Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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      »Setzen wir uns dorthin«, schlug er vor.

      Regina nickte und nahm Platz. Hinter dem Tresen hatte Sepp Reisinger zwei Stamperl gefüllt und brachte sie an den Tisch.

      In der Wirtsstube saßen Gäste, die Zeugen des Beinaheunfalls geworden waren. Sie hatten schon über den Vorfall berichtet.

      »Da haben S’ aber großes Glück gehabt«, meinte Sepp und stellte die Gläser ab. »Der geht auf’s Haus. Spülen S’ den Schrecken erst mal runter.«

      Wolfgang nickte dankbar und hob sein Glas.

      »Zum Wohl«, prostete er Regina zu und hatte dabei zum ersten Mal Gelegenheit, sie näher in Augenschein zu nehmen.

      Was er sah, gefiel ihm. Die Frau war attraktiv. Sie mußte ungefähr im selben Alter sein wie er.

      Die Krankenschwester hatte ganz vorsichtig an ihrem Obstler genippt. Er schmeckte überraschend gut.

      »Tja, Herr Burger, nochmals vielen Dank«, sagte sie, »Wenn Sie nicht gewesen wären…«

      Sie wagte gar nicht, sich vorzustellen, was alles hätte geschehen können. Ihr Urlaub hätte ein jähes Ende gefunden, wenn nicht gar Schlimmeres passiert wäre.

      »Lassen S’ gut sein«, winkte Wolfgang ab. »Es ist ja glimpflich verlaufen. Aber wenn S’ das nächste Mal eine Straße überqueren…«

      »… dann werd’ ich ganz gewiß vorher schauen, ob ein Auto in der Nähe ist«, lachte Regina.

      Und im selben Moment wußte Wolfgang, daß der Tag gekommen war!

      Diese Augen, der Mund, das herzliche Lachen…

      Der junge Bauer spürte, wie ein heißer Blutstrom zu seinem Herzen schoß. Vergessen waren die anderen, die am Stammtisch saßen und auf ihn warteten. Beim Eintreten hatte er sie begrüßt und erklärt, er würde sich gleich zu ihnen setzen. Doch das war jetzt zweitrangig. Es rauschte in seinen Ohren, der Puls raste und sein Mund war ganz trocken geworden.

      Nie zuvor war ihm so etwas passiert. Es konnte gar keinen Zweifel geben – er hatte sich in die junge Frau, deren Leben er eben gerettet hatte, unsterblich verliebt!

      Regina stutzte eine Sekunde, als sie seinen Blick bemerkte, mit dem er sie ansah. Ihre Augen begegneten sich, und die Krankenschwester spürte ein seltsames Prickeln, das über ihren Rücken kroch.

      Du lieber Himmel, durchfuhr es sie, du wolltest doch bloß einen Abendspaziergang machen und bei der Gelegenheit etwas essen. Und jetzt sitzt du hier, mit einem Mann, den du bis vor fünf Minuten noch gar nicht gekannt hast, und der schaut dich an, daß dir ganz kalt und heiß wird…

      Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen ihnen, sie sahen sich nur an, das Stimmengewirr ringsherum nahmen sie wie durch einen Wattebausch wahr.

      »Sie machen Urlaub hier?« fragte Wolfgang, der als erster seine Fassung wiedergewonnen hatte.

      »Ja«, nickte Regina. »Ich hab’ ein Zimmer in der Pension Stubler. Wir sind heut’ mit dem Reisebus angekommen.«

      Ein kurzer Schatten huschte über das Gesicht des Bauern.

      Dann ist sie wohl net allein’, dachte er, na ja, auch kein Wunder, so wie sie ausschaut!

      »Müssen S’ da net jemandem Bescheid sagen?« fragte er nach. »Ihr Mann wird sich doch bestimmt Sorgen machen, wenn Sie so lange fortbleiben.«

      »Mein Mann?« stutzte Regina und lachte, als sie endlich verstanden hatte. »Nein, nein, das ist ein Irrtum. Ich bin net verheiratet. Ich meinte, es waren noch mehr Leute, die bei derselben Reisegesellschaft gebucht haben.«

      »Ach so«, bemerkte Wolfgang erleichtert und atmete insgeheim auf. »Wie lange bleiben S’ denn in St. Johann?«

      Natürlich fragte er nicht ohne Hintergedanken.

      »Wissen S’, am Samstag ist hier im Löwen ein Tanzabend«, erzählte er, nachdem Regina ihm von den zwei Wochen berichtet hatte, die vor ihr lagen. »Vielleicht gehen S’ auch dorthin?«

      Die hübsche Krankenschwester zuckte unschlüssig die Schultern.

