Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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soll Ihnen schöne Grüße ausrichten, von einem Ihrer Stammgäste. Der Herr Brammer hat mich heut’ morgen mit dem Taxi zum Busbahnhof gefahren, und als wir ins Gespräch gekommen sind, stellte sich heraus, daß seine Frau und er jedes Jahr hier Urlaub machen.«

      »Der Herr Brammer, natürlich«, lachte Ria. »Vielen Dank für die Grüße. Ja, die beiden machen schon seit Jahren hier Urlaub.«

      Sie schaute Regina Werneke an.

      »Und Sie sind zum ersten Mal in den Bergen?«

      Die Krankenschwester nickte.

      »Ja, ich hab’ sonst immer zu Haus’ Urlaub gemacht. Aber in diesem Jahr hat’s mich einfach mal fortgelockt. Gehört hab’ ich schon viel, wie schön’s hier sein soll, aber noch nie mit eigenen Augen gesehen.«

      Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile, und Ria Stubler wunderte sich insgeheim, warum die junge, attraktive Frau so ganz alleine war. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, daß es einen Mann geben könnte, dessen Herz bei diesem Anblick nicht höher schlug.

      Liebeskummer schien die junge Frau indes nicht zu haben, dazu wirkte sie viel zu fröhlich und unbekümmert. Wahrscheinlich war es so, daß die Frau Werneke viel zu sehr für ihren Beruf lebte, und das Privatleben dabei zu kurz kam.

      Vielleicht, dachte Ria schmunzelnd, findet s’ ja hier einen feschen Burschen, der sie net auch im Urlaub an die Arbeit denken ließ…

      Regina schaute auf die Uhr.

      »So, jetzt hab’ ich mich aber verplaudert«, sagte sie. »Eigentlich wollt’ ich zum Kaffeetrinken.«

      Sie verabschiedete sich und verließ die Pension.

      Draußen war es inzwischen richtig heiß geworden, und Regina war froh, daß sie ein leichtes Kleid gegen Hose und T-Shirt, die sie auf der Fahrt trug, ausgetauscht hatte. Ihre nackten Füße steckten in Sandalen, und auf eine Jacke hatte sie auch verzichtet.

      Es waren viele Leute unterwegs, mehr als sie in diesem kleinen Ort erwartet hatte. Doch die meisten waren Urlauber wie sie, unschwer an der legeren Kleidung und den umgehängten Fotoapparaten und Videokameras zu erkennen.

      Im Kaffeegarten des Hotels fand sie nur mit Mühe einen freien Platz. Kalte Getränke und Eisbecher waren bei diesen Temperaturen heiß begehrt. Glücklicherweise waren die beiden Ehepaare auf dieselbe Idee gekommen und hatten sich schon vor geraumer Zeit an einem der Tische unter den hohen Kastanien niedergelassen.

      »Kommen S’ nur, Frau Werneke«, rief Leopold Heuser. »Hier ist noch ein Platz frei.«

      Regina setzte sich dankbar und bestellte, trotz der Hitze, ein Kännchen Kaffee.

      »Probieren S’ unbedingt den Kirschkuchen. Ein Gedicht!« riet Hannelore Ebersbach.

      Ludwig, ihr Mann hatte schon zwei Stücke verdrückt.

      »Aber ohne Sahne«, sagte Regina schmunzelnd. »Sonst passen mir meine Kittel net mehr, wenn ich aus dem Urlaub zurückkomm’.«

      Schnell war die Unterhaltung beim Thema Beruf angekommen. Die beiden Männer waren noch berufstätig, Ludwig Ebersbach arbeitete als Nachtportier in einem Münchner Hotel, Leopold Heuser war Angestellter in einem Autohaus. Ihre beiden Frauen kannten sich seit der Schulzeit, und die Freundschaft hatte all die Jahre Bestand gehabt.

      Während die Mitbewohner bald aufbrachen, blieb Regina noch eine Weile sitzen. Sie schaute zu den anderen Tischen, an denen kaum jemand alleine saß. Während des Gesprächs war unverhohlene Neugier zu spüren gewesen, warum die junge Krankenschwester wohl alleine in den Urlaub gefahren war… Regina hatte ausweichend geantwortet und auf ihre Arbeit in der Klinik hingewiesen, die es ihr nicht gerade leicht mache, Bekanntschaften zu knüpfen.

      Allerdings war das nur die halbe Wahrheit. Der eigentlich Grund, warum es Regina so schwerfiel, sich zu binden, lag tief in ihrer Vergangenheit verborgen. Doch darüber wollte sie mit niemandem sprechen…

      *

      Sebastian Trenker schaute das junge Ehepaar, das in seinem Arbeitszimmer saß, nachdenklich an.

