Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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wenig an und bohrte den zitternden Zeigefinger seiner Rechten nach vorn auf Wyatt Earp zu. »Sie sind beschuldigt des Mordes, des Pferdediebstahls, des Einbruchs in eine Ranch und des Überquerens fremder Weiden. Ferner sind Sie beschuldigt der Volksaufwiegelung...«

      Ein kurzes, hartes Lachen unterbrach den Richter. Es war von den Lippen des Angeklagten gekommen.

      Big Bill sprang sofort auf und belferte: »Was erlaubst du dir, du Strolch! Ich lasse dich auseinandernehmen, wenn du es noch einmal wagst, den Richter zu unterbrechen!« Zu O’Keefe gewandt, sagte er: »Bitte, Euer Gnaden!«

      Der alte Richter hatte die zitternde Rechte ins Gesicht gepreßt; vielleicht, damit man das Zittern nicht so sehr bemerken sollte. Seine Linke tastete nervös über die Brusttasche. Eine hektische Röte brannte auf seinen eingefallenen Wangen. Jetzt stieß er den Zeigefinger seiner Rechten wieder vor. »Weshalb... weshalb haben Sie gelacht?«

      Wyatt versetzte kalt: »Weil mich diese ganze Verhandlung lachen macht!«

      Cumberland wollte wieder aufspringen, aber der Richter legte seine Hand auf den Unterarm des Ranchers und bat ihn um Ruhe.

      »Die Verhandlung macht Sie also lachen?«

      »Ja, die Verhandlung, die Zusammensetzung des Tribunals und Sie selbst, Henry Daniel O’Keefe.«

      Diesen Worten folgte die Stille, die dem Sturm vorauszugehen pflegt.

      Da sagte O’Keefe schrill: »Die Zusammensetzung des Tribunals mißfällt Ihnen?«

      »Sehr, Mister O’Keefe. Ich sehe an diesem Tisch den Mann, der mich beschuldigt hat, einen Raubrancher gefährlichster Art. Neben ihm erkenne ich seinen Vormann, einen dreisten Burschen, der überall hingehört, nur nicht an einen Richtertisch. Ich sehe ferner einen Revolverschwinger übelster Sorte da sitzen. Wo sind die Geschworenen, Mister O’Keefe?«

      »Wenn er es wagt, Sie noch einmal Mister O’Keefe zu nennen«, röhrte der Rancher, »dann...«

      Der Richter ließ den Hammer hart auf den Tisch fallen. »Und was haben Sie gegen mich?« fragte er den Angeklagten.

      »Eine ganze Menge, O’Keefe. Zunächst, daß sie es wagen, das Amt wieder auszuüben, obgleich Sie aus sämtlichen Ämtern ausgestoßen wurden und in einem Prozeß die Würde eines Richters abgesprochen bekamen. Dann beanstande ich, daß Sie betrunken sind. Betrunken, wie Sie früher in den meisten Ihrer unglaublichen Verhandlungen waren. Auch jetzt sind Sie betrunken, Daniel O’Keefe. Ihre zitternde Hand tastet ständig über die Jackentasche, wo eine kleine Whiskyflasche deutlich durch den Stoff zu erkennen ist. Ich lehne Sie ab, Daniel O’Keefe. Sie sind kein Richter mehr, Sie haben weder ein Recht, dieses Amt auszuführen, noch das Recht, sich Richter oder gar Euer Gnaden nennen zu lassen!«

      Diesen ungeheuerlichen Vorwurf hatten die Männer im Saal mit angehaltenem Atem mit angehört.

      Ehe ein anderer etwas sagen konnte, stand O’Keefe auf, kam gebeugt und auf zitternden Beinen um den Tisch herum und blieb einen Schritt vor Wyatt stehen. Sein Anblick erhärtete den schweren Vorwurf, der soeben gegen ihn angeführt worden war.

      Fast flüsternd fragte O’Keefe: »Ich habe gewußt, daß ich Sie schon irgendwo gesehen habe. Ich kann Ihr Gesicht und Ihre Augen nur nicht unterbringen. Wie heißen Sie?«

      Die beiden Worte, die der hochaufgerichtete dastehende Mann nun sagte, verwandelte die City-Hall in einen Hexenkessel.

      In die angespannte knisternde Stille hinein hörten 139 Männer die beiden Worte aus dem Munde des Beschuldigten:

      »Wyatt Earp.«

      Jeder hatte sie verstehen können. Klar und deutlich standen sie im Raum. Ihre Wirkung war ungeheuerlich. Ein unbeschreiblicher Lärm brach los. Alles rief, schrie, brüllte, grölte und johlte durcheinander.

