Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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Sein linkes Bein ist aufgerissen und seine Hand...«

      Susan Hollister war auf der Veranda. Sie hatte die letzten Worte des Cowboys gehört.

      Der Rancher rief den Männern, die aus dem Bunkhaus kamen, zu: »Los, in den Sattel, Boys! Wir reiten zum Vorwerk. Joe McIntire und Mike Ellington bleiben hier!«

      In weniger als fünf Minuten hatte die Mannschaft hinter ihrem Boß den Ranchhof verlassen.

      Der kleine dicke Joe McIntire kratzte sich am Schädel und krächzte: »Hast du’s gehört, Mike, der Tex hat die Rinder zurückgeholt. Er hat die Rustler in der Nacht verfolgt...«

      »Yeah«, knurrte der mundfaule Missourier Mike Ellington.

      Susan sog die Luft tief ein, krampfte die Hände ineinander und ging langsam zur Scheune hinüber.

      Sie bemerkte nicht die Augen der Schwester, die ihr mit sorgenvollem Blick folgten.

      Susan ging zu dem kleinen Hügel hinauf und blieb vor dem Grab der Mutter stehen. Es waren wirre Gedanken, die durch ihren Kopf gingen. Gedanken, die sie keinen Menschen hätte ahnen lassen dürfen.

      *

      Als der Rancher auf dem Vorwerk ankam, sah er den Texaner vor der Tür auf der obersten Treppenstufe hocken.

      Die Cowboys starrten ihn an. Sein Gesicht war zerkratzt und voller blutiger Striemen. Um die linke Hand hatte er sich einen weißen Lappen gewickelt.

      Der Rancher stieg vom Sattel und kam auf Hogeeter zu. Er beugte sich nieder und reichte dem Texaner die Hand. »Wie geht es, Bill?«

      Hogeeter winkte ab. »Alles in Ordnung, Boß.«

      »Die Verletzungen –?«

      »Schrammen, nichts weiter. Die Halunken sind davongekommen. Sie hatten sich gut versteckt oben in den Red Hills, in einem Felskessel. Zwei habe ich getroffen, aber trotzdem konnten sie mit den anderen fliehen.«

      Hollister nahm noch einmal die Hand des Cowboys. Er war tiefbewegt von der Tat des Mannes. Und mit welch einfachen Worten er alles abtat!

      Trotzdem – Pat Hollister ernannte den harten Bill Hogeeter nicht zum Vormann. Er konnte es nicht. Irgend etwas hielt ihn davon ab. Er wußte es sich selbst nicht zu erklären.

      Es war nun so, daß Bill die Arbeit einteilte, vor allem die Arbeit auf der Weide. Der kleine rundliche Joe McIntire hatte das Kommando über die Cowboys im Corral, im Stall und auf dem Hof.

      Aber Hogeeter war auf dem Vormannsposten.

      Und damit hatte er die erste Etappe zu seinem Ziel erreicht.

      Niemand kannte und ahnte das Ziel dieses Mannes.

      Der Haß, den die Männer auf den Texaner empfunden hatten, hatte sich in einen stumpfen, nicht gerade freundlichen Respekt verwandelt.

      Nur Marys Haltung blieb unverändert. Ihre Abneigung gegen den Mann war unerschütterlich.

      Susan schwieg dazu, wenn Mary mit dem Vater über Hogeeter sprach.

      Eines Abends erklärte Susan, daß sie nun bald wieder abreisen müsse. Sie habe der Tante versprochen, Anfang April zurückzukommen.

      Der Rancher machte ein betrübtes Gesicht. Doch als Susan fragte, ob es ihm vielleicht nicht recht wäre, daß sie weg wollte, schüttelte er den Kopf. »Nein, Kind. Ich weiß, daß du hier nicht gern bist, daß du aber gern bei der Tante sein magst...«

      Ein hartes Geräusch von zersprungenem Porzellan zerriß die Luft.

      Susan und der Vater blickten zum Schrank hinüber, wo Mary stand.

      Das Mädchen hatte eine Tasse fallen lassen. Sie hob die Scherben auf und trug sie hinaus.

      »Sie ist doch merkwürdig«, sagte Susan.

