Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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des Sheriffs und blieb auf unsicheren Beinen vor ihm stehen.

      Die Cowboys verharrten stumm in einiger Entfernung.

      Auch oben vor der Pendeltür des Saloons standen mehrere Männer und blickten auf die Szene.

      »Er steht noch!« rief plötzlich einer, der neben dem Falben am Boden hockte. »Er steht noch – mit zwei Kugeln im Leib!«

      Da wandte sich der Hüter des Gesetzes zu dem Sprecher um. »Helden seid ihr! Gesindel! Pack! Feiglinge!«

      Wyatt mußte jetzt auch die andere Hand nehmen, um sich aufzustützen.

      »Was war los, Mann?« fragte der Sheriff.

      Als Wyatt den Mund öffnete, rann ihm ein Blutfaden über die Unterlippe. »Feine Stadt, Sheriff«, sagte er lallend. »Ganz prachtvolle Stadt.«

      Der Sheriff nahm einen Arm des Verletzten, schlang ihn bis über die Schultern und versuchte den schweren Mann vorwärts zu bringen.

      Plötzlich blieb er stehen und brüllte: »Los, ihr Tagediebe, packt mit an, sonst sperre ich euch alle miteinander ins Loch! Und einer holt mir Will Deran, diese feige Vogelscheuche! Aber dalli!«

      Drei Männer halfen dem Sheriff. Sie schleppten den Taumelnden in das Haus eines Arztes.

      Doc James Tennessee war ein Mann Mitte der Vierzig; er hatte in den Sezessionskriegen als Feldarzt gearbeitet und verstand sich gut auf Wundbehandlung und Kugeloperationen.

      Die Kugel war bald aus dem Rücken entfernt. Einer der Burschen half dem Arzt und seiner Frau dabei, während der Sheriff mit verkniffenem Gesicht an der Tür stand. Er konnte kein Blut sehen. Um alles in der Welt nicht. Aber er hatte es dreißig Jahre verstanden, diese Schwäche vor seinen Mitmenschen zu verbergen.

      Die Armwunde erwies sich glücklicherweise nur als geringfügig, und auch das Bein würde nach ein paar Tagen wieder in Ordnung sein.

      »So, und jetzt muß ich die beiden Wunden ausbrennen«, sagte der Arzt. Er sah, daß der Verwundete bei voller Besinnung war, reichte ihm die Whiskyflasche und sagte. »Trinken Sie, Mann, das gibt einen kleinen Brand.« Dann schob er ihm ein Stück Leder zu. »Und dann beißen Sie darauf.«

      Wyatt schob den Whisky und das Leder zur Seite. »Fangen Sie an, Doc.«

      Die Augen des kleinen Sheriffs hingen wie gebannt an dem Gesicht des Verwundeten. Nichts, aber auch gar nichts rührte sich in diesem Gesicht.

      Donald Nattermann, der Sheriff von Vernon, nahm seinen Hut ab und wischte sich das Schweißband aus, als das Ausbrennen vorüber war.

      Der Arzt blickte ganz verwundert in das Gesicht des Patienten. »He, er ist bei klarem Verstand! Mann! Was ist mit Ihnen? Weshalb haben Sie denn nicht gebrüllt?«

      Jetzt erst nahm Wyatt die Zähne auseinander. Es gab ein knirschendes Geräusch, so fest hatte er sie aufeinandergepreßt. »Weil ich nicht wollte…«, sagte er einfach.

      Der Arzt schüttelte den Kopf. »Mir ist ja schon allerlei in meiner Praxis untergekommen. Aber so etwas von Nerven noch nicht, Mister…«

      »Earp. Wyatt Earp.«

      Donald Nattermann riß den Blick hoch, den er schon auf die Dielen gesenkt hatte. »Wyatt Earp?« rief er.

      Der Constabler blickte ihn müde an. »Ja, so heiße ich.«

      Der kleine Mann eilte auf ihn zu und drückte seine Hände. »Wyatt Earp! Ich freue mich! Das… das ist ja toll! Ich bin völlig sprachlos… Ich…«

      »Das merkt man«, spöttelte der Doktor. »Kennen Sie den Mann denn?«

      »Nein! Das heißt ja! Ich meine, seinen Namen kenne ich. Er hat die Butcher-Brüder zur Strecke gebracht… und überhaupt.«

      »Ja, und überhaupt«, sagte Wyatt halblaut. Seine Rechte tastete nach der Zigarre in der Brusttasche.

