Wyatt Earp Jubiläumsbox 7 – Western. Mark Belcher William. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mark Belcher William
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740932084
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»Dann eben morgen mittag. Schade, daß dann der Knall im Sägewerk so lange zurückliegt.«

      McNally fand: »Wie wärs, wenn ich das Jail ein bißchen vom Boden abhebe? Es ist ohnehin leer. Wir tun also nicht einmal einem Tramp weh dabei.«

      »Wieviel Kapseln haben wir denn noch?«

      »Genug für die beiden Späße«, antwortete McNally.

      »All right, aber du mußt das natürlich genau auskundschaften«, sagte Keaton überflüssigerweise.

      Der Schmalgesichte warf ihm einen verächtlichen Blick zu, erhob sich und meinte:

      »Ich habe einen ganz höllischen Hunger.«

      Piggers nickte, stand ebenfalls auf und machte sich daran, Holz für ein Feuer zusammenzusuchen.

      »Ich muß zurück in die Stadt«, erklärte Keaton. »Schließlich haben mich die Leute schon gesehen. Ich werde mir im Grand-Hotel ein Zimmer mieten.«

      »Wenn du es nun im voraus bezahlen mußt?« wollte Piggers wissen.

      Keaton fauchte: »Das laß nur meine Sorge sein, Boy. Für ein Zimmer habe ich noch Geld!«

      Er ritt davon.

      *

      Kurz nach Mitternacht barst die Rückfront des frei hinter dem Sheriffs-office stehenden Gefängnisses mit donnerndem Getöse auseinander. Die Bürger von Atlantic-City fuhren wie in der vergangenen Nacht aus dem Schlaf hoch.

      Und was McNally insgeheim befürchtet hatte, geschah:

      Gewehrschüsse krachten kurz darauf auf der Mainstreet. Sheriff Soren hatte mit seinem Deputy Nachtwache gehalten. Im Augenblick der Explosion befanden sich die beiden Gesetzesmänner gerade am östlichen Ende der Hauptstraße.

      Entgeistert blickten sie zu dem dunklen Rauchpilz hinüber, der sich in der Nähe des Sheriff-Büros über die Häuser hob.

      »Das Office!« stieß Soren hervor.

      Dann riß er auch schon die Winchester hoch, lud sie durch und gab

      drei Schüsse in den Nachthimmel

      ab.

      Atlantic-City war wach – aber der Kentucky-Mann hatte längst das Weite gesucht.

      *

      Keaton hatte eine unruhige Nacht in seinem Quartier verbracht. Den ersten Teil der Nachtstunden hatte er am Fenster sitzend auf die Explosion gewartet, und den Rest hatte er ängstlich hinauslauschend halb angekleidet auf dem Bett dahingedämmert.

      Als der Morgen im Osten graute, war er immer noch wach. Ächzend richtete er sich auf und starrte in den halbdunklen Raum.

      Er schrak jäh zusammen.

      Von der gegenüberliegenden Wand sah ihm aus einem engen Fenster ein Mann entgegen. Ein Mann mit wirrem schwarzem Haar und über der Brust offenem Hemd.

      Sekundenlang saß der Bandit steif und hölzern da.

      Dann tastete seine Rechte nach dem Revolver, den er gewohnheitsmäßig neben sich liegen hatte. Noch in der Bewegung erstarrte er – denn der Mann drüben schien die gleiche Bewegung zu machen.

      Da erst begriff der Bandit: Es war sein eigenes Spiegelbild, das ihn da genarrt hatte.

      Ein halbblinder Spiegel, der drüben an der Wand über der alten Waschschüssel hing.

      Keaton wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn.

      Damned! Er war mit den Nerven fertig. Er war eben der Aufgabe, die sein Größenwahn ihm eingegeben hatte, nicht gewachsen.

      Aber er würde nicht nachgeben. Unter gar keinen Umständen. Er war jetzt einundvierzig Jahre alt. Fast ein volles Jahrzehnt befand er sich nun schon auf dem grauen Trail. Es waren die schmutzigsten und hungrigsten Jahre seines Lebens gewesen. Und heute mußte er zu der Feststellung kommen, daß er ein erbärmlicher Tramp geblieben war, genau noch der Bursche, den sie damals drüben bei Mitchell in Dakota von der Bahnbaustelle gejagt hatten, weil er einem anderen Arbeiter Geld gestohlen hatte.

