Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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Brüder nach Texas reiten werden.«

      Wyatt ging kurz entschlossen zu der dritten Zelle und schloß sie auf. »Gyp, kommen Sie raus.«

      Gyp Clements riß die Augen auf. Er hatte zwar das Gespräch seines Bruders mit dem Marshal gehört, aber nie erwartet, daß die Sache so ausgehen könnte.

      Wyatt nahm Gyps Waffengurt vom Haken, zog die Patronen heraus, leerte auch den Colt und warf Gyp den Gurt zu. »So, Mann, verschwinden Sie. Sie haben gehört, weshalb Sie freigekommen sind. Vergessen Sie es nie!«

      Gyp trat für einen Augenblick an die Gitterstäbe und blickte seinen Bruder an. Zu mehr reichte es bestimmt nicht. Dann rannte er hinaus und verschwand im Dunkel der Nacht.

      »Armseliger Hammel«, zischte Mannen hinter ihm her.

      Dann war es lange still im Office. Plötzlich fragte der Texaner: »Wann wird es sein?«

      »Was?«

      »Daß sie mich aufknüpfen.«

      »In zwei Tagen vielleicht.«

      »Idiotisch!« zischte der Bandit.

      Wyatt kam an die Zellentür. »Dauert es Ihnen zu lange?«

      Der Treiber warf ihm einen lauernden Blick zu.

      »Yeah, viel zu lange! Wenn ich doch dran glauben muß; dann ist jede weitere Minute zu lang.«

      Wyatt schob sich den Hut aus der Stirn. »Good«, sagte er leise. Dann schob er den Schlüssel ins Schloß und öffnete die Gittertür. »Erledigen wir das also jetzt.«

      Knarrend sprang die schwere Tür auf. Der Bandit starrte den Marshal entgeistert an.

      »Los, kommen Sie!« sagte Wyatt eisig.

      Der Cowboy blieb steif vor dem offenen Gitter stehen. Er hatte die Beine gespreizt und die langen Arme wie ein Gorilla vorn neben dem Oberkörper hängen. In seinen kleinen Augen stand plötzlich hündische Angst.

      »Gehen Sie voran!« herrschte ihn der Marshal an.

      Aber Mannen Clements rührte sich nicht.

      Wyatt ging zur Tür des Offices und stieß sie auf.

      Langsam löste sich die Starre von dem Treiber. Er setzte einen Fuß nach vorn und stand vor der Gittertür. Hastig sah er sich um, so, als könne er nicht begreifen, daß er nicht mehr in der Zelle war.

      »Vorwärts!« kam die metallische Stimme des Marshals von der Tür.

      Langsam, wie ein wildes Tier, nur auf den äußeren Sohlenkanten gehend, setzte der Gefangene Fuß vor Fuß und ging vorwärts.

      Als er an der Tür stand, gähnte ihm von draußen das Dunkel der Nacht entgegen.

      Da stieß der Marshal ihn unsanft an und schob ihn hinaus auf den Vorbau. Nach zwei kurzen Schritten blieb Mannen stehen.

      »Links runter!« befahl Wyatt.

      Mit merkwürdig stelzendem Gang tappte der Gefangene vorwärts.

      Als der Vorbau zu Ende war, hörte der Cowboy dicht hinter sich die Stimme des Marshals: »Links runter!«

      Es ging an Sam Neegles Bank vorüber, die fast stockdunkle Fulton-Street hinauf; immer weiter nach Nord-Osten.

      Widerstandslos ließ sich der Bandit von der leise befehlenden Stimme des Marshals aus der Stadt führen.

      Die Stadt muß bereits eine Meile hinter ihnen liegen.

      »Wir sind gleich da«, sagte der Marshal plötzlich.

      Kurz darauf tauchten vor ihnen in einer Mulde die schwarzen Umrisse eines Blockhauses auf.

      Wyatt führte seinen Gefangenen an die fensterlose Rückwand heran. »Drehen Sie sich um.«

      Willenlos wandte sich der Bandit um. Er wagte es nicht, dem Marshal in die Augen zu sehen.

      Wyatt ging einen Schritt zurück. »Haben Sie noch was zu sagen?«

      Der Treiber fühlte, daß ihm die Zunge wie ein trockenes Stück Papier am Gaumen klebte. Bebend öffnete er die rissigen Lippen und wollte etwas sagen. Aber er brachte keinen Ton aus der Kehle.

