Einen Tag später wusste er, dass er ziemlich weit gekommen war. Und zwar den ganzen Weg bis zur Kassenschlange von IKEA. Seine Einkäufe hatte er sorgfältig ausgewählt, damit er unter dem Budget von achttausend Dollar blieb, und er hatte es gerade so eben geschafft. Martin schaute sich den Stapel von Mitnahmemöbeln an und wusste, dass er die Sachen nicht in seinem Auto nach Hause transportieren konnte. Darum nahm er sein Handy, schaute sich den nun einstelligen Kontostand an, korrigierte diesen schnell auf fünftausend Dollar, und ging dann los, um sich einen Lastwagen zu mieten. Natürlich hätte er auch warten können, bis IKEA seine Möbel lieferte, aber es hätte bestimmt verdächtig gewirkt, wenn man so viel Zeug auf einmal in ein kleines Apartment geliefert bekäme. Und schlimmer noch: Man musste die nötige Geduld dazu aufbringen.
Um fünf Uhr nachmittags waren seine neuen Möbel in seinem Apartment und warteten darauf, zusammengebaut zu werden. Seine alten Möbel standen hinter einem Secondhand-Laden auf dem Bürgersteig. Den Lastwagen hatte er der Mietwagenagentur bereits zurückgegeben. Martin stellte sich nun auf eine Nacht ein, in der er schwer damit beschäftigt sein würde, Möbel zusammenzubauen. Er ging zum Schrank und holte den Kasten heraus, auf dem Mein erster Werkzeugkasten stand.
Eine Stunde später kehrte er mit seinem brandneuen Werkzeugkoffer heim, einer massiven Metallkiste voller Steckschlüssel, Schraubenschlüssel, Schraubenzieher und sogar einer Säge. Er besaß nun auch endlich eine Bohrmaschine.
Während er die Möbel zusammenbaute, dachte er darüber nach, wie toll es war, wenn man unbegrenzt Geld besaß. Es erlaubte einem, fast alles zu tun. Ein Flugzeug zu mieten, um schnell von A nach B zu kommen. Einen Truck mieten, um schwere Sachen zu transportieren. Einen Doktor einzustellen, der dafür sorgte, dass man gesund blieb. Söldner anzuheuern, um Feinde beseitigen zu lassen. Man könnte sogar jemanden dafür bezahlen, dass er alles für einen erledigte.
Er hatte noch immer nicht entschieden, was er nun mit seinem Leben anstellen sollte. Er wollte, dass sein Leben etwas war, auf das er stolz sein konnte. Vielleicht würde er ja ein Comicheft entwerfen, einen Schriftsteller einstellen, der seine Ideen ausarbeitete und einen Künstler, der es zeichnete. Es war eine Idee.
Um elf Uhr nachts war er vollkommen erschöpft und zum ersten Mal seit einer Woche schlief er ganz ohne Pillen und Alkohol ein.
Am nächsten Morgen arrangierte er seine neuen Möbel und begann damit, den Computer auf seinem neuen Schreibtisch aufzubauen. Er stellte den 18-Zoll-Monitor auf die Tischplatte und den staubigen CPU-Tower darunter. Dann versuchte er, das Gewirr aus Kabeln zu verbinden, und lachte über seine eigene Dummheit.
Das nächstgelegene Elektrofachgeschäft öffnete um zehn Uhr. Um zehn nach zehn trug er einen neuen Highend-All-in-One-Computer zu seinem Auto. Kurz darauf war dieser auch schon verkabelt, schnurrte wie ein Kätzchen und auf Martins alten Computer lief ein Dienstprogramm, das die Festplatte vollständig löschte.
Nun richtete Martin seine Aufmerksamkeit auf sein Entertainment-Center. Er schaute sich den großen TV-Schrank an, den er gekauft hatte und den kleinen Fernseher darauf, den er schon seit Jahren besaß. Anderthalb Stunden später fuhr er mit einem neuen Fernseher auf seinen Stellplatz. Er war so aufgeregt, dass er unvorsichtig wurde, als er das Paket mit dem Fernseher unter der Heckklappe hervorzog, und dabei den Dachhimmel seines Autos zerriss.
Verdammt, dachte er, ich frage mich, was es kosten wird, das zu reparieren.
