Ja, meine Herren. Ihr habt ja recht. Wir wollen die eierlegende Wollmilchsau. Aber wisst Ihr was? Wir wollen da auch nicht mehr, als uns selbst jeden Tag abverlangt wird. Eine Frau muss heute auch auf etlichen Hochzeiten gleichzeitig tanzen, um am ganz normalen Alltagswahnsinn teilhaben zu können. Sie muss nach wie vor die Chefin des Haushalts geben (richtig, es wird immer noch erwartet, dass sie selbstverständlich alle Knöpfe an der Waschmaschine kennt und weiß, in welchem Gang im Supermarkt das Klopapier liegt und welche Sorte die richtige ist. Männer fragen da gern auch noch das zehnte Mal nach, Frauen dagegen haben Waschmaschinentechnik und Lagepläne von Supermärkten offenbar mit der Muttermilch eingesogen. Ist doch wahr. Schick einen Kerl einkaufen, weil du selbst es mal nicht geschafft hast und er kommt garantiert an mit einem Korb voller Zeug, das sich zuvor noch nie in deinem Haushalt befunden hat. »Ach, das ist nicht der Schinken, den du immer kaufst? Ich dachte …« »Wirklich, Schatz? Nach Denken sieht das hier aber nicht aus.«), sie geht selbstverständlich Vollzeit arbeiten und hat in ganz vielen Fällen auch noch Kinder und Hund und Katz zu versorgen. Wenn der Tag dann wieder ellenlang war und gleichzeitig wieder nicht genug Stunden hatte um alles zu erledigen, soll Frau selbstverständlich auch noch die Sirene und die Verführerin geben, denn ein modernes Paar hat wahnsinnig viel wahnsinnig aufregenden Sex und das natürlich mindestens täglich. Es stecken so viele verschiedene Personen in einer Frau, dass man schon von einer multiplen Persönlichkeitsstörung sprechen kann. Eine moderne Frau hält immer unglaublich viele bunte Bälle gleichzeitig in der Luft und zaubert nebenbei noch einen Hasen in Form von Lieblingsessen und Geburtstagsmuffins für den Kindergarten aus dem Zylinder. Ich finde, da ist es einem modernen Mann abzuverlangen, ein Held im Haushalt zu sein und trotzdem den Weichspüler eben nur an die Wäsche zu geben und nicht an die eigene Persönlichkeit. Wie man das macht? Keine Ahnung, liebe Männer, aber wir Frauen schaffen das schon länger.
Aber zurück zu Nils. Zu dem Nils. Dem Nils der Nilse. Er war mir zu nett und deswegen mag ich ihn nicht wiedersehen. Das war mir alles zu … einfach. Zu undoppelbödig. Zu uninteressant. Zu un-alles. Ja, leider. Ich kann nicht genau sagen, was ich hätte anders haben wollen am Nils. Nichts. Alles. Keine Ahnung. Manno. Vielleicht bin ich das. Ich bin zu schwierig. Zu anspruchsvoll. Ach Quatsch. Bin ich gar nicht. Ich will gar nicht so viel. Ich will nur keinen weiteren Tilo. Einen, der nett ist so wie Usambaraveilchen nett sind oder diese kleinen Kräcker in Fischchenformat oder diese Taschenwärmerherzen mit bunter Flüssigkeit drin zum Kneten. Ist alles nett, will ich aber alles nicht haben. Nice to have but easy to live without. Nein, ich will mehr als das. Ich will Herzflattern 3000, für weniger gebe ich mich nicht mehr her. Und solange ich das nicht habe, lese ich eben weiter Bücher. Fertig, aus.
Fr. 12.10.12
Habe überlegt, mir einen Callboy zu leisten. Nein, ernsthaft. Und wieso eigentlich nicht?
Ich habe Tom davon geschrieben – also, dass ich darüber nachdenke – und der hat sich kaputtgelacht. Dann hat er geschrieben, wenn ich es schon so nötig hätte, müssten wir uns wohl wirklich mal treffen. Witzig. Haha. Das brauche ich ja sowas von gar nicht, ein Mitleidsdate! So nebenbei schrieb er das außerdem, als hätte er schon zigmal ein Treffen vorgeschlagen. Hat er aber nicht. Hat er noch nie. Und darum bin ich auf so eine halbherzig dahingeblödelte Einladung auch gar nicht eingegangen. War bestimmt sowieso gar keine.
