden Landschaft harmonisch an. Einschneidende Kanten und hervorstehende Ecken würde man vergeblich suchen. Der Architekt ist sogar darauf bedacht, die natürliche Harmonie der Landschaft durch eine entsprechende Gestaltung des Bauwerks noch zu unterstreichen. Diese Art der Baukunst erfordert ein besonderes Einfühlungsvermögen in die Schöpfungsideen des ewig vorbildlichen ‚Architekten des Universums’. Eine Besonderheit der Wohnkultur soll ebenfalls nicht unerwähnt bleiben: Während des Verdichtungsvorganges ist es möglich, den ‚Baustoffen’ charakteristische Eigenschaften aufzuprägen, entsprechend den Wünschen der künftigen Hausbewohner. Zum Beispiel eine besondere Holzart für die Wandverkleidung, die einer eigenen Idee entstammt, sowie bestimmte Farben, die das Wohlbefinden positiv beeinflussen, und dergleichen mehr. Diese individuelle Eigenart, die diese Wohnungen ausstrahlen, wird verständlicherweise von den Besuchern besonders geschätzt. Sollte einmal ein Umstand eintreten, der den Abbruch eines Gebäudes erforderlich macht, dann ist auch dies kein großer Aufwand, sondern eine Umkehrung des Herstellungsverfahrens, das heißt die atomare Struktur der Materie wird durch eine Bestrahlung mit kosmischer Energie wieder gelockert. Dadurch werden die Atome in einen höheren Schwingungszustand versetzt, und durch weitere Bestrahlung wechseln die Urbausteine der Atome, die Elementarteilchen, wieder in den reinen Energiezustand über, in dem sie ihren Ursprung hatten.

      Der Begriff ‚Wohnung’, wie er uns geläufig ist, kann in diesem Falle nicht verwendet werden, da es keine einzelnen Zimmer oder Gemächer gibt, die ständig voneinander getrennt wären, vielmehr gibt es nur einen einzigen großen Raum, der der ganzen Familie dient. Nun ist der Erdenmensch zunächst der Meinung, dass diese Art einer gemeinsamen Wohnung eher einer primitiven Rasse entspricht, als einer hoch entwickelten Zivilisation. Wenn uns aber gesagt wird, dass dieser eine Raum die größte Variationsmöglichkeit für jedes einzelne Familienmitglied bietet, dann hört sich die Sache schon anders an.

      Die Besonderheit der Wohnung besteht nämlich darin, dass die einzelnen ‚Zimmer’ durch Strahlenwände gebildet werden, die das Licht vollständig absorbieren, so dass ein Einblick von außen nicht möglich ist. Außerdem kann, wenn gewünscht, die Strahlung auf eine bestimmte Frequenz geschaltet werden, die es jeder Körpermaterie verwehrt, sie zu durchdringen. Diese unsichtbaren Wände können an jeder beliebigen Stelle des Raumes errichtet werden und wenn es nur die kleinste Ecke ist, in die sich jemand zurückziehen möchte, um ungestört einer Tätigkeit nachgehen zu können. Selbstverständlich ist die Strahlenwand auch absolut schalldicht.

      Welche Wohltat wäre eine solche Erfindung in unserer lärmgeplagten Welt! Doch müssen wir auch darin ein Zeichen der Endzeit sehen, denn alles was lärmt, ist Ausdruck eines Behauptungswillens des Widergeistes, der auf andere Weise sich kein Gehör mehr verschaffen kann und weiß, dass die Zeit seiner Herrschaft zu Ende geht.

      Wie bei uns, so ist es auch auf Metharia üblich, dass Eltern und Kinder sich getrennt zur Ruhe begeben. Die ‚Ruheräume’ befinden sich immer an der gleichen Stelle und sind auch während des Tages meistens abgeschirmt. Die Ruhebetten sind einfache, dem Körper angepasste Liegen, die aber so geformt sind, dass sich in jeder Lage des Körpers alle Organe, einschließlich der Muskeln, vollständig entspannen. Die Unterlage, auf welcher der Körper ruht, besteht aus einem künstlich geschaffenen Geflecht, das mehrschichtig übereinander liegt und etwa der Dicke unserer Matratzen entspricht. Auch die Schlafdecke besteht aus dem gleichen Material, nur nicht als Geflecht verarbeitet, sondern als ein flauschiger Stoff, der je nach Wunsch, einfach oder in mehreren Lagen verwendet werden kann. Unnötig zu erwähnen, dass dieses Material den uns bekannten Naturstoffen in ihrer Körperfreundlichkeit nicht nachsteht. Die übrige Ausstattung des Raumes weicht total von unseren Vorstellungen einer Wohnungseinrichtung ab, denn die gewohnten Möbel würden wir als erstes vermissen, könnten wir ein metharianisches Haus betreten. Stattdessen würden wir uns wundern über die technische Ausstattung dieses Raumes, angefangen bei der Küche bis zu den Bildschirmen, die anscheinend wahllos verteilt sind. Jeder Schirm stellt jedoch eine Verbindung her zu den einzelnen Instituten, mit denen die betreffende Familie in Kontakt steht. Und jedes Familienmitglied hat so die Möglichkeit, sich auf dem gewählten Interessengebiet weiterzubilden. Dass dies ohne Störung der anderen vor sich gehen kann, gewährleisten wiederum die Strahlenwände. Nun, wenn gesagt wurde, dass sich keine Möbel im Raum befinden, so waren damit in erster Linie Schränke, Vitrinen und sonstige Aufbewahrungseinrichtungen gemeint, nicht jedoch Sitzmöbel und Tische. In dieser Hinsicht ist man auf größtmögliche Bequemlichkeit bedacht. Insoweit besteht mit den irdischen Gepflogenheiten Übereinstimmung. Während jedoch die Sitzmöbel in einer irdischen Wohnung nur in Ausnahmefällen den anatomischen Verhältnissen des menschlichen Körpers angepasst sind, entspricht die Sesselform im Wohnraum auf Metharia genau den Maßen, die ein sitzender Mensch als bequem empfindet und dies nicht nur für kurze Zeit. Das Material, aus dem die Sitzmöbel bestehen, ist das gleiche, das auch für die Liegen verwendet wird, nur in kompakterer Form und farblich gestaltet. Die Tische sind alle rund und leicht oval. Ihren verschiedenen Zwecken entsprechend, besitzen sie zum Teil Vertiefungen zur Aufnahme der Teller und Schüsseln bei den Mahlzeiten oder sonstiger Gegenstände, die man gerne festhalten möchte. Die Tische wie auch das