Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
Скачать книгу
Bill Hogeeter blieb im Hof stehen.

      Reglos und stumm.

      Da kam der Rancher aus dem Haus:

      »Jeff! Mein Pferd!«

      In weniger als fünf Minuten war die ganze Crew im Sattel.

      Der Texaner ritt auch mit.

      In wilder Jagd ging es dem Treck entgegen.

      Als sie auf sechzig Schritt herangekommen waren, brüllte Joe McIntire:

      »Zounds! Das ist ja Black-Boy, unser Leitstier!«

      »Ja!« rief der Rancher zurück. »Es ist Black-Boy!«

      Jetzt stießen die Männer seltsam wilde Schreie aus und trieben ihre Pferde zu größtmöglicher Eile an.

      Die Herde war zum Stehen gekommen.

      Die Cowboys blickten in das ernste, tiefdunkle Gesicht eines Mannes, dessen Augen im Schatten des breiten Hutrandes lagen und dessen Anzug wie gepudert vom gelben Staub war.

      Schweigend blickten die Männer einander an.

      Dann sagte der Rancher:

      »Ich bin Pat Hollister.«

      »Gehört Ihnen die Moon-Ranch?« fragte der Marshal.

      »Yeah –«

      »Mein Name ist Wyatt Earp –«

      Aus zehn Männerkehlen kam ein Ausruf der Verwunderung. Dann ging ein leises Raunen durch die Reiter.

      »Wyatt Earp!« rief Joe McIntire. »Heavens! Es ist Wyatt Earp! Ich kenne ihn, ich habe ihn einmal in Wichita gesehen! Damals, als Mannen Clements da den großen Wirbel drehte!«

      Wyatt rutschte aus dem Sattel. »Ich habe unten am Fluß zufällig beobachtet, wie vier Männer die Rinder zu Tal trieben, den Zug nach Arkansas City stoppten und die Tiere verladen wollten. Leider war mein Pferd nicht in Ordnung, sonst hätte ich mehr Glück gehabt. Einen habe ich erwischt. Und diesen da konnte ich mitbringen. Zwei sind entkommen.«

      Der Rancher stieg aus dem Sattel, kam auf Wyatt zu und reichte ihm die Hand.

      »Ich danke Ihnen, Marshal. Aber – ich kann das nicht richtig begreifen. Sie haben allein die Herde hierhergebracht?«

      Wyatt nahm eine Zigarre aus der Jackentasche, biß die Spitze ab, riß ein Zündholz am Stiefel an und deutete mit dem rechten Daumen auf den schwarzen Stier. »Das war kein Kunststück, Mister. Die Tiere sind dem Dicken ja nachgetrottet.«

      Die Cowboys scharten sich um den Marshal. Finstere Blicke trafen den Rustler, der schlotternd vor Angst und Schwäche mit gesenktem Kopf neben dem Falben stand.

      Niemand achtete auf Bill Hogeeter. Seine Augen musterten nur den Gefangenen. Und als Billosa einmal den Kopf hob, traf ihn ein sengender Blick des Texaners. Er ließ den Kopf sofort wieder sinken.

      Hollister war überglücklich. »Männer! Wyatt Earp hat uns unsere Rinder wiedergebracht. Heute abend werden wir auf der Ranch den Mann feiern, der...«

      Wyatt winkte ab. »Ich muß weiter, Mr. Hollister.«

      Die Männer schwiegen.

      Alle blickten auf den Rustler.

      »Ich nehme ihn mit«, erklärte der Marshal.

      Da rief Frank Luck: »Den hängen wir!«

      »Yeah!«

      »Yeah –!«

      »Ruhe!« rief der Rancher. »Der Marshal hat ihn gestellt – er gehört also ihm. Außerdem, Männer, sind wir Wyatt Earp zu Dank verpflichtet. Es wird so gemacht, wie er es sagt.«

      Diese Rede duldete keinen Widerspruch.

      Und doch schob sich jetzt völlig unerwartet der Texaner Bill Hogeeter vor. »Was haben Sie mit ihm im Sinn, Marshal?«

      Es war das erste Mal, daß der Marshal Wyatt Earp in das Gesicht des Verbrechers Bill Hogeeter blickte. Er wußte nicht, daß der Mann, der da vor ihm stand, ein skrupelloser Bandit war, ein Wolf, der durch die Savanne strich, der raubte, plünderte und mordete, den Haß- und Rachegefühle hier auf diese Plains getrieben hatten.

