HELL WALKS - Der Höllentrip. David Dunwoody. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: David Dunwoody
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958351363
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alleingelassen worden, und die Gruppe hatte sich weit entfernen müssen, bis Mills' Schwall von Flüchen verklungen waren.

       Das Ganze hatte sich erst vor ein paar Tagen zugetragen. Frank war sogar schon dazu übergegangen, sie zu vergessen, Quebra offensichtlich nicht. Er hatte sich eine doppelt so lange Nachtwache auferlegt, bisweilen von der Dämmerung bis zum Morgengrauen dagesessen, ohne von jemandem abgelöst zu werden, und außerdem noch Autumn im Gebrauch verschiedener Schusswaffen unterwiesen, die er mit sich führte. Obwohl der Mann zuverlässig mit seinem kleinen Arsenal umzugehen wusste, hatte er Chia, Frank und nun auch Autumn das Schießen beigebracht. Dodgers Bitten hingegen, es auch lernen zu dürfen, wurden von ihm stets ignoriert.

       Er selbst war nicht lange nach Autumn und Caitlin beziehungsweise kurz vor Mills zur Gruppe gestoßen. Es schien solche Wellen zu geben, dass mehrere Personen jeweils zur gleichen Zeit starben oder in Erscheinung traten. Im vergangenen Monat hatte sich das Karussell allerdings besonders schnell gedreht, und so würde es voraussichtlich noch eine ganze Weile weitergehen.

       Auf dem Parkdeck streckte Mills ihre Arme gerade frei in die Luft, bevor sie sich wieder hinter der Betonbrüstung des Dachs versteckte.

       Quebras Doppelschuss war eine Warnung gewesen, doch nun folgte er ihren Bewegungen aufmerksam. Er wandte sich zu Chia und fragte ihn: »Was denkst du, Boss?«

       »Sie wird uns nicht in Ruhe lassen«, meinte Autumn hinter ihm.

       »Wer ist sie denn überhaupt? Und was hat sie getan?«, wollte O'Brien wissen.

       »Sie bedeutet Ärger«, antwortete Chia leise. »Nichts als Ärger, und wir haben ihr trotzdem ihre Chance gegeben.«

       »Sie ist diejenige, der wir auf den Leim gegangen und der wir hierher gefolgt sind«, erklärte Frank O'Brien. »Es stimmt, wir hätten euch beide gar nicht gefunden, wenn das nicht passiert wäre, aber sie ist verrückt, und damit meine ich wirklich geistesgestört. Ihretwegen kommen wir noch alle ums Leben.«

       Quebra nickte beipflichtend. Frank wusste, er hatte Mills eigentlich sofort töten wollen, sich aber dann doch Chia und dessen Verständnis von Nachsicht gefügt. Damit war es jetzt allerdings vorbei.

       »Glaubst du, sie ist allein?«, fragte Frank den Soldaten. »Und immer noch unbewaffnet?«

       »Hoffen wir es«, entgegnete Quebra. Er kniff die Augen zusammen. »Da oben ist sie auf jeden Fall nicht mehr.« Er begann, seinen Blick durch das Visier am Parkhaus entlang schweifen zu lassen. »Das Miststück wollte uns nur wissen lassen, das es sich noch dort draußen herumtreibt. Hätte sie damals einfach umlegen sollen. Fuck.«

       Frank fühlte sich jetzt unwohl und empfand genauso. Alles würde sich fortan darum drehen, dass Mills ihnen nachstellte, solange sie die Sache mit ihr nicht klärten. Sie einfach so auf dem Freeway unschädlich zu machen wäre wirklich besser gewesen. Frank hätte zwar nicht den Schneid dazu besessen – hatte er auch jetzt noch nicht –, doch andererseits … so konnte es nicht weitergehen, wenn sie in jedem Schatten jedes Gebäudes mit dem Schreckgespenst Mills rechnen mussten. Das Angstgefühl in Franks zusammengezogenem Magen verwandelte sich nun in Wut. Er schaute hinüber zu Chia, um zu sehen, ob sich der alte Mann im Herzen genauso umbesonnen hatte, entdeckte aber nur Kummer.

       »Mach dir keine Vorwürfe«, schob Frank schnell hinterher.

       »Kann ja sonst niemandem die Schuld dafür geben«, murrte Chia.

       »Also«, hob Dodger an, während er das Parkhaus im Auge behielt. »Ich schlage vor, wir suchen uns einen höheren Fluchtpunkt.« Entweder taten sie dies oder sie mussten verschwinden, doch man schien wortlos darin übereinzukommen, in der Stadt zu bleiben und dieses Problem zu beheben, bevor sie aufbrachen. Wie zur Bestätigung nickte Chia.

       »Ich werde das Gebäude an der Westseite des Krankenhauses auskundschaften«, beschloss Quebra. Er streifte seinen nicht gerade leichten Rucksack ab und wühlte darin herum. Nachdem er zwei Pistolen herausgefischt hatte, gab er sie Chia beziehungsweise Frank.