Ein neues Auto zu kaufen dauerte etwas länger, als einen Fernseher zu besorgen. Martin sparte lediglich etwas Zeit, weil er gar nicht erst versuchte, mit dem Verkäufer zu verhandeln. Er entschuldigte sich einfach und ging zur Toilette. Dort korrigierte er seinen Kontostand, damit er genug Geld für eine Anzahlung besaß. Das Verkaufsteam des Autohauses schien verblüfft, als er zurückkam und fragte, ob man das alles vielleicht etwas beschleunigen könnte. Irgendwie war er stolz, dass er die Aussicht auf einen Ratenzahlungsplan bekommen hatte. Er hätte schließlich auch in bar zahlen können, aber das hätte bestimmt verdächtig ausgesehen. Für die Ratenzahlung würde man seine Kreditfähigkeit beurteilen, was ihn auf dem Papier normaler wirken ließ. Am Ende war es sowieso alles Geld, das er aus dem Nichts erschuf. Wen kümmerte es da, wenn er durch den Zinssatz mehr bezahlen musste?
Außerdem hätte er auch überschnappen und sich einen Ferrari kaufen können, aber das wollte er gar nicht. Er hatte sich wieder einen hellroten Kombi gekauft. Allerdings das Sportmodell. Es besaß einen Rallyestreifen und war eine Achtelsekunde schneller auf hundertzwanzig.
Mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht fuhr er schließlich nach Hause. Er knüllte seine Jacke zusammen und warf sie auf den Beifahrersitz. An jeder roten Ampel verbrachte er Zeit damit, an der Stereoanlage seines neuen Autos herumzuspielen.
Martin Banks fühlte sich ziemlich schlau, bis zu dem Zeitpunkt, als er auf seinen Stellplatz fuhr und zwei Männer in dunklen Anzügen erblickte. Er erschrak, erinnerte sich aber selbst daran, dass er (so weit er glaubte) nichts Illegales getan hatte und es keinen Grund gab, anzunehmen, dass die beiden Männer seinetwegen da waren.
Er stieg deshalb aus dem Auto und sah einem der Männer direkt in die Augen; es war einfach nicht zu vermeiden. Der Mann lächelte. »Hallo, Mr. Banks. Schönes Auto.«
Martins Herz krampfte sich wie eine Faust zusammen. Sein Mund wurde trocken. Er schaute den Mann wie durch einen langen Tunnel an.
»Wollen Sie mit mir über Gott reden?«, fragte Martin hoffnungsvoll.
»Nur, wenn er das Auto bezahlt hat«, antwortete der Mann trocken.
Kapitel 6
Sie haben mir das Handy weggenommen, dachte Martin. Es ist mir nie in den Sinn gekommen, dass sie mir das Handy wegnehmen könnten, wenn ich mal in Schwierigkeiten gerate.
Er war allein in einem Verhörzimmer. Der Raum wirkte so, als hätte ihn der Setdesigner einer schlechten TV-Show entworfen. Er saß auf einem knarrenden Holzstuhl, der wahrscheinlich älter war als er selbst.
Martin trug noch immer seine Wochenend-Uniform: Baggy-Cargohose, ausgeblichenes Poloshirt und Sneakers. Seinen Gürtel und seine Schnürsenkel hatten sie sofort konfisziert. Wirklich sehr klischeehaft.
Die beiden Männer hatten sich als Special Agent Miller und Special Agent Murphy vorgestellt. Dann hatten sie Martin darüber informiert, dass er unter Arrest stand, ihm Handschellen angelegt und ihn in ihr Zivilfahrzeug gesteckt. Die Fahrt zum Revier war grauenhaft gewesen. Martin nahm an, dass es immer grauenhaft war, wenn man festgenommen und zu einem Polizeirevier gebracht wurde, aber in diesem Fall war es schlimmer als für einen typischen Täter. Denn er wusste, dass er leicht hätte, entkommen können. Er hätte lediglich sein Handy aus der Hosentasche ziehen, die App öffnen und die richtige Taste betätigen müssen – und wäre wieder zu Hause gewesen. Okay, da wären zwar noch die Handschellen gewesen, aber ein Problem nach dem anderen. Für einen Moment hatte er es ernsthaft in Erwägung gezogen, zu fliehen, sich dann aber doch dagegen entschieden. Martin wusste schließlich, was er getan hatte, und er wusste, dass es schwer zu beweisen oder überhaupt zu erklären war, ohne dass es vollkommen verrückt klang. Wenn er jedoch vom Rücksitz eines Polizeifahrzeugs verschwand, würde er es ihnen bestimmt leichter machen.
Wir haben ihn festgenommen. Wir haben ihn ins Auto gesteckt. Dann ist er einfach verschwunden.
Martin nahm an, dass die Art, wie er fliehen würde, als unbedeutendes Detail unterginge, es sei denn, sie fänden es irgendwie heraus. In diesem Fall vermutete er, würde er einige Monate damit verbringen, Fragen gestellt zu bekommen, deren Beantwortung er wiederum den Rest seines Lebens bereuen würde.
Darum beschloss er, lieber