Die Wahl noch zu verzögern.
Bassanio.
Laßt mich wählen,
Denn wie ich jetzt bin, leb ich auf der Folter.
Porzia.
Bassanio, auf der Folter? So bekennt,
Was für Verrat in Eurer Liebe steckt.
Bassanio.
Allein der häßliche Verrat des Mißtrauns,
Der mich am Glück der Liebe zweifeln läßt.
So gut verbände Schnee und Feuer sich
Zum Leben, als Verrat und meine Liebe.
Porzia.
Ja, doch ich sorg, Ihr redet auf der Folter,
Wo sie, gezwungen, sagen, was man will.
Bassanio.
Verheißt mir Leben, so bekenn ich Wahrheit.
Porzia.
Nun wohl, bekennt und lebt!
Bassanio.
Bekennt und liebt!
Mein ganz Bekenntnis wäre dies gewesen.
O selge Folter, wenn der Folterer
Mich Antwort lehrt zu meiner Lossprechung?
Doch laßt mein Heil mich bei den Kästchen suchen.
Porzia.
Hinzu denn! Eins darunter schließt mich ein;
Wenn Ihr mich liebt, so findet Ihr es aus.
Nerissa und ihr andern steht beiseit. –
Laßt nun Musik ertönen, weil er wählt!
So, wenn er fehltrifft, end' er Schwanen gleich
Hinsterbend in Musik; daß die Vergleichung
Noch näher passe, sei mein Aug der Strom,
Sein wäßrig Totenbett. Er kann gewinnen,
Und was ist dann Musik? Dann ist Musik
Wie Paukenklang, wenn sich ein treues Volk
Dem neugekrönten Fürsten neigt; ganz so
Wie jene süßen Tön in erster Frühe,
Die in des Bräutigams schlummernd Ohr sich schleichen
Und ihn zur Hochzeit laden. Jetzo geht er
Mit minder Anstand nicht, mit weit mehr Liebe,
Als einst Alcides, da er den Tribut
Der Jungfrau löste, welchen Troja heulend
Dem Seeuntier gezahlt. Ich steh als Opfer,
Die dort von fern sind die Dardanschen Fraun
Mit rotgeweinten Augen, ausgegangen,
Der Tat Erfolg zu sehn. – Geh, Herkules!
Leb du, so leb ich! mit viel stärkerm Bangen
Seh ich den Kampf, als du ihn eingegangen.
(Musik, während Bassanio über die Kästchen mit sich zu Rate geht.)
Lied
Erste Stimme.
Sagt, woher stammt Liebeslust?
Aus den Sinnen, aus der Brust?
Ist euch ihr Lebenslauf bewußt?
Zweite Stimme.
In den Augen erst gehegt,
Wird Liebeslust durch Schaun gepflegt;
Stirbt das Kindchen, beigelegt
In der Wiege, die es trägt,
Läutet Totenglöckchen ihm;
Ich beginne: Bim! bim! bim!
Chor.
Bim! bim! bim!
Bassanio.
– So ist oft äußrer Schein sich selber fremd,
Die Welt wird immerdar durch Zier berückt.
Im Recht, wo ist ein Handel so verderbt,
Der nicht, geschmückt von einer holden Stimme,
Des Bösen Schein verdeckt? Im Gottesdienst,
Wo ist ein Irrwahn, den ein ehrbar Haupt
Nicht heiligte, mit Sprüchen nicht belegte,
Und bürge die Verdammlichkeit durch Schmuck?
Kein Laster ist so blöde, das von Tugend
Im äußern Tun nicht Zeichen an sich nähme.
Wie manche Feige, die Gefahren stehn
Wie Spreu dem Winde, tragen doch am Kinn
Den Bart des Herkules und finstern Mars,
Fließt gleich in ihren Herzen Blut wie Milch!
Und diese leihn des Mutes Auswuchs nur,
Um furchtbar sich zu machen. Blickt auf Schönheit,
Ihr werdet sehn, man kauft sie nach Gewicht,
Das hier ein Wunder der Natur bewirkt,
Und die es tragen, um so lockrer macht.
So diese schlänglicht krausen goldnen Locken,
Die mit den Lüften so mutwillig hüpfen
Auf angemaßtem Reiz: man kennt sie oft
Als eines zweiten Kopfes Ausstattung,
Der Schädel der sie trug, liegt in der Gruft.
So ist denn Zier die trügerische Küste
Von einer schlimmen See, der schöne Schleier,
Der Indiens Schöne birgt; mit einem Wort:
Die Scheinwahrheit, womit die schlaue Zeit
Auch Weise fängt. Darum, du gleißend Gold,
Des Midas harte Kost, dich will ich nicht,
Noch dich, gemeiner, bleicher Botenläufer
Von Mann zu Mann; doch du, du magres Blei,
Das eher droht als irgend was verheißt,
Dein schlichtes Ansehn spricht beredt mich an:
Ich wähle hier, und sei es wohlgetan!
Porzia.
Wie jede Regung fort die Lüfte tragen!
Als irre Zweifel, ungestüm Verzagen
Und bange Schaur und blasse Schüchternheit.
O Liebe, mäßge dich in deiner Seligkeit!
Halt ein, laß deine Freuden sanfter regnen;
Zu stark fühl ich, du mußt mich minder segnen,
Damit ich nicht vergeh.
Bassanio (öffnet das bleierne Kästchen).
Was find ich hier?
Der schönen Porzia Bildnis? Welcher Halbgott
Kam so der Schöpfung nah? Regt sich dies Auge?
Wie, oder schwebend auf des meinen Wölbung,
Scheint es bewegt? Hier sind erschloßne Lippen,
Die Nektarodem trennt: so süße Scheidung
Muß zwischen solchen süßen Freunden sein.
Der Maler spielte hier in ihrem Haar,
Die Spinne wob ein Netz, der Männer Herzen
Zu fangen wie die Mück im Spinngeweb.
Doch ihre Augen – o wie konnt er sehn,
Um sie zu malen? Da er eins gemalt,