Nein, ich werde mich zumindest mal mit dem Gedanken befassen, mir einen Abend mit einem sündhaft teuren, sündhaft gut aussehenden und sündhaft versierten Mann zu gönnen. Ich meine, praktischer geht es doch nicht: Man hat eine klare Absprache, es gibt sehr klare Regeln, es ist klar, was passiert und was garantiert nicht. Ich weiß, ich habe geschrieben, ich sei nicht der Typ für One-Night-Stands, aber mit einem Callboy ist das etwas anderes. Das ist rein geschäftlich. Da geht Geld über den Tisch und man bekommt eine (hoffentlich) entsprechende Gegenleistung.
Ist das vielleicht auch schon der Haken an der Sache? Wenn er mir Komplimente macht und dafür sorgt, dass ich mich begehrenswert fühle, dann macht er das, weil 2-3 Komplimente im Pauschalpreis inbegriffen waren (ab 4 Komplimente kostet es dann extra) und weil es sein Job ist, dass ich mich begehrenswert fühle. In Wirklichkeit findet er meinen Hintern vielleicht zu platt und findet, dass ich mich im Bett ungeschickt anstelle. Also, alles nur gelogen. Mit Geld erkaufte Lügen. Muss man sich da nicht wahnsinnig anstrengen, also, kopfmäßig, um so einen Abend mit einem Callboy trotzdem genießen zu können?
Ich hab mich da auf den einschlägigen Seiten mal umgeschaut … meine Güte, da ist ja wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Fast wie auf der Speisekarte bei meinem Lieblingsitaliener. Von geschniegelt und gebügelt über wild, tätowiert und unordentlich bis zu glatzköpfig und mit Meister-Proper-Charme … auf einer dieser Seiten habe ich Kjell gefunden. Ist das nicht hübsch? Kjell? Ist bestimmt ein Künstlername, ich wette, in Wirklichkeit heißt er Jürgen. Kjell lässt sich einfach schöner stöhnen. Naja, wenn man kommt. Dann klingt »Ooooh Kjell!!« ja wohl sehr viel erotischer als »Ooooh Jürgen, du scharfer Hund.« Mir egal wie er wirklich heißt, ich kaufe mir eine Illusion. Und Kjell ist 29. Haha, sind wir das nicht alle? Nein, mal im Ernst. Selbst wenn er wirklich jünger ist, na und? Wenn ich schon einen Haufen Schotter locker mache (und Kjell kostet wirklich einen Haufen Schotter, ist ja nicht irgendeiner, ist ja ein Schicker …) dann möchte ich es auch jung, attraktiv und knackig unter meinen Fingern spüren. Diese Gelegenheit kommt nämlich sicher nicht so schnell wieder, das hat mein Geldbeutel mir glaubhaft versichert.
Ich werde mich da melden. Und dann werde ich mit Kjell-Jürgen ausgehen und werde mal testen, ob er wirklich ein solcher Virtuose ist, wie man es von einem Mann mit seinem beruflichen Hintergrund erwarten kann.
So. 14.10.12
Habe Tom von Kjell erzählt. Irgendwie war er – also, Tom – daraufhin ein wenig einsilbig. Naja, wenn ich meinte, das nötig zu haben und mir das geben zu müssen, für etwas Geld zu bezahlen, was ich über den Club haufenweise gratis bekommen könnte … er moserte herum. Was ist eigentlich sein Problem? Ist ja nicht so, als würde er seit Wochen um ein Date mit mir betteln. Nö. Weiß ich, wo er aktuell seine Kicks herkriegt, seit seine Frau ihn rausgeworfen hat?? Nö. Will ich es wissen? Nö. Also … naja, nicht wirklich. Aber irgendwann werde ich ihn mal danach fragen, wieso seine Frau ihn rausgeworfen hat. Das wird dann wirklich interessant. Ich habe Tom geschrieben, dass ich ihm brühwarm jede Einzelheit von dem Abend mit Kjell erzählen werde. Er schrieb zurück, er könne es kaum erwarten. Wie er das wohl gemeint hat? Ich mag ja Leute, die Sarkasmus nicht für eine Geschlechtskrankheit halten.
Jule war jedenfalls begeistert. Sie hat sich auf der Stelle geärgert, dass sie ihr Erspartes kürzlich in eine neue Designerhandtasche investiert hat und wir kein Doppeldate draus machen können. Sie will mir ihr kleines Schwarzes mit dem Spitzenbesatz leihen und ihr werde ich auch alle Einzelheiten erzählen. Müssen. Sie besteht natürlich darauf, weil sie die ganze Sache irre spannend findet. Und bei ihr bin ich mir auch sicher, dass sie das genau so meint.
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