      Aber irgendwie gefiel dem Missourier das Gesicht des Mannes nicht. Es war etwas darin, das eine Saite in seinem Inneren unangenehm berührte.

      Trotzdem antwortete der Marshal freundlich: »Ich werde ihn mit in die Stadt nehmen, wo sich der Richter um ihn kümmern wird.«

      »Nach Wichita?« fragte der Texaner scharf.

      »Ja, nach Wichita!«

      »Ich begreife Sie nicht, Marshal! Das ist doch noch ein verdammtes Ende! Wollen Sie den Halunken solange mit sich durch die Gegend schleppen?«

      Über Wyatts Gesicht glitt ein winziges Lächeln. Er ließ den Blick an dem Cowboy weitergleiten, bis er an den martialischen Sternsporen des Texaners hängen blieb. Ruhig sagte er dann:

      »Wenn ich ein paar hundert Rinder vom Arkansas hierher bringen konnte, dann werde ich wohl diesen einzelnen Mann noch nach Wichita bringen können, Mister.«

      Hogeeters Gesicht war verschlossen. »Wie Sie meinen, Marshal.«

      *

      Die Cowboys brachten die Rinder auf eine andere Weide.

      Hollister lud den Marshal zu einem stärkenden Mahl ein und begleitete ihn dann noch ein Stück bis an die Grenze seines Landes.

      Hier verabschiedete er sich herzlich von dem Mann, der ihm in selbstloser Weise einen so großen Dienst erwiesen hatte.

      »Und wenn Sie mal was brauchen, Marshal«, sagte er halb im Scherz, »dann gehen Sie in der Stadt mal in die Lincolnstreet, da betreibt meine Schwester Ann den General-Store. Meine Tochter Susan lebt bei ihr. Grüßen Sie sie dann schön von uns!«

      Wyatt hob grüßend die Hand und ritt los.

      Neben ihm trabte der Braune, den Hollister ihm zum Transport des Gefangenen zur Verfügung gestellt hatte.

      Es war später Abend, und die Sonne war längst hinter den Hügeln im Westen versunken, als der Marshal mit seinem Gefangenen in der Ferne verschwand.

      Wyatt hatte keineswegs die Absicht, die ganze Nacht hindurch zu reiten, aber er wollte den Gefangenen von der Ranch wegbringen, wo er immer mit Gewalttätigkeiten der aufgebrachten Cowboys hätte rechnen müssen.

      Als es völlig dunkel war, hielt er an, mitten auf der Prärie, schnallte seinen Sattel ab, gab dem Gefangenen die Hände soweit frei, daß auch der sich sein Lager herrichten konnte, fesselte den Rustler dann wieder und legte sich auf seinen Sattel nieder.

      Er hörte den Gefangenen leise seufzen.

      Es war die letzte Nacht des Kreolen Tim Billosa. Er sollte das Licht des nächsten Tages nicht mehr sehen. Noch vor Mitternacht würde die Kugel des Mörders sein Leben ausgelöscht haben.

      Die Nacht hatte ihre schwarzen Schatten über die Prärie gebreitet. Hin und wieder ertönte in der Ferne das Jaulen eines Coyoten. Sonst war es still.

      Wyatt war eingeschlafen.

      Es war kurz vor halb zwölf.

      Von den Bergen wehte ein kühler Nachtwind über das Land und ließ die hohen Gräser wogen.

      Der Rustler wachte. Er starrte, wie auch in den vergangenen Nächten, mit offenen Augen in den Himmel. Vor Mitternacht fand er nie Schlaf.

      Plötzlich schreckte er auf.

      Das winzige Geräusch eines schlagenden Hufes hatte ihn auffahren lassen.

      In der Ferne näherte sich ein Reiter.

      Ein winziger, schon vergrabener Hoffnungsschimmer glimmte im Hirn des Gefangenen auf.

      Die Rettung nahte!

      Der Boß wird mich befreien.