SCHÄDEL. Mich! –
KÖNIG liest. »Jene unpolierte, kenntnisarme Seele, –«
SCHÄDEL. Mich!
KÖNIG liest. »Jenen armseligen Hintersassen, –«
SCHÄDEL. Immer noch mich! –
KÖNIG liest. »Welcher, so viel ich mich erinnere, geheißen ist Schädel, –«
SCHÄDEL. Hoho! mich selbst! –
KÖNIG liest. »Gesellt und vergesellschaftet, entgegen Deinem manifestierten, proklamierten Edikt und oktroyerten Statut, mit, – mit, – o mit, – aber es erschüttert mich, zu sagen, womit, –«
SCHÄDEL. Mit einem Weibsbilde.
KÖNIG liest. »Mit einem Kinde unserer Ahnfrau Eva, einem weiblichen Gebilde; oder, geeigneter Deinem lieblichen Verständnis, einem Mägdlein. Diesen (wie meine stets bewährte Pflicht mich spornt) sende ich Dir, den Lohn, seine Bestrafung, zu empfahen durch Deiner süßen Hoheit Gerichtsdiener, Antonius Dumm, einen Mann von gutem Ruf, Betragen, Verhalten und Ansehn.«
DUMM. Mich, mit Euer Gnaden Vergunst; ich bin Anton Dumm.
KÖNIG liest. »Jacquenetta betreffend, – (so ist das schwächere Gefäß geheißen, welche ich überraschte mit vorbemeldetem Bauersmann –), so bewahre ich selbige als ein Gefäß für Deines Gesetzes Furie, und soll sie auf den geringsten Wink Deines holden Wohlmeinens zum Gerichte geführt werden. Der Deine, in allen Erfüllungen dahin gegebener und herzbrennender Glut des Diensteifers,
Don Adriano de Armado.«
BIRON. Dies ist nicht so gut, als ich erwartete, aber das Beste, das ich je gehört.
KÖNIG. Jawohl, das Beste im Schlechtesten. Aber Ihr da, mein Freund, was sagt Ihr dazu? –
SCHÄDEL. Herr, ich bekenne das Mädel.
KÖNIG. Hörtet Ihr nicht die Kundmachung?
SCHÄDEL. Ich bekenne, daß ich viel davon gehört, aber wenig darauf acht gegeben habe.
KÖNIG. Es ward kund gemacht: ein Jahr Gefängnis, wenn einer mit einem Weibe ertappt wird.
SCHÄDEL. Ich ward auch mit keinem ertappt. Herr, ich ward ertappt mit einer Demoiselle.
KÖNIG. Gut, es ward kund gemacht, Demoiselle.
SCHÄDEL. Es war auch keine Demoiselle, gnädiger Herr; sie war eine Jungfrau.
KÖNIG. Auch das war in dem Gesetz enthalten, es ward kund gemacht, Jungfrau.
SCHÄDEL. Wenn das ist, so leugne ich ihre Jungfrauschaft: ich ward ertappt mit einem Mädel.
KÖNIG. Dies Mädel wird Euch zu nichts helfen, Freund.
SCHÄDEL. Dies Mädel wird mir doch zu etwas helfen, Herr!
KÖNIG. Ich will dein Urteil sprechen, Bursch: du sollst eine Woche bei Wasser und Brot fasten.
SCHÄDEL. Lieber hätte ich einen Monat bei Schöpsenfleisch und Suppe gebetet.
KÖNIG.
Und Don Armado soll dein Wächter sein.
Mylord Biron, laßt ihn ihm überliefern;
Und gehn wir, Herrn, damit ein jeder tut,
Was er den andern hier so fest beschworen.
BIRON.
Ich setze meinen Kopf an Euern Hut,
In Spott und Schmach gehn Eid und Spruch verloren.
Komm mit, Gesell! –
SCHÄDEL. Ich leide für die Wahrheit, Herr; denn es ist wahr, ich ward mit Jacquenette ertappt, und Jacquenette ist eine wahrhafte Dirne; und deshalb, willkommen du bittrer Kelch der Glückseligkeit! – Die Trübsal wird eines Tages wieder lächeln; und bis dahin, setze dich nieder, Kummer! –
Sie gehn ab.
Zweite Szene
Ebendaselbst.
Es treten auf Armado und Motte.
ARMADO. Was bedeutet es, Kind, wenn ein Mann von hohem Geist schwermütig wird? –
MOTTE. Eine große Vorbedeutung, Herr, daß er melancholisch aussehn wird.
ARMADO. Nein, Melancholie ist ja damit eins und dasselbe, teures Pfropfreis!
MOTTE. Nein, nein, o bei Leibe, nein! –
ARMADO. Wie unterscheidest du wohl Schwermut und Melancholie, mein zarter Juvenil? –
MOTTE. Durch eine faßliche Demonstration ihrer Wirkungen, mein zäher Sennor.
ARMADO. Warum zäher Sennor? Warum zäher Sennor? –
MOTTE. Warum zarter Juvenil? Warum zarter Juvenil? –
ARMADO. Ich wähle dieses »zarter Juvenil« als ein kongruentes Epitheton, anfügsam deinen jungen Tagen, welche wir treffend nennen: zart.
MOTTE. Und ich »zäher Sennor«, als einen passenden Titel für Eure alten Jahre, welche wir mit Recht nennen: zäh.
ARMADO. Artig und geschickt.
MOTTE. Wie meint Ihr, Herr: ich artig und meine Rede geschickt? oder ich geschickt und meine Rede artig?
ARMADO. Du artig, weil klein.
MOTTE. Kleinartig, weil klein. Und warum geschickt?
ARMADO. Und deshalb geschickt, weil schnell.
MOTTE. Sprecht Ihr dies zu meinem Lobe, Herr?
ARMADO. Zu deinem verdienten Lobe.
MOTTE. Ich will einen Aal mit demselben Lobe loben.
ARMADO. Wie? daß ein Aal sinnreich ist?
MOTTE. Daß ein Aal schnell ist.
ARMADO. Ich sage, du bist schnell im Antworten, du erhitzest mein Blut, –
MOTTE. Nun habe ich meine Antwort, Herr.
ARMADO. Ich liebe nicht, gekreuzt zu sein.
MOTTE beiseit. Umgekehrt, ihn lieben die Kreuzer nicht.
ARMADO. Ich habe versprochen, drei Jahre mit dem Herzoge zu studieren.
MOTTE. Das könnt Ihr in einer Stunde tun
ARMADO. Unmöglich! –
MOTTE. Wie viel ist eins dreimal genommen?
ARMADO. Ich bin schwach im Rechnen; es ziemt dem Geiste eines Bierzapfers.
MOTTE. Ihr seid ein Edelmann und ein Spieler, Herr.
ARMADO. Ich gestehe beides: beides ist der Firnis eines vollendeten Mannes.
MOTTE. So wißt Ihr denn auch sicherlich, auf wie viel sich die hohe Summe