      Toni und Burgl Hornbacher waren vor zwei Wochen glückliche Eltern eines gesunden Jungen geworden, und jetzt waren sie ins Pfarrhaus gekommen, um einen Termin für die Taufe abzusprechen.

      »Natürlich tauf’ ich gern’ euren Bub«, sagte der Geistliche, mit Blick auf den Säugling, der friedlich in der Trage schlief, die zu Füßen der Mutter stand. »Ich fürcht’ nur, es gibt da ein kleines Problem…«

      »Sie können den Florian doch net taufen?« fragte Walburga Hornbacher bestürzt. »Aber warum denn net?«

      Der Bergpfarrer hob beschwichtigend die Hände.

      »Na ja, das Problem liegt net bei mir, sondern vielmehr bei eurem Pfarrer. Ihr gehört zur Gemeinde St. Anna, und ich glaub’ net, daß mein Amtsbruder es gern’ sieht, wenn der Florian das Heilige Sakrament der Taufe in meiner Kirche empfängt.«

      Die Eheleute sahen sich ratlos an.

      »Aber ich bin doch auch hier getauft«, wandte Toni ein. »Und in ein paar Wochen ziehen wir ohnehin hierher. Was macht’s da aus, wenn unser Bub in Ihrer Kirche getauft wird, Hochwürden?«

      »Im Prinzip nix«, erwiderte Sebastian. »Und vielleicht seh’ ich da auch zu schwarz. Auf jeden Fall muß ich erst mal mit Pfarrer Eggensteiner Rücksprache halten. Den Termin setzen wir aber trotzdem fest. Am übernächsten Sonntag, nach der Heiligen Messe.«

      Toni und Burgl Hornbacher atmeten erleichtert auf und verabschiedeten sich. Sebastian Trenker brachte sie zur Tür.

      »Gleich morgen werd’ ich in St. Anna anrufen und mit Pfarrer Eggensteiner sprechen«, versprach er.

      Er schaute den beiden hinterher und dachte gleichzeitig an seinen Amtsbruder in der Nachbargemeinde.

      Nicht erst seit Blasius Eggensteiner die dortige, jahrelang verwaiste, Pfarre übernommen hatte, kannte Sebastian den Mann. Schon während des Studiums war er mehrere Male auf unangenehme Weise mit ihm aneinander geraten. Blasius war auf eine besondere Art aufgefallen, die man eigentlich nur als hinterhältig und intrigant bezeichnen konnte. Immer wieder provozierte er seine Mitstudenten, verwickelte sie in theologische Streitgespräche und versuchte, sie hintenrum bei den Professoren anzuschwärzen.

      Lange Zeit hatte Sebastian Trenker nichts mehr von ihm gehört. Blasius Eggensteiner war in die Mission gegangen und hatte viele Jahre in Südamerika gelebt. Doch eines Tages kehrte er zurück und wurde Pfarrer der Gemeinde Engelsbach.

      So sehr Sebastian es auch begrüßte, daß dort endlich wieder ein Seelsorger sein Amt versah, so entsetzt war er gewesen, als er den Namen des Nachfolgers erfuhr. Und – als hätte er es geahnt, waren auch gleich die ersten Differenzen gefolgt. Blasius Eggensteiner hatte sich nicht verändert, und der Gipfel seiner Intrigen war erreicht, als er Pfarrer Trenker bei seinem Bischof beschuldigte, gegen Kirchengesetze verstoßen zu haben.

      Ottfried Meerbauer, ihrer beider Vorgesetzter, kannte den guten Hirten von St. Johann indes so gut, daß er nicht einen Moment an diese Vorwürfe glaubte. Aber es war bezeichnend für Blasius Eggensteiner, daß er sich zwar zähneknirschend bei Sebastian Trenker entschuldigte, aber im nächsten Augenblick schon wieder etwas mit Markus Bruckner, dem Bürgermeister von St. Johann, ausheckte, von dem er wußte, daß Sebastian strickt dagegen sein würde: Den Bau einer Wellness-Klinik, auf einem Grundstück, das der Kirchengemeinde St. Anna gehörte, und das zu verkaufen, Pfarrer Eggensteiner bereit war.

      Zwar war es dem Bergpfarrer gelungen, das zu verhindern, aber es war sicher, daß genau das nicht dazu beitragen würde, von Blasius Eggensteiner die Erlaubnis zu bekommen, den kleinen Florian Hornbacher zu taufen. Neuer Ärger war also zu erwarten.

      Nun, der gute Hirte von St. Johann war nicht gewillt, sich den Tag mit trüben Gedanken an den Amtsbruder verderben zu lassen. Und er konnte verstehen, daß die jungen Eltern ihr Kind hier taufen lassen wollten. Toni Hornbacher stammte aus St. Johann und war vor ein paar Jahren erst nach Engelsbach gezogen, als er dort eine Stelle als Knecht