      Der Sheriff reichte ihm Feuer. »Mr. Earp! Sie sind mein Gast. Meine Frau wird sich freuen. Bitte, sagen Sie, daß Sie bei mir wohnen werden.«

      »Wohnen?« fragte Wyatt, während er eine blaue Tabakwolke gegen die Decke blies. »Ich muß weiter!«

      »Was heißt weiter!« erkundigte sich der Arzt. »Wenn Sie morgen im Sattel sitzen können, heiße ich Abraham Lincoln.«

      Wyatt stand auf. »Was bin ich Ihnen schuldig, Doktor?«

      Da mischte sich der Sheriff ein. »Schuldig? Das wäre ja noch schöner! Will Deran, dieser feige Köter, hat Ihnen die Kugeln zugeschickt! Klar, daß der Doktor ihm die Rechnung dafür schicken wird. Und ich werde ihm auch eine Rechnung schicken. Außerdem trifft es keinen Armen. Sein Vater hat zwölf Meilen von hier eine große Ranch.«

      Wyatt bedankte sich bei dem Arzt und ging mit Nattermann hinaus.

      Der Sheriff brachte ihn in sein Haus.

      »Mabel, mach sofort das Gästezimmer bereit. Mr. Earp ist unser Gast!«

      Die kleine, rundliche Frau, die so gar nicht zu der spindeldürren Gestalt des Sheriffs passen wollte, betrachtete den verpflasterten und abgerissenen Mann, den ihr Mann da ins Haus gebracht hatte.

      »Gast?« fragte sie etwas spitz.

      Wyatt sollte sofort erleben, daß der zwergenhafte Mann nicht nur in seinem Amt draußen auf der Straße seinen Mann stand.

      »Mabel«, sagte er ganz leise, »Mr. Earp ist unser Gast! Er ist ein berühmter Mann, und ich bin glücklich, daß er in meinem Haus übernachten will! Geh und mach das Zimmer bereit, und dann erwarte ich in einer Stunde ein gutes Abendbrot!«

      Die Frau nickte. »Ja, doch, Donald, natürlich!« Damit huschte sie die Treppe hinauf. Von oben warf sie noch einen ängstlichen Blick auf ihren Mann, der ihr mit komisch-finsterer Miene nachblickte.

      *

      Der Constabler Wyatt Earp hatte einen tiefen, gesunden Schlaf in dem neuen Bett des kleinen Sheriffs von Vernon.

      Am nächsten Morgen fühlte er sich bedeutend wohler.

      Aber die beiden kleinen Nattermanns waren gar nicht damit einverstanden, daß er schon weiter wollte. Alles Reden half jedoch nichts; Wyatt bestand auf seinem Vorhaben.

      »Ich muß weiter. In zwölf Tagen ist ein Cheyenne Indianertag. Sie wissen es ja. Da feiern die Leute den Sieg über die letzten Sioux-Ogellalla. Da steht die Stadt Kopf. Ein gesuchtes Fressen für Leute vom Schlage Silk Cassedys. Vernon war viel zu klein für ihn. Das sind kleine Fische, die er für größere schwimmen läßt!«

      »Mann, Earp, wenn Sie in zwölf Tagen nach Cheyenne reiten wollen, dann gute Nacht, bei Ihren Verletzungen!«

      Wyatt hob grüßend die Hand. Die unvermeindliche Zigarre steckte zwischen seinen Zähnen, während er auch Mrs. Nattermann zulächelte. »Vielen Dank für alles! Good bye!«

      »Fare well!« rief ihm der Sheriff nach.

      Als der Constabler am Haus des Arztes vorbeiritt, sah er dessen Gesicht am Fenster. Er winkte hinüber und rief: »By, by, Mr. Abraham Lincoln!«

      Der Arzt blickte ihm kopfschüttelnd nach. »Verrückter Kerl!« Er wußte ja nicht, daß dem Mann drüben im Sattel bei jedem Schritt seines Pferdes alles weh tat.

      Der Falbe schritt wieder munter aus. Die Kugel, die gestern oben auf der Metallplatte seines Stirnriemens aufgeschlagen war, hatte ihm keinen weiteren Schaden zugefügt. Er war – wie sein Herr – noch einmal davongekommen.

      *

      Cheyenne.

      Die alte Indianersiedlung und jetzige Hauptstadt des Staates Wyoming war auch schon in den Jahren von 1890 (Aufnahme in die USA) ein Mittelpunkt des weiten Landes.

      Zum Indianertag, der damals an einem der letzten Novembertage gefeiert wurde (man feierte den wenig glorreichen Sieg über den Sioux-Häuptling »Rote Wolke«), fanden sich mehr noch als unten in Vernon beim Treibertag die Menschen aus der weiteren