      Damals war er plan- und ziellos durch das Land gezogen. In Okaton lahmte sein Gaul, und er mußte einem Roßarzt seine letzten Bucks geben, damit er das Tier wieder auf die Beine brachte. In einer heißen Julinacht wurde er in der Nähe des großen Indianer-Reservats von zwei Pineridges angegriffen und dabei von einem Pfeil schwer verwundet. Es gelang ihm, sich der Rothäute mit Hilfe seines Revolvers zu erwehren. Tagelang schleppte er sich weiter, bis ihn das Wundfieber aus dem Sattel warf.

      Ein uralter fahrender Händler fand ihn und pflegte ihn wieder gesund.

      Keaton war weiter nach Südwesten gezogen, hinunter nach Colorado. Und auch dort hielt es ihn nicht, als er in einer Bar in Denver mit einem Gunslinger Streit bekam und seinen ersten Revolverkampf auf der Mainstreet durchzustehen hatte. Der Revolverschwinger hatte vor ihm im Straßenstaub gelegen; er war nicht tot, konnte aber den Kampf nicht fortsetzen.

      Rory Keaton hatte zu früh gezogen.

      Es war ein unfairer Fight gewesen. Zu Keatons Glück hatte es niemanden gegeben, der den Kampf beobachtet hatte. Dergleichen Auseinandersetzungen waren damals in Denver an der Tagesordnung gewesen und lockten kaum noch jemanden an.

      Der geflüchtete Bahnarbeiter aus Dakota floh weiter nach Südwesten, nach Arizona. In Tucson arbeitete er in einem Mietstall, wurde dort verjagt, weil er sich unrechtmäßige Gelder dadurch verschafft hatte, daß er nachts Pferde auslieh, ohne dem Mietstallbesitzer die Beträge abzuliefern. Das war der letzte Job, den Rory Keaton angenommen hatte. Seitdem streifte er durch das bizarre glühendheiße und von leuchtenden Farben erfüllte Land der Turmkakteen und riesigen Sandsteinsäulenfelsen. Bei Los-Pozos überfiel er aus dem Hinterhalt einen Händler, verletzte ihn mit einem gefährlichen Streifschuß, stürmte auf den Wagen und hieb den Mann mit dem Revolverkolben nieder. Die Beute war jämmerlich gewesen: zwanzig Dollar.

      Der Mann mit der Maske entkam.

      Rory Keaton floh, er floh von Ort zu Ort, von County zu County.

      Und seine Taten glichen einander wie die Wellen eines schmutzigen Savannenrinnsals.

      Vor einigen Jahren kam er dann ins Mohave County. Da schloß er sich einer Bande von Postkutschen-Räubern an, trennte sich aber bald wieder von ihnen, da ihm der Ton nicht behagte, der unter den Banditen herrschte. Der Boß war ein zwergenhafter Mensch mit krummen Beinen und tiefer Baßstimme. Er schnauzte seine Leute unentwegt an und behandelte sie wie Treibvieh.

      Keaton beschloß damals, sich »selbständig« zu machen. In dieser Zeit traf er in Red-Lake auf Rob Piggers; er erkannte in dem Burschen sofort den Gleichgesinnten, vor allem aber den Mann, den er herumkommandieren konnte.

      Piggers suchte damals gerade einen neuen Job. Seine Kameraden waren bei einem Hold-Up am Union-Paß von einer Staatenreiter-Streife gestellt worden. Piggers hatte – wie meistens – irgendwo gesteckt, wo es nicht »heiß« war.

      Keaton merkte bald, daß er mit Piggers allein nicht weiterkam, der hundegesichtige Arizona-Mann war zu einfältig.

      An einem Frühlingsabend, als die beiden die Overland zwischen Fort Mohave und Leonie aufhalten wollten, kamen drei Reiter, die den beiden Banditen möglicherweise gefolgt waren, plötzlich hinzu, forderten sie auf, die Hände hochzuheben, und machten sich ihrerseits daran, die »Arbeit« fortzusetzen. Sie machten das bedeutend routinierter als Keaton und Piggers und waren schon dabei, die Beute zu kassieren, als sich einer der Passagiere,

      ein schmalschultriger, blaßgesichtiger Mensch, plötzlich fallen ließ und den Colt in der Hand hatte.

      Es war der Kentucky-Mann Kid McNally.

      Die drei Banditen starrten ihn verblüfft an.

      McNally forderte Keaton und Piggers auf, die drei zu entwaffnen.

      Aber es hatte nicht viel geholfen. Die Beute war so dünn, daß Keaton, McNally und Piggers dreißig Meilen weiter nördlich die Pferde, die sie den drei