      Der Marshal stemmte die Hände in die Hüften, spreizte die Beine und blickte kalt in das fahle Gesicht, das ihm im Dunkel von der Hauswand entgegenschimmerte.

      »Sehen Sie mich an, Mannen Clements!«

      Der Bandit hob langsam den Kopf.

      Wyatt sah ihm eine volle Minute reglos in die Augen. »Mannen Clements, wissen Sie, was Sie getan haben?«

      Der Treiber antwortete nicht.

      »Sie haben die Mannschaften von drei Treibherden, die wochenlang über anderthalbtausend Meilen durch Sonnenglut, Staub und erbarmungslosen Regen ihr Vieh hier heraufgetrieben haben, um ihren wohlverdienten Lohn betrogen. Die jahrelange Arbeit dreier Rancher haben Sie vernichtet und über vierzig brave Cowboys schwer geschädigt.«

      Der Marshal ließ eine kurze Pause verstreichen, dann fuhr er fort:

      »Sie haben in Ida Mays Saloon den Trailboß Thomas Graham kaltblütig niedergeschossen, obgleich Sie wußten, daß er ein alter Mann war und nicht die geringste Chance gegen Sie hatte. Sie haben von dem Betrüger Abel Pierce Geld für diese Heldentat gefordert und bekommen.

      Sie haben in Rory Cadds Saloon den jungen Cowboy Nat Everson in einem Augenblick niedergeschossen, als Ihr Leben in keiner Weise bedroht war. Dann haben Sie sich etwas geleistet, das in diesem Land wohl noch keinem Menschen eingefallen ist. Nach einem regelrechten Straßenkrieg gegen Ihre eigenen Kameraden haben Sie fast sechzig Männer aufgewiegelt, wie eine Feindmacht in Wichita einzumarschieren und die Stadt zu stürmen. Daß dabei nur verhältnismäßig wenige Menschen ihr Leben verloren, kann ich, wie Sie ja selbst am besten wissen, Ihnen nicht als Verdienst anrechnen. Sie haben also, kurz zusammengefaßt, eine Reihe Menschenleben auf dem Gewissen und eine große Zahl Menschen unglücklich gemacht. Tagelang haben Sie eine ganze Stadt in Angst und Schrecken gehalten. Nach alldem können Sie keine Gnade mehr erwarten.«

      Eine Minute des Schweigens schlich mit unendlicher Trägheit dahin.

      Da wandte der Marshal sich plötzlich zur Seite und ging zur Ecke des Hauses. Da blieb er stehen. »Kommen Sie.«

      Torkelnd folgte ihm der Gefangene.

      Wyatt schritt weiter an der Hauswand vorbei und stieß plötzlich mit der Stiefelspitze den Flügel eines hölzernen Tores auf.

      Das kreischende Geräusch, das dabei entstand, fuhr dem Treiber schneidend ins Gebein.

      Da verschwand die Gestalt des Mar­shals im Dunkel hinter der Tür. »Kommen Sie her, Clements.«

      Wyatt sah die Silhouette des Cowboys deutlich gegen den Nachthimmel.

      Reglos stand der Mann da. Steif wie ein Baum.

      »Kommen Sie her«, schlug es dem Texaner halblaut aus dem Dunkel entgegen.

      Da streckte der Treiber plötzlich die Hände abwehrend von sich. »Nein!« krächzte er heiser.

      »Kommen Sie!« kam es leise zurück.

      »Ich – ich will nicht!« bellte der Mann bebend.

      Da hörte er das Geräusch, das entsteht, wenn Metall einen Stein berührt. Gleich darauf erschien der Marshal plötzlich vorn im Eingang. Er hatte ein Pferd neben sich.

      Mannen starrte auf den Kopf des Tieres. Die sternförmige Blesse, die ihm da aus dem Dunkel entgegenleuchtete, kannte er genau.

      Es war sein Pferd.

      Wyatt nahm den Zügel und hielt ihn Mannen entgegen. »Hier, nehmen Sie und steigen Sie auf!«

      Der Bandit zögerte einen Augenblick, dann riß er dem Marshal den Zügel aus der Hand und tastete über den Leib des Pferdes.

      Der Rappe war aufgesattelt.