Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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      Der nächste Morgen war grau und wolkenverhangen.

      Seit Stunden fiel ein dünner Regen. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Schreckensbotschaft in der kleinen Stadt verbreitet.

      Niemand konnte begreifen, was die Banditen auf der kleinen Farm der Calligans gesucht hatten. Sie waren die ärmsten Leute in der ganzen Umgebung und hatten Mühe genug, sich selbst durchs Leben zu bringen, seit der Mann von einem Blitz erschlagen worden war.

      Mary Calligan hatte es immer schwer gehabt mit den vier Kindern. Sie und ihr Schwiegervater hatten hart arbeiten müssen, um die Kinder zu ernähren.

      Und da war ein Mann in der Nacht gekommen und hatte die Frau niedergeschossen.

      Mit einem tödlichen sicheren Schuss hatte er eine Kugel in ihr Herz geschickt.

      Vier weinende Kinder und ein Greis standen oben auf dem Friedhof vor der offenen Grube und blickten fassungslos auf den Sarg, mit dem fremde Leute ihre Mutter in die Erde gesenkt hatten.

      Der Mörder hatte einen bekannten und berüchtigten Namen: Hal Flanagan!

      Der Revolverschwinger war mit den beiden Tramps Bing Long und Steve Hopkins gemeinsam auf der Calligan-Farm gewesen. Später erinnerten sich die Leute auch, dass die drei ja bereits im Eastern Saloon zusammen an einem Tisch gesessen hatten. Aber da hatten sie doch kaum etwas miteinander gesprochen.

      Ob sie sich schon vorher gekannt hatten?

      Kaum anzunehmen.

      Einer der Banditen war tot.

      Wyatt Earp hatte ihn aus dem Sattel geholt.

      Die beiden anderen waren entkommen.

      Aber sie hatten einen großen Wolf auf ihrer Fährte. Einen Wolf, wie sie ihn sich nicht gefährlicher und härter denken konnten.

      Wyatt Earp hatte nur das Grauen des Tages bei der Farm abgewartet und war den beiden dann gefolgt.

      Er fand die Spuren ihrer Pferde, die auf der Straße nach Cherokee führten.

      Aber nach zwei Stunden hatte der Regen die Fährte verwischt.

      Wyatt fand sie am späten Vormittag wieder, verlor sie erneut und entdeckte sie nach stundenlangem Suchen wieder auf den Wagengleisen, die zur Grenze von Kansas führten.

      Er würde ihnen folgen, das wusste jeder, der ihn kannte, folgen, bis er beide gestellt hatte.

      *

      Wo war Ed Holyoke geblieben, als er die Stadt verlassen hatte?

      Er war mit dumpfem, rauchendem und dröhnendem Schädel weitergeritten auf der Straße nach Cherokee.

      Als er das Feuer sah, hatte er die Calligan-Farm schon weit hinter sich gelassen. Er kümmerte sich nicht darum und ritt weiter.

      Kurz vor dem Morgengrauen, ehe der Regen kam, erreichte der Reiter die ersten Häuser von Cherokee.

      Ein Junge, der Brote aus der Backstube über die Straße trug, blickte den Fremden neugierig an.

      »Ist hier heute schon ein Reiter durchgekommen? Ein Mann mit einem weißen Hut?«, forschte der Händler.

      »Nein!« Der Junge schüttelte den Kopf. Holyoke hielt bei dem Vorbau eines Saloons.

      Dann begann der Regen.

      Der Händler zog sich auf den Vorbau zurück und starrte auf die Straße. Der Tag begann.

      Das Leben in der Stadt regte sich.

      Die Leute blickten auf den finsteren Mann mit der verbundenen Hand. Aber niemand sprach ihn an.

      Gegen Mittag stieg Holyoke auf sein Pferd und ritt durch den Regen zurück.

      Plötzlich sah er hinter einer Wegbiegung einen Reiter auftauchen.

      Es war der Constabler Wyatt Earp. Holyoke spannte die Linke um das Gewehr und hielt sein Pferd an.

      Der Constabler kam heran.