      Es war wieder Big Bill, dem es gelang, mit Hilfe seines tüchtigen Revolvers Ruhe zu schaffen. Eine fürchterliche Ahnung hatte den Rancher beschlichen: während die meisten Männer im Saal noch an einen üblen Scherz des Beschuldigten glaubten, bohrte in seinem Hirn bereits der Funke einer höllischen Dämmerung.

      »Ruhe! Ihr verdammten Idioten! Ruhe!« brüllte er.

      Allmählich legte sich der Lärm.

      Big Bill verließ seinen Platz, schob den so schwer diffamierten Richter rücksichtslos zur Seite und sagte mit schiefgelegtem Kopf und halblauter Stimme: »Wie heißen Sie?«

      Er hatte ›Sie‹ gesagt, obgleich er den Mann die ganze Zeit über geduzt hatte.

      »Ich bin Ihnen zwar keine Antwort schuldig, Cumberland«, versetzte Wyatt, »aber ich will Ihnen meinen Namen gern noch einmal sagen. – Ich heiße Wyatt Earp.«

      Im Saal herrschte wieder angespannte Stille.

      Cumberland fragte mit verhaltener Ruhe und drohendem Unterton: »Wyatt Earp? Richtig Wyatt Earp?«

      »Yeah.«

      »Sind Sie sicher?« kam es spöttisch von den Lippen des Ranchers.

      »Worauf Sie sich verlassen können, Mr. Cumberland!«

      Da schoß Big Bill die Frage ab: »Und wo ist der Stern, he?«

      Wyatt schob mit eine ruhigen Bewegung die Jacke von der linken Brustseite. Da blitzte dem Rancher der Fünfzack im silbernen Kreis entgegen.

      Bill Cumberland zuckte zusammen wie unter einem Peitschenschlag.

      Die Männer oben hinter dem Tisch waren aufgesprungen und starrten auf den Stern.

      Mac Hayley bekam den Mund nicht mehr zu.

      Jeff Lopin wurde grau im Gesicht.

      Und der Sheriff hatte eine merkwürdig grüne Farbe angenommen.

      Cumberland wich einen Schritt zurück. »Wyatt Earp?« Er maß den Marshal mit einem langen abschätzenden Blick von oben bis unten. »Sie sind also Wyatt Earp? Ha, so ist das also. So – ha-ha-ha-ha-ha-ha-ha!« Eine bellende, harte bittere Lache brach von seinen Lippen. Er hielt sich mit beiden Händen den Leib und stampfte mit den Füßen auf, daß die Dielen unter seinem Gewicht erzitterten. »Sie sind also der große Wyatt Earp –? Das ist ja toll!«

      Auch mit Mary schien eine merkwürdige Veränderung vor sich gegangen zu sein. Ein flammendes Rot hatte ihr Gesicht bis hinauf zum Haaransatz überzogen. Mit großen, weit offenen, ungläubigen Augen betrachtete sie den Mann; er sollte Wyatt Earp sein? Unvorstellbar!

      Da hatte sich der Fuchs Cumberland gefangen. Er hob den Arm. »Sie finden in uns vernünftige Leute, Mann. Wir protestieren nicht gegen Ihre Worte. Aber es ist leicht, sich mit einem großen Namen zu schmücken. Wir kennen Wyatt Earp hier nur dem Namen nach. Niemand aber hat ihn gesehen. Wie wollen Sie beweisen...«

      Wyatt bekam nun von zwei Seiten Unterstützung; von einem dieser beiden Männer hätte er es bestimmt nicht erwartet:

      Der Reverend schob sich an den Cowboy vorbei nach vorn neben Cumberland. »Ich kenne ihn, Mister Cumberland. Schon seit einer Reihe von Jahren. Ich kann bezeugen, daß er wirklich Wyatt Earp ist!«

      »Äh, Sie sind ein frommer Mann, Rev. Aber ich weiß, daß dieser Fremde hier bei Ihnen im Hause war. Wie wollen wir wissen, ob es stimmt, daß...«

      Da zwängte sich die dürre Gestalt O’Keefes noch einmal vor. »Er ist Wyatt Earp, Mister Cumberland. Ich weiß es jetzt auch. Ich habe ihn einmal gesehen; es war vor Jahren im Winter in Abilene. Er kam von der Büffeljagd zurück und brachte drei Männer mit, die einen anderen Büffeljäger überfallen und getötet hatten. Ich wußte, daß ich ihn schon gesehen hatte...«

      Wyatt knöpfte seine Jacke zu, setzte seinen Hut auf und winkte Walker zu. Dann wandte er sich um.

      Wie von Geisterhand bahnte sich im Augenblick durch die Stuhlreihen eine breite Gasse.

      Niemand sagte ein Wort.

      Schweigend blickten die Männer auf den Marshal, der gefolgt von dem Small-Rancher Walker die City-Hall verließ.