      »Ja, du hast recht. Ich möchte nur wissen, was sie hat.«

      Am nächsten Tag wollte Susan sich von dem Vater und der Schwester zur Poststation Blue Creek bringen lassen.

      Am Abend saßen die drei noch lange beisammen und blickten stumm in die goldgelben Flammen der Kerosinlampe.

      Irgend etwas Unausgesprochenes lag zwischen den drei Menschen. Aber niemand hätte genau sagen können, was es war.

      Gegen elf Uhr machte Susan ihren Nachtspaziergang zum Buschhügel hinauf.

      Als sie vor dem Grab stand und auf den vom Sternenschein schwach beleuchteten Stein niederblickte, fühlte sie plötzlich, daß sie nicht allein war.

      Hören konnte sie nichts.

      Und doch fühlte sie, daß jemand in der Nähe war.

      Ein leiser Schauer rann ihr über den Rücken.

      In diesem Augenblick flammte vier Schritte vor ihr ein Zündholz auf.

      Der kleine Lichtschein ließ das harte Gesicht des Texaners aus der Dunkelheit springen, so, als hinge es körperlos in der Luft.

      Susan zuckte zusammen. Sie preßte beide Hände aufs Herz. »Haben Sie mich erschreckt!« stieß sie hervor.

      »Tut mir leid«, sagte der Mann mit seiner rauhen Stimme. »Ich war lange nicht mehr hier. Ich ahnte nicht, daß Sie heute kommen würden.«

      Es war still auf dem kleinen Buschhügel. Der Wind, der oben aus den Bergen kam, trug die wundervolle Frühlingsluft der Wälder mit sich.

      Plötzlich sagte der Mann: »Ich möchte Sie etwas fragen, Miß Hollister. Sie haben damals, als die Sache mit Clove war, gesagt, daß Sie Mitleid mit mir hätten.«

      Ohne zu ihm hinzusehen, sagte Susan: »Ja, das habe ich gesagt.«

      »Wie haben Sie das gemeint?«

      »Ich habe Mitleid mit Ihnen, weil Sie ein unglücklicher Mensch sind.«

      Nach einer Weile des Schweigens fragte der Mann: »Denken Sie das heute auch noch?«

      »Ja, das denke ich heute auch noch.«

      »Und weshalb?«

      »Weil ich Ihnen ansehe, daß Sie unglücklich sind. Sie sprechen mit niemandem, Sie leben für sich, wie ein Löwe inmitten einer Wüste. Dabei sind Sie von Menschen umgeben.«

      »Von Menschen?« fragte der Mann voller Spott.

      »Ja, Mr. Hogeeter, von Menschen. Vater ist ein Mensch – und die Männer auch...«

      Wieder war es still.

      Ein Nachtvogel überquerete mit schwerem Flügelschlag die Lichtung.

      Da hob Susan den Kopf und blickte dahin, wo sie das glimmende Fünkchen der Zigarette sah. »Sie haben mich etwas gefragt, Mr. Hogeeter. Darf ich Sie jetzt auch etwas fragen?«

      »Und was wäre das?« kam es rauh zurück.

      »Weshalb sind Sie so?«

      »Wie?«

      »So hart, so rauh, so feindselig?«

      »Das Leben hat mich so gemacht. In meiner Heimat sind die Menschen alle so.«

      »Das stimmt nicht. Ich habe oben in der Stadt Texaner kennengelernt – die waren anders. Ja, sie sahen so aus wie Sie. Aber sie hatten ein anderes Wesen.«

      »Kann sein.«

      »Lebt Ihre Mutter noch?«

      Hogeeter ließ die Zigarette fallen und zertrat sie mit dem Schuh. »Nein«, antwortete er heiser.

      Da geschah etwas, das eigentlich gar nicht hätte geschehen können. Und das niemand geglaubt hätte, wenn man es erzählt hätte.

      Und vor allem hätte es Susan Hollister selbst nie geglaubt, wenn man es ihr noch vor einer Viertelstunde gesagt hätte.

      Sie ging langsam die vier Schritte vorwärts, auf den Mann zu. So nahe, bis sie dicht bei ihm war, hob sich auf die Zehen und brachte