      Die beiden Männer sahen einander in die Augen.

      Schließlich presste der Händler heiser hervor: »Ich suche Hal Flanagan.«

      »Den suche ich auch!«

      Holyoke riss die Augen auf.

      »Weshalb suchen Sie ihn? Sie haben ihn doch gestern laufen lassen!«

      »Er hat mit zwei Tramps die Calligan-Farm überfallen.«

      »Was –?«

      »Mary Calligan ist tot. Flanagan hat sie erschossen.«

      Holyoke fühlte, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog. Sein Hals war trocken, und die Zunge klebte ihm wie ein Blatt am Gaumen.

      »Mary Calligan –?« Er wischte sich durchs Gesicht. Dann hob er den Kopf. »All right, Earp. Ich reite mit.«

      Der Constabler schüttelte den Kopf und blickte in das über Nacht zerfallene Gesicht des anderen.

      »Reiten Sie heim, Holyoke. Und wenn Sie mal das Gefühl haben sollten, einem anderen Menschen was Gutes tun zu müssen, dann denken Sie an die vier Kinder der Calligans …«

      Wyatt ließ den Holzhändler mitten auf der Straße stehen, führte seinen Apfelschimmel an ihm vorbei und ritt durch die Stadt weiter nach Westen.

      *

      Er war schon fast drei Wochen auf der Fährte des Revolvermannes Flanagan, als er die gelbe Ebene erreichte, das staubige Land südlich vom Canadian River.

      Es war mit unsäglichen Mühen verbunden gewesen, die Spur der beiden Banditen zu verfolgen.

      Dass es zwei waren, hatte er schon anderthalb Tage später in der Ansiedlung Falls Creek erfahren.

      Und als er die Beschreibung des zweiten Mannes gehört hatte, wusste er, dass es Steve Hopkins war, der mit Flanagan ritt. Er hatte es ohnehin gewusst, denn Bing Long hatte sich sicher nicht allein mit dem Schießer zu dem Überfall verbunden.

      Die beiden Männer waren quer im Norden durch das alte Indianerland Oklahoma geritten, auf die Stadt Pawnee zu.

      Da hatten sie sich einige Tage aufgehalten.

      Leider hatte der Constabler mehrere Tage eine falsche Spur verfolgt, bis er dann feststellen musste, dass sich die beiden Banditen doch weiter westwärts gehalten hatten.

      In Pawnee war er in dem Store, in dem Flanagan frische Wäsche und Munition gekauft hatte. Auch im Lavari-Hotel, wo die beiden geschlafen hatten, war er.

      Im Blue-Bill Saloon hatte Steve Hopkins Streit mit einem texanischen Rancher bekommen. Der Rancher hatte Hopkins zum Revolverduell auf der Mainstreet aufgefordert. Als er aber erfahren hatte, wer Hopkins’ Begleiter war, hatte er schleunigst die Flucht ergriffen.

      Es war verdammt kaltblütig von den beiden, so frei durch die Städte zu reiten. Immerhin mussten sie damit rechnen, nachdem Bing Long gestellt worden war, dass man oben in Missouri auch um ihre Täterschaft wusste. –

      Mitten in der gelben Ebene hatte Flanagan dann kehrtgemacht. In einem weiten Bogen nach Süden durch das heiße Land.

      Hopkins, der während der ganzen Ritte genügend Zeit gehabt hatte, den Revolvermann zu studieren, sagte nichts und fragte nichts.

      Beim Nachtlager erklärte Flanagan kurz: »Ich reite nach Pawnee.«

      »Bist du verrückt?«, entfuhr es Hopkins. »Sicher nicht.«

      Sie ritten zurück nach Pawnee.

      Tage später erreichten sie in der Abenddämmerung die Stadt.

      Flanagan hielt seinen Grauen vor dem Saloon an, in dem Hopkins den Streit mit dem Rancher gehabt hatte.

      »Jetzt werden wir es gleich wissen«, sagte er nur.

      Hopkins warf den Kopf herum. »Was?«

      »Ob er uns folgt.«