      Sie hatte schon vor dem Ereignis gehört, die beiden Ehepaare hatten am Nachmittag darüber gesprochen, als sie im Kaffeegarten saßen.

      »Ich weiß net«, antwortete sie. »Mit wem soll ich denn dort hingehen? So ganz allein’ ist’s doch wohl net das Richtige.«

      Der junge Bauer schmunzelte.

      »Wie wär’s, wenn wir zusammen hingingen?« meinte er.

      Und Regina hatte keine Ahnung, wieviel Mut es ihn gekostet hatte, diese Frage zu stellen!

      Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als sie, fast gegen ihren Willen, zustimmte.

      »Vielen Dank, Herr Burger. Ich freu’ mich schon.«

      »Wolfgang«, sagte er und hielt ihr die Hand hin.

      »Regina«, erwiderte sie mit einem Lächeln und schlug ein.

      Beinahe schien es, als wollte er ihre Hand gar nicht wieder loslassen. Erst ein ungeduldiger Ruf vom Stammtisch ließ ihn zusammenfahren.

      »Wolfgang, was ist denn jetzt?« rief einer seiner Freunde.

      »Ich glaub’, ich muß mich verabschieden«, sagte er bedauernd und stand auf. »Aber ich freu’ mich schon auf Samstagabend.«

      Sie nickte und schaute ihm hinterher, wie er zum Stammtisch hinüberging, wo Wolfgang Burger mit großem Hallo begrüßt wurde. Eine Haustochter kam an den Tisch und fragte, ob sie noch einen Wunsch habe. Regina ließ sich die Speisekarte bringen. Das Angebot war nicht zu groß, so daß man erwarten konnte, daß die Gerichte frisch zubereitet wurden und nicht schon vorgefertigt im Kühlhaus oder Gefriertruhe darauf warteten, in der Mikrowelle aufgewärmt zu werden. Die Krankenschwester bestellte eine Apfelschorle und eine Platte mit Aufschnitt und Käse. Während sie auf das Essen wartete, blicke sie immer wieder zum Stammtisch hinüber. Wolfgang Burger saß mit dem Rücken zu ihr, doch dann und wann drehte er den Kopf und sah sie an. Dann lächelten sie sich zu, und Regina fühlte ihr Herz schneller klopfen.

      Rasend schnell sogar!

      *

      Zwei Dinge gingen dem Bergpfarrer an diesem Abend nicht aus dem Kopf. Da war zum einen das Gespräch, das er mit seinem Amtsbruder am nächsten Tag würde führen müssen.

      »Ich beneide dich net«, hatte sein Bruder gesagt, als Sebastian davon erzählte.

      Max war, wie immer, zum Abendessen ins Pfarrhaus gekommen.

      »Bestimmt argwöhnt Pfarrer Eggensteiner, du wolltest ihm seine Schäfchen abspenstig machen«, meinte der junge Polizeibeamte, der in St. Johann für Ruhe und Ordnung sorgte.

      »Davon kann ja wohl keine Rede sein«, erwiderte der Geistliche.

      »Das weißt du, und das weiß ich«, schmunzelte Max. »Aber weiß das auch dein lieber Amtsbruder? Mich würd’s net wundern, wenn er hinterher behauptet, du wärst dafür verantwortlich, daß die Burgl und ihr Mann wieder hierherziehen.«

      »Womit er ja net ganz unrecht hätt’«, sagte Sebastian Trenker. »Immerhin hab’ ich die beiden auf die Idee gebracht, den Tannenhof zu pachten. Na, wie auch immer, der liebe Blasius wird akzeptieren müssen, daß Burgl und Toni ihren Bub in meiner Kirche taufen lassen. Auch wenn’s ihm net schmecken wird.«

      Die andere Sache, die ihn beschäftigte, war der gerade noch verhinderte Unfall. Sebastian war eben auf dem Weg zum Pfarrhaus gewesen, als er unten an der Straße den Motor eines Autos aufheulen hörte. Seit geraumer Zeit hatte die Unsitte um sich gegriffen, daß Autofahrer rücksichtslos Gas gaben. Neugierig geworden, ging der gute Hirte von St. Johann den Kiesweg hinunter und sah, wie Wolfgang Burger über die Straße sprintete und in letzter Sekunde der jungen Frau das Leben rettete.

      »Ich glaub’, ich muß in der nächsten Zeit verstärkt auf