Er, voll Huld, verhieß an Abraham, Isaak und Jakob;
Würdig werde das Volk der Freiheit seyn, und der Knechtschaft
Fessel kühn abschütteln, auf ihn, den Ewigen bauend;
Ja, mir brannte das Herz, ihm ein Führer zu werden... Entsetzlich:
Nacht umhüllet den Geist des Sterblichen; täuschender Schimmer
Führet ihn oft, abseit von dem Pfade des Wahren, zum Irrgang!
Werth der Freiheit hielt ich mein Volk? Ach, dauernde Knechtschaft
Hatt’ ihm den Nacken gebeugt: es kroch im niedrigen Staub gern!
Also geschah’s, daß einer aus ihm mir drohte: dem König
Woll’ er verrathen die That, da ich ihm verwies sein Vergehen.
Bald erreicht’ ich dein Zelt, ein Flüchtiger. Wohl hat Jehova
Dich gesegnet und mich in dem häuslichen Bunde des Lebens;
Doch was frommte die That, die blutige, mir und dem Volk dort?
Bald verlor sich der Strahl, dem ich voll Hoffnung gefolgt bin,
Und ich stehe allein, gequält von nächtlichen Zweifeln:
Völlig verwirkt, durch eigene Schuld unwürdigen Lebens,
Habe mein Volk vor ihm des verheißenen Segens Gewährung:
Denn er schweigt, und der Jahre vierzig, seit ich der Antwort
Harrete, sind mir entfloh’n, auf den einsamen Triften der Wüsten.“
Jethro stand, erschüttert im Herzen, vor ihm, und begann so:
„Furchtbar klang’s, was du aus der Nacht entschwundener Zeiten
Mir enthülltest, und noch beklemmt Entsetzen die Brust mir;
Aber dich rief Jehova, so sprachst du? Folg’, und vertrau’ Ihm.
Täusche dich nicht. Gott trau’: er helfe dir jetzt und für immer!“
Sagt’ es, und eilte den Sandpfad fort, in der sinkenden Dämm’rung
Heimzukehren, und bald erhob sich vor ihm aus den Zelten
Bläulicher Rauch. Der Schafhund lief, laut bellend, herüber;
Sprang an ihm auf, und folgt’ ihm dann an der Fers’. In dem Hofraum
Kam ihm die Schar der Kinderchen, die dort sieben der Töchter,
Trefflichen Schwiehern vermählt, gebaren, entgegen. Die Kleinen
Faßten ihm schmeichelnd die Hand, und fragten zugleich nach dem Vater,
Nach dem Bruder und Freund, der fernhin weidet die Schäflein;
Aber er schwieg, und ging, von den Lieben umringt, nach dem Zelt heim.
Sieh’, auf den einsamen Höh’n des gottgeheiligten Berges
Saß noch Moses im sinnenden Ernst: da däucht’ ihn, zur Linken
Lodere Flamm’ empor. So war’s. Ein ragender Dornbusch
Brannte vor ihm. Vielleicht, daß erst ein Blitz im Gewitter
Ihn entzündet’, und jetzt die Glut anfachte der Nachtwind?
Lange sah er nach ihm, und jetzo mit wachsendem Staunen,
Daß der brennende Busch nicht, mattverglimmend, in Staub sank.
Schnell erhob er sich, ging, umforschete wieder, und nahte
Schon dem Wundergesicht: da scholl’s — der Engel Jehova’s,
Der ihn sendete, rief aus dem Busch mit erschütterndem Laut’ ihm:[16]
„Halte dich fern’; entblöße die Füß’: auf heiligem Erdreich
Stehst du allhier. Ich spreche zu dir, Gott deines Erzeugers,
Abrahams, Isaaks, Jakobs Gott, die Vater ihm waren.“
Moses sank auf die Knie’, und beugte die Stirne zum Boden,
Schaudernd. Der Herr fuhr fort: „Ich schaue den Jammer der Kinder
Israels dort in dem Joch des Frohnvogts; höre den Wehruf
Meines erlesenen Volks erschallen vom Land der Aegypter;
Will es erretten, und leiten zurück in die herrlichen Fluren
Kanaans,[17] wie ich’s verhieß: du sollst ein Führer ihm werden.
Eile, von mir gesandt, zu Pharao, heische den Abzug.“
„Ich, Herr, ich?“ so stammelte jener, „vor Pharao stehen —
Führer werden des Volks, ich langvergessener Fremdling?“
Gott sprach: „Rüsten werd’ ich mit Kraft und Stärke dich, daß du
Jedes vollbringst, und so, wie ich dich nun sende, so wahrhaft
Sollet ihr auch bald, hier auf dieses geheiligten Berges
Höh’n mit freudigem Muth Dankopfer mir bringen.“ Und Jener:
„Herr! Jahrhunderte lebte dein Volk in dem Land der Aegypter —
Hörte von Göttern dort, nicht von dir, dem Ewigen, Einen,
Sprechen: wie künd’ ich es ihm, welch’ Nahme der dein’ ist?“[18] Und Gott rief:
„Der dich sendet, bin Ich, der war, und seyn wird auf immer:
Abrahams, Isaaks, Jakobs Gott, so spricht es Jehova:
Denn so heißt er hinfort auf ewige Zeiten. Verkünd’ es
Also dem Volk, und d’rauf, mit den Aeltesten, eilend zum Thronsitz
Pharao’s, sprich: er lass’ euch fort in die Wüste hinauszieh’n,
Drei Tagreisen entfernt, daß ihr Dankopfer mir bringet.
Zehnfach trifft zwar ihn und das Land entsetzlicher Jammer,
Eh’ er euch selber entläßt, und drängt zum eiligen Abzug;
Aber euch werden zugleich, so will ich es, reichliche Spenden
Von den Aegyptern zu Theil an dem huldbezeichneten Tag dort,
Auf daß die Eueren deß’ noch fern in der Zukunft gedenken.“
„Ach, sie kennen mich nicht,“ so sprach mit bangendem Herzen
Moses vor Gott, „noch glauben sie je, daß Jehova mich sende!“
Aber da hieß ihn der Herr, den Wanderstab in der Rechten
Schleudern zur Erd’, und sieh’ zur Schlange von gräulichem Anblick
Ward er! Er bebte zurück; doch fassen mußt’ er das Unthier;
Faßt’ es, und hielt, wie zuvor, den Stab in der Hand. In den Busen
Sollt’ er sie bergen: er that’s, und weiß von schrecklichem Aussatz
Ward sie;[19] doch, auf Jehova’s Geboth, hervor aus dem Busen
Zog er sie wieder gesund. Da sprach, verweisend, Jehova:
„Sahst du’s? Wer kann so aus dem Todten das Lebende rufen —
Heilen Unheilbare, wer? Jehova allein! Und erkennen
Als den Gesendeten, trotz der zween erschütternden Wunder,
Sie dich noch nicht, so geuß von den Fluthen des Nils an dem Ufer
Wasser umher auf den glühenden Sand, und es wird sich urplötzlich
Wandeln in Blut, zum Zeichen: es sey der Eine, Jehova,
Er,