       Diesem bereitete das Gewicht der Waffe Unbehagen, und er blickte verhalten zu Autumn. »Willst du zufällig Ausguck spielen?«

       »Heute nicht«, entgegnete sie. Frank verzog sein Gesicht und steckte sich die Pistole in den Hosenbund.

       Dann drehte er sich wieder zu dem Little One um, dessen beeindruckender Anblick abermals wegen menschlichen Theaters in Vergessenheit geraten war. Er lag nach wie vor im selben Krater aus Asphalt, mit geschlossenem Auge, doch sie mussten von ihm fort, ob er tot war oder nicht. Frank fand es ironisch, auch wenn er nicht ganz sicher war, ob der Begriff in diesem Zusammenhang wirklich passend war, dass ein erlogener Arzneimittelbestand sie zu diesem gefallenen Ungeheuer geführt hatte, das eine grässliche, unheilbare Krankheit in sich barg. Diese war dem Planeten Erde fremd, eine bakterielle Infektion von irgendeinem fernen Stern, aus einer anderen Dimension oder woher auch immer diese Riesen ursprünglich stammten. Sie äußerte sich zunächst in roten Läsionen groß wie Untertassen. Die Haut wurde erst straff, hart und tat weh. Dann brach sie auf, sodass blutende Löcher klafften und letztendlich, falls das Opfer lange genug durchhielt, wie Frank zu Ohren gekommen war, zu erbärmlich trockenen Scharten wurden, woraufhin bald der Tod einsetzte. Er hatte Infizierte im ersten und zweiten Stadium gesehen, aber noch keine im Endstadium, jenem Schweizer-Käse-Grauen. Diese, so hieß es, verloren letztendlich ihren Verstand. Wem ginge es nicht so?

       Die Gruppe ließ sich im Schatten zwischen den ausgeweideten Autos nieder. Auf den Gehsteig umzuziehen und die Karosserien als Deckung vor Mills zu verwenden würde gleichzeitig bedeuten, dem Little One näherzukommen. Während er dabei zusah, wie Quebra die Straße hinunterschlich und schließlich verschwand, fragte Frank: »Warum steigen wir nicht in eins der Autos?« Er zeigte auf einen langen Chevy-Van, der ein paar Fahrzeuge weiter in der Schlange stand. »Da würden wir alle hineinpassen.«

       »Sieh nach«, erwiderte Chia. Er wirkte geknickt und haderte immer noch mit sich selbst wegen der Entscheidung, Mills am Leben zu lassen. Frank klopfte ihm im Vorbeigehen aufmunternd auf die Schulter.

       Der Wagen war leer, weder verdreckt noch vermüllt, und die Seitentür ließ sich mit ein wenig Mühe öffnen, wobei sie allerdings metallisch ächzte. Frank ließ die anderen zuerst einsteigen.

       Alle Fensterscheiben fehlten natürlich, und unter der Haube befand sich bestimmt auch nichts mehr, aber das tat nichts zur Sache, wenn Benzin nur noch in der Erinnerung existierte, und drinnen war es gefühlt kälter als draußen. Caitlin zitterte, während sie sich an ihre Schwester schmiegte. »Ich halt dich warm«, sagte Autumn. »Unsere Körper sind noch erhitzt genug. Kennt jemand vielleicht ein paar gute Witze?«

       Dodger neigte den Kopf zu der Seite, wo der Little One lag. »Ha.« Dann deutete er in die Gegenrichtung, wo er die irre Lügnerin wähnte, und ließ ein »Hee« folgen.

       »Stell dir vor, wir seien deine Wähler, wie wär's?«, schlug Chia vor. »Muntere uns doch ein bisschen auf, Dodger.«

       Der jüngere Mann schwieg und schmollte. Er war nie zu irgendetwas gewählt worden. Seine eigene Familie hatte ihn ins kalte Wasser springen lassen. Chias Scherz war möglicherweise boshafter rübergekommen als beabsichtigt, doch darum schien sich niemand zu kümmern, denn Dodger hielt endlich mal den Rand.

       »Seid ihr alle Freunde?«, fragte Duckie. Er war auch still gewesen; solange, dass sie ihn fast schon vergessen hatten.

       Frank, der hinterm Steuer neben Chia saß, drehte sich nach ihm um. »Ich denke, das kann man mehr oder weniger so sagen. Denn heutzutage braucht man Freunde.«

       »Dr. O… « Duckie schien sich selbst zurückzupfeifen und ballte seine Hände dabei zu Fäusten. »Miss O'Brien ist meine beste Freundin.«

       Die Erwähnte lächelte. »Ich versuche weiterhin, ihm beizubringen, dass er die Förmlichkeiten bleibenlässt. Er weiß, er darf mich Mary nennen, wenn er möchte.«

       »Erst wenn du mich Greg nennst«, gab Duckie zurück.

       »Aber ich dachte, Duckie gefällt dir besser.«

       »Tut es auch.« Er lächelte. Ihm fehlten recht viele Zähne. Frank tastete die Lücken in seinem eigenen Gebiss mit der Zunge ab. Es waren zum Glück bis jetzt nur wenige, aber vermutlich dauerte